Es gibt Ereignisse, an die wir uns ein Leben lang erinnern. Wir sagen dann: Weisst du noch, damals? Und wir wissen ganz genau, wo, wie und mit wem wir diesen bestimmten Tag verbracht haben. Das gilt beispielsweise für die Mondlandung vom 21. Juli 1969. Oder den 19. Mai 2013, den Tag, an dem die Schweiz bei der Eishockey-WM das Finale gegen Schweden bestritten hat.
Den 29. Oktober 2014 werden alle Anhänger der Lakers nie mehr vergessen. Und noch in 20 Jahren sagen: Weisst Du noch, damals? Und jeder wird wissen, so er an diesem Abend war. Die Lakers, die freundlichsten und ausdauerndsten Verlierer des europäischen Klubhockeys haben nämlich wieder einmal gesiegt. Und zwar gleich 7:0! Alle drei Drittel gewonnen! In einem Spiel, in dem es um alles oder nichts ging! Im Cup-Achtelfinal nämlich.
Und nicht nur das: Sie erzielten Tore in Überzahl und Unterzahl und bei nummerischem Gleichstand! Sie tanzten! Sie dominierten ihren Gegner zu Land, zu Wasser, in der Luft, einfach in jeder Beziehung! Sie kassierten keinen Gegentreffer! Wo doch das Saisonziel ist, weniger als drei Gegentreffer pro Match zuzulassen! Sie gerieten nie in Gefahr, dieses bisher wichtigste Spiel der Saison zu verlieren.
Dazu gaben die mitgereisten Fans der Lakers der grandiosen Darbietung einen festlichen Rahmen. Sie dominierten die schmucke Arena in Langenthal stimmlich von der ersten Minute bis zur Schlusssirene. Lakers-Festspiele! Ach, welch ein schöner, historischer Abend! So wie ich mich an die Nacht der Mondlandung und an den Tag des WM-Finals erinnere, so werde ich mich künftig an den Abend erinnern, an dem die Lakers tanzten.
Dieses 7:0 in Langenthal muss den Lakers an Leib und Seele mehr wohl getan haben als ein Aufenthalt im Alpamare. Es muss für diese notorischen aber freundlichen und sympathischen Verlierer gewesen sein wie Geburtstag und Weihnachten am gleichen Tag.
Dass der SC Langenthal tief in einer Krise und im Tabellenkeller der NLB steckt und nur mit dem Ersatzgoalie spielte, wollen wir verschweigen. Es gehört sich einfach nicht, diesen wundersamen Moment der Glückseligkeit für die Lakers mit hämischen Worten oder dem Hinweis auf einen ganz, ganz, ganz schwachen Gegner zu trüben. Das wäre bösartig. Schliesslich spielt eine Mannschaft ja nur so gut wie es der Gegner zulässt. Eben.
Das wahre Highlight ist indes der 4:2-Triumph von Visp über den HC Davos. Eine Sensation! Aber etwas anderes als das Resultat ist wichtig. Diese Partie hat uns nämlich den Beweis geliefert, dass Arno Del Curto der ehrlichste Trainer des Schweizer Sportes ist. Er fürchtet eben nicht mal den Teufel.
Was lästern doch die Klub- und Verbands- Generäle ständig hinter vorgehaltener Hand über diesen Cup im Eishockey. Aber zitieren lassen will sich natürlich keiner. Brav machen sie mit. Weil es ein paar Fränkli gibt. Sportlicher Gehalt? Glaubwürdigkeit? Das ist etwas für Puritaner, die nicht begriffen haben, wie der Sport im 21. Jahrhundert funktioniert.
Arno Del Curto hat nun den Mut gehabt, zu zeigen, was er über diesen Wettbewerb denkt. Wie das Kind, das mit dem Finger auf den Kaiser zeigt und sagt: Aber der Kaiser hat ja gar keine Kleider an!
Arno Del Curto ist in Visp nur mit zwei statt vier Ausländern angetreten. Ein Trainer verzichtet freiwillig und vorsätzlich auf einen zentralen Wettbewerbsvorteil. Das hat es so im Schweizer Sport noch nicht gegeben. Besser könnte man einen Wettbewerb nicht lächerlich machen und ad absurdum führen. Einerseits zeigt dieser Verzicht die Absurdität des Reglements, das es einem NLA-Klub erlaubt, mit vier Ausländern gegen Erstligisten ohne Ausländer oder gegen einen NLB-Vertreter mit lediglich zwei Ausländern anzutreten. Andererseits könnte nicht besser demonstriert werden, welche sportliche Bedeutung dieser Wettbewerb in Tat und Wahrheit hat. Nämlich gar keine. Nullkommanull. Merci, Arno!
Ich wollte gestern Abend noch in der Schorenhalle zu Langenthal von einem ganz hochrangigen Verbands-Vertreter am Hosentelefon wissen, was man denn an höchster Stelle von den HCD-Machenschaften halte. Der Herr sagt, ganz offensichtlich aufgebracht: «Es ist ganz einfach ein Skandal! Es geht ja nicht nur um den Sport. Da ist in diesem Wettbewerb Geld zu verdienen, das Geld liegt sozusagen auf der Strasse und dann das – einfach unglaublich!»
Ich frage: «Darf ich Dich zitieren?» Die Antwort: «Nein, bist Du wahnsinnig!» «Leitet Ihr jetzt ein Disziplinarverfahren gegen den HC Davos und dessen Trainer ein?» «Nein, bist Du wahnsinnig?» Eigentlich sollten alle Verbandsvertreter fürderhin mit einer Clown-Nase an den Cupspielen erscheinen.
Seit diesem 29. Oktober 2014 bin ich definitiv ein Cup-Fan geworden. So gute Unterhaltung, so viel Entlarvung wie am Abend dieses Tages hat uns das nationale Hockey schon lange nicht mehr beschert. Ich werde selbstverständlich auch im Viertelfinale irgendwo im Stadion sein. Nur etwas stört mich ein wenig: Unser Staatsfernsehen, alimentiert auch von meinen Gebühren, will den Eishockey-Cupfinal übertragen. Das ist grober Unfug. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise eine so ernsthafte Angelegenheit wie die Miss-Schweiz-Wahl nicht mehr übertragen werden, dafür aber der Hockey-Cupfinal!