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Hagener Synagoge: Verdächtiger ist in Untersuchungshaft

Hagener Synagoge: Verdächtiger ist in Untersuchungshaft

18.09.2021, 00:3618.09.2021, 10:01
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Jugendlicher Angeber oder gefährlicher Islamist? Der wegen mutmasslicher Anschlagspläne auf die Hagener Synagoge festgenommene 16-Jährige muss in Untersuchungshaft. Das hat ein Haftrichter des Hagener Amtsgerichts am Freitag entschieden, wie die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Gegen ihn bestehe der dringende Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Behörde hatten den Haftbefehl beantragt.

Der Richter war am Freitagnachmittag ins Hagener Polizeipräsidium gekommen, wo ihm der Jugendliche in Begleitung seines Anwalts vorgeführt wurde. Er war am Donnerstag wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Terroranschlags festgenommen worden.

Der Hagener Strafverteidiger des 16-Jährigen, Ihsan Tanyolu, hatte am Morgen noch eine baldige Freilassung seines Mandanten erwartet. «Es hat sich kein Tatvorwurf erhärtet, der das rechtfertigen würde», sagte er der Deutschen Presse-Agentur zur Frage einer etwaigen Inhaftierung seines Mandanten.

Die Synagoge in Hagen.
Die Synagoge in Hagen.Bild: shutterstock.com

Tatsächlich hatten die Ermittler weder Bombenbauteile geschweige denn einen Sprengsatz gefunden – weder beim 16-Jährigen, noch in der Nähe der Synagoge. Weit gediehen dürften seine Pläne also wohl nicht gewesen sein. Zudem war die Familie dem Staatsschutz der Polizei bislang nicht aufgefallen, es gab also keine Hinweise auf islamistische Umtriebe.

Die Entscheidung des Haftrichters weist aber darauf hin, dass den Ermittlern mehr vorliegt als der vage Hinweis eines befreundeten Geheimdienstes. Tatsächlich soll es sich Sicherheitskreisen zufolge um den gesamten Chat-Verlauf des 16-Jährigen mit einem mutmasslichen «IS»-Terroristen handeln.

Der Chat soll belegen, dass der Jugendliche via Telegram-Messengerdienst nicht bloss einen einmaligen losen Kontakt zu dem Bombenbau-Experten hatte, sondern über einen längeren Zeitraum mit ihm kommunizierte.

«Wir sind vorbereitet, die Signallampen gehen sofort an und keine Information geht verloren. Ich kann meinen Ermittlern gar nicht genug danken!»
NRW-Justizminister Peter Biesenbach

Sicherheitskreisen zufolge hatte der Jugendliche sogar zugegeben, Kontakt zu dem Mann gehabt zu haben, Anschlagsabsichten auf die Synagoge in seiner stundenlangen Vernehmung aber vehement bestritten. Im Chat habe er die Synagoge als Ziel aber selbst ins Gespräch gebracht, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Freitagabend mit.

Mit Durchsuchungen und Festnahmen war die Polizei am Donnerstag dem «sehr ernstzunehmenden und konkreten Hinweis» nachgegangen, dass zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur ein Anschlag auf die Hagener Synagoge gedroht habe. Der Hinweis lasse auf eine «islamistisch motivierte Bedrohungslage» schliessen, hatte NRW-Innenmnister Herbert Reul (CDU) gesagt.

Es wurden elektronische Medien wie Handys und Speichermedien sichergestellt und ausgewertet. Der Vater und zwei Brüder des 16-Jährigen, die die Polizei zunächst ebenfalls in Gewahrsam genommen hatte, waren bereits am Donnerstagabend wieder auf freien Fuss gesetzt worden, weil gegen sie kein Verdacht besteht. Der Vater war Sicherheitskreisen zufolge 2014 nach Deutschland gekommen und 2016 als Flüchtling anerkannt worden.

Der Hinweis auf seinen Sohn soll von einem ausländischen Geheimdienst an den Bundesnachrichtendienst (BND) gegangen sein. Ein weiterer Anschlag am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in Deutschland, zwei Jahre nach dem von Halle und eine Woche vor der Bundestagswahl? Politiker hatten am Donnerstag entsetzt reagiert.

Justiz und Polizei hätten schnell und richtig reagiert, lobte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Freitag. «Wir sind vorbereitet, die Signallampen gehen sofort an und keine Information geht verloren. Ich kann meinen Ermittlern gar nicht genug danken!»

Seit dem Auftauchen erster Hinweise hätten sie mit dem Staatsschutz in Tag- und Nachtschichten akribisch genau die Beweise gefunden, die nun den dringenden Tatverdacht begründen. Für die Bundesanwaltschaft scheint die Sache dennoch eine Nummer zu klein. Jedenfalls hat sie die Ermittlungen bislang nicht an sich gezogen. (sda/dpa)

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