US-Regierung legt Berufung gegen gestoppte Einreisesperre ein

US-Regierung legt Berufung gegen gestoppte Einreisesperre ein

05.02.2017, 04:28

Der Rechtsstreit um Donald Trumps Einreiseverbote geht in die nächsthöhere Instanz. Nach einer vorläufigen Blockade der Visa-Sperre für viele Muslime durch einen Bundesrichter in Seattle rief die US-Regierung am Samstagabend (Ortszeit) ein Berufungsgericht an.

Sollte der Antrag der Regierung Erfolg haben, könnte Präsident Trump sein vorläufig gestopptes Einreiseverbot sofort wieder in Kraft setzen. Wann die Berufungsinstanz in San Francisco entscheiden wird, ist noch unklar. Eine inhaltliche Begründung des Begehrens der Regierung folgt allerdings noch.

Nach dem Richterspruch war das Aussenministerium gezwungen, die Annullierung von Visa für 60'000 bis 100'000 bereits von der Sperre betroffener Ausländer rückgängig zu machen. Das Ministerium für Innere Sicherheit ordnete seinerseits an, «alle Aktionen zur Umsetzung» des Trump-Dekrets auszusetzen, wie es in einer amtlichen Mitteilung hiess. Reisenden würden nun wieder so überprüft wie vor der Anweisung Trumps.

Möglichst rasch reisen

Diese Schritte bedeuten aber nicht, dass alle Betroffenen jetzt sofort in die USA einreisen können. Das gilt nach Angaben der zuständigen Behörden nur für jene, die im Besitz eines gültigen Visums sind. Wem dieses «physisch» durch einen Stempel im Pass entzogen worden sei, müsse einen neuen Antrag stellen.

Die Regierung hatte schon am Samstagmorgen (Ortszeit) die Airlines in einer Telefonkonferenz angewiesen, betroffene Fluggäste mit gültigem Visum nicht länger vom Flug in die USA abzuhalten. Immigrationsberater empfahlen, die Reise nun möglichst rasch anzutreten - bevor sich vielleicht die Rechtslage wieder ändert.

Landesweite Wirkung

Bundesrichter James Robart war in Seattle einem Antrag des demokratisch regierten US-Staates Washington gefolgt, der die Blockade forderte. In der Beschwerde hiess es unter anderem, das Dekret trenne Familien, füge Tausenden Einwohnern sowie der Wirtschaft des Staates Schaden zu. Robart folgte der Argumentation.

Mit dem Hinweis, dass Immigrationsregeln für alle US-Bundesstaaten gleichermassen gelten müssten, setzte er Richter die Einreiseverbote landesweit aus. Er ging damit weiter als mehrere andere Richter, die lediglich verhindert hatte, dass bereits in den USA eingetroffene Reisende aus «Verbotsländern» festgehalten oder abgeschoben werden.

Trump schiesst gegen Richter

Trump hatte mit zornigen Tweets auf die Entscheidung von Richter Robart vom Freitagabend reagiert und ihn sogar direkt angegriffen. «Die Meinung dieses sogenannten Richters, die praktisch unserem Land die Durchsetzung von Gesetzen wegnimmt, ist irrwitzig und wird überstimmt werden!» schrieb Trump am Samstag auf Twitter. Später folgten weitere wütende Tweets.

Es ist ein äusserst ungewöhnlicher Vorgang, dass ein amtierender Präsident die Legitimität und Kompetenz eines Richters offen in Frage stellt.

Bis zum Supreme Court

Das Bundesberufungsgericht in San Francisco ist für den 9. Bezirk zuständig, der mehrere Westküstenstaaten umfasst - und nach der Entscheidung aus Seattle daher auch die Instanz, bei der die US-Regierung Widerspruch einlegen muss. Das Gericht gilt als eher links, was Kritiker des Trump-Erlasses hoffnungsvoll stimmt.

Viele Rechtsexperten erläuterten jedoch im US-Fernsehen, das US-Justizministerium habe durchaus Chancen, zumindest eine Aussetzung der Blockade durch den Bundesrichter zu erwirken.

Sie verwiesen darauf, dass Ausländer an sich kein garantiertes Recht auf Einreise in die USA hätten und auch kein automatisches Recht auf ordentliche Prozeduren unter US-Statuten. Ein Schwachpunkt der Gegenseite könne auch sein, dass der Richter in Seattle für seine Entscheidung landesweite Geltung beansprucht habe.

Generell wird erwartet, dass der Rechtsstreit am Ende vor dem höchsten US-Gericht landet - und sich das Land damit erst in der frühen Phase einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung befindet. (sda/dpa)

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