Der Deal soll nächste Woche offiziell bestätigt werden. Chris DiDomenico wechselt auf die kommende Saison für zwei Jahre von Fribourg-Gottéron nach Bern. So weit, so gut. Und der Kanadier ist ein guter Transfer. SCB-Untersportchef Andrew Ebbett hat vorzügliche Arbeit geleistet. Das Problem: Einmal mehr zahlt der SCB ein viel zu hohes Salär und macht sich der Lohntreiberei schuldig.
Das ginge die Öffentlichkeit eigentlich gar nichts an. Aber SCB-Manager Marc Lüthi war die zentrale Figur bei der Durchsetzung der neuen Ausländerregelung: nächste Saison sechs Ausländer im Falle einer 14er-Liga (wenn es einen Aufsteiger gibt) und sonst sind es fünf. Bis und mit dieser Saison sind vier erlaubt. Plus ein Ersatz für Spieler, die mit laufendem Vertrag in die NHL gewechselt haben (gilt für die ZSC Lions/Suter, Biel/Moser und Zug/Hofmann).
Der tüchtige SCB-Manager hätte lieber noch viel mehr Ausländer gesehen. Wenn möglich mehr als zehn und mindestens sieben. Immer und immer wieder schwadroniert er von billigen ausländischen Spielern und davon, dass mit diesen billigen Ausländern die Löhne insgesamt gedrückt werden können. Und er klagte über finanzielle Not, brachte mit flammenden Appellen die SCB-Fans letzte Saison dazu, mehrheitlich auf Saisonabi-Rückforderungen zu verzichten. Wo von Sparen, von Vernunft im Hockey die Rede ist, da ist Marc Lüthi nicht weit.
Würde das SCB-Management diskret seine Mannschaft zusammenstellen und sich nicht öffentlich und in allen Hinterzimmern in die Liga-Politik einmischen und sich als Sparmeister und Mahner zur Vernunft aufspielen – wir würden schweigen. Würde sich der SCB nicht als ach so von der Krise gebeuteltes Sportunternehmen präsentieren und mit diskreten, aber neidvollen Seitenhieben gegen Zug, Lugano und die ZSC Lions durchblicken lassen, man habe halt keinen Mäzen – es gäbe keinen Grund zur Polemik. Wir würden schweigen.
Wenn SCB-Manager Marc Lüthi nicht eine der treibenden Persönlichkeiten bei der Erhöhung der Anzahl Ausländer gewesen wäre – wir würden schweigen.
Aber wenn der oberste operative SCB-Chef in der Öffentlichkeit und in der Liga für billige Ausländer weibelt mit der Begründung, man müsse die Löhne senken, das Thema also selbst in die Öffentlichkeit trägt, so macht der begabte Kommunikator selbst die Löhne der Ausländer zum Thema. Er riskiert, er nimmt billigend in Kauf, dass seine Worte dann mit seinen Taten verglichen werden und seine Lohnpolitik unter die Lupe genommen, thematisiert und gelobt oder kritisiert wird. Und siehe da: Wasser predigen, Champagner trinken. Der SCB treibt die Löhne auch bei den Ausländern in die Höhe.
Bei Gottéron, wo Trainer und Sportchef Christian Dubé die Kosten im Griff hat, ist die Obergrenze für ein Verlängerungsangebot an Chris DiDomenico auf ziemlich genau 240'000 Franken netto festgesetzt worden. Punkt. Es wird nicht nachgebessert.
Das ist der Grund, warum Chris DiDomenicos Agent den Markt sondiert und mit dem SCB einen neuen Arbeitgeber gefunden hat. Denn immerhin hat er vor zwei Jahren, als sein Klient noch jünger und noch besser war, etwas mehr als 310'000 Franken netto herausgeholt. Aber das war, bevor die grosse Viruskrise in die Welt gekommen ist und auch das Denken im Hockey-Geschäft verändert hat. Oder zumindest verändern sollte.
Der SCB zahlt Chris DiDomenico etwas mehr als 300'000 Franken netto. 300'000 Franken netto für einen 32-jährigen ausländischen Stürmer, der nur ein einziges konkretes Angebot von nicht einmal 250'000 Franken netto auf dem Tisch hatte. Selbst das eigentlich stark interessierte Langnau setzte die Schmerzgrenze bei 240'000 Franken fest und reichte nicht mal eine Offerte ein. Weitere Interessenten hat es nicht gegeben.
300'000 Franken netto bedeuten 600'000 Franken brutto Kosten für den SCB. Wo doch der oberste SCB-Chef immer wieder darauf hinweist, es gebe Heerscharen von guten ausländischen Spielern, die jenseits der Landesgrenzen sehnsüchtig darauf warten, für weniger als 100'000 Franken netto in der Schweiz dienen zu dürfen.
Die SCB-Lohnpolitik ist stossend. Erst recht in einer Zeit, da die Hockey-Unternehmen mit Steuergeldern durch die Virus-Krise gefüttert worden sind. Andrew Ebbet hätte seinen Wunschausländer für 250'000 Franken netto haben können. Chris DiDomenico ist einer, der seine Zukunft früh regeln will. Das Angebot von Christian Dubé hatte ihn im Stolz verletzt.
Die Lohnerhöhung von etwas mehr 50'000 Franken netto bzw. 100'000 Franken Bruttokosten für den Klub ist unnötig. 100'000 Franken brutto Mehrkosten mögen beim Hockey-Konzern SCB wenig Geld sein. Aber wer so sehr auf sein Publikum angewiesen ist und sich auch als «Volksklub» sieht, sollte bedenken: Dieser Betrag ist höher, als die allermeisten seiner Anhängerinnen und Anhänger im Jahr verdienen. Gerade der SCB sollte bei der Salärpolitik besonders sensibel sein.
Das ist alles keine Kritik an Andrew Ebbett. Ganz im Gegenteil. Er hat alle Voraussetzungen, um ein sehr guter SCB-Untersportchef zu werden. Aber er ist halt als ehemaliger SCB-Leitwolf auf dem Eis (2015 bis 2020) selbst ein Kind der seit Jahren überdüngten SCB-Salärkultur – und war einer der wenigen SCB-Ausländer der Neuzeit, der jeden Rappen seines Gehaltes wert war. Ehre, wem Ehre gebührt. Respekt, wem Respekt gebührt. Kritik, wem Kritik gebührt. Polemik, wem Polemik gebührt.
Das Salär im Fall von Chris DiDomenico haben seine Vorgesetzten – Obersportchef Raëto Raffainer, SCB-Manager Marc Lüthi und der Verwaltungsrat als oberstes Kontrollorgan einer AG – zu verantworten.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt: Roman Cervenka (35) ist die Nummer 2 der Liga-Skorerliste. Er kam im Sommer 2019 von den ZSC Lions und stürmt bei den Lakers für weniger als 200'000 Franken netto pro Saison. Er ist um mehr als 30 Prozent günstiger als Chris DiDomenico.
Bei den Lakers zieht mit Janick Steinmann ein junger, cleverer Sportchef die Fäden, der die Preise kennt und entsprechend zu verhandeln versteht. Dort arbeitet ein Management diskret und effizient, jammert nicht und mischt sich nicht öffentlich in die Liga-Politik ein. Ende der Polemik.
Andererseits muss man sagen dass die aktuellen SCB Transfers das Niveau der Mannschaft deutlich heben und das ab der nächsten Saison wieder mit Ihnen zu rechnen ist.