Am vergangenen Wochenende trafen sich die Führer von 21 Staaten zum APEC-Gipfel in Papua-Neuguinea. An diesem Treffen werden jeweils die wirtschaftlichen Probleme im pazifischen Raum besprochen. Erstmals konnten sie sich nicht auf ein Schlusscommuniqué einigen.
Grund war ein heftiger Streit zwischen dem US-Vize-Präsidenten Mike Pence und Chinas Präsidenten Xi Jinping. «Die ganze Welt sollte sich Sorgen machen», erklärte dazu Peter O’Neill, Premierminister von Papua-Neuguinea.
Der Kampf zwischen den USA und China bestimmte den APEC-Gipfel. Die beiden Streithähne lagen sich einmal mehr wegen Strafzöllen und Verletzungen von Patenrechten in den Haaren. Das ist nicht weiter erstaunlich. Erschreckend ist jedoch der offen feindselige Ton, in dem dieser Streit mittlerweile ausgetragen wird.
US-Vize Pence hatte schon am 4. Oktober in einer Rede in Singapore China scharf angegriffen. Er beschuldigte die Regierung in Peking des «Imperialismus und der Aggression» in Asien und verlangte «Respekt für die Souveränität der Nationen und die internationalen Rechtsregeln».
In Neuguinea legte Pence nach. Er griff das chinesische Programm «Belt and Road» an und beschwor die asiatischen Staaten, anstatt mit China mit den USA zusammenzuarbeiten. Dabei verwies er auf die hohen Kosten des chinesischen Entwicklungsprogramms und den damit verbundenen Druck, den Peking ausübe.
Xi wies diese Kritik energisch zurück und betonte, das Programm sei inklusiv und alle Seiten würden davon profitieren.
Die chinesisch-amerikanischen Auseinandersetzungen wurden lange als Geplänkel taxiert, das sich irgendwann einmal regeln würde. Zu gross seien die gegenseitigen Interessen, als dass es zu einem ernsthaften Konflikt kommen könnte, wurde allgemein orakelt.
Inzwischen hat es einen massiven Stimmungsumschwung gegeben. In den USA gehen nun selbst chinafreundliche Wirtschaftsvertreter auf Distanz. Typisch etwa der ehemalige CEO von Goldman Sachs und Finanzminister Hank Paulson.
Lange hatte Paulson sich für gute Beziehungen zu Peking eingesetzt. Nun hat er kürzlich erklärt: «Die wirtschaftlichen Beziehungen sind am Zerreissen.» Sollten die beiden ihre Probleme nicht bald lösen, dann stehe die Welt vor einem «Systemrisiko von monumentalem Ausmass».
Nach einem scheinbar gelungenen Start hat sich das Verhältnis zwischen Trump und Xi stetig verschlechtert. Trump hat sich dabei selbst ins Knie geschossen. Als erste Amtshandlung hat er das Freihandelsabkommen TPP gekillt. Es hätte die asiatischen Staaten und die USA gegenüber China geeint.
Schon im Wahlkampf hat sich Trump als China-Gegner profiliert. Nun haben in seiner Regierung die Hardliner Oberwasser. Gary Cohn, der ehemalige Goldman-Sachs-Banker, hat sein Amt als wirtschaftlicher Berater hingeschmissen. Zusammen mit dem Finanzminister Steven Mnuchin galt er als Freund des Reichs der Mitte.
Auch Mnuchin musste ins zweite Glied zurücktreten. Die Chinapolitik wird nun von Typen wie dem umstrittenen Ökonom Peter Navarro bestimmt. Er hat Bücher wie «Death by China» oder «The Coming China Wars» verfasst. Auch Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer gilt als China-Hardliner, genauso wie Handelsminister Wilbur Ross.
Das Verhältnis zwischen den USA und China ist mittlerweile so zerrüttet, dass der Begriff «Kalter Krieg» wieder aus der Versenkung auferstanden ist. Das bedeutet auch, dass die beiden Staaten im grossen Stil militärisch aufrüsten. China verfügt dabei längst über mehr als eine Barfuss-Armee, wie sie einst den Amerikanern im Korea-Krieg gegenüberstand.
Heute ist die chinesische Volksbefreiungsarmee eine hochgerüstete Truppe, die auch in einem Cyberwar bestehen kann. «China ist im Begriff, neben unserer eigenen die am besten ausgerüstete und am besten finanzierte Armee der Welt aufzubauen», war denn auch kürzlich im Fachmagazin «US national security strategy» zu lesen.
US-Verteidigungsminister Jim Mattis gab derweil der «Financial Times» zu Protokoll, die Vereinigten Staaten würden ihren militärischen Vorteil einbüssen, und «zwar auf allen Gebieten der Kriegführung».
Vor allem auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz haben die Chinesen grosse Fortschritte gemacht. Präsident Xis erklärtes Ziel ist es, seine Nation darin führend zu machen. «Wer auch immer in dieser Sphäre der Leader ist, wird die Macht über die Welt gewinnen», warnte letztes Jahr Wladimir Putin.
Am 30. November wollen sich Trump und Xi anlässlich des G-20-Gipfels in Buenos Aires unter vier Augen treffen. Gut möglich, dass es den beiden dabei gelingen wird, die Spannungen zu reduzieren. Das grundlegende Problem werden sie jedoch nicht lösen können: China ist eine aufstrebende Supermacht, die um ihren Platz an der Sonne kämpft. Die USA bleiben eine Supermacht, die keine anderen Götter neben sich dulden will.
Was das Ganze so gefährlich macht, ist die Tatsache, dass an der Spitze der beiden Nationen zwei Männer stehen, die sich in vielerlei Hinsicht ähnlich sind. Trump und Xi sind beide autoritär, machtbewusst und nationalistisch. Der eine will bekanntlich Amerika wieder great, der andere die 150-jährige Schmach Chinas wieder gut machen. Für vernünftige Kompromisse bleibt da wenig Platz.