Seit drei Jahren hat Jonas Bischofbergers Wohnung vier Räder und ist knallgelb. Der 39-jährige Basler lebt aktuell in einem Van – und baut zusammen mit seiner Partnerin ein winziges Häuschen, ein Tiny House. Bischofbergers Hab und Gut passt beinahe komplett in den zwei auf sechs Meter langen Bus.
«Es war nie ein bewusster Entscheid, so zu leben, es hat sich einfach so ergeben», sagt der Primarlehrer heute. Im Sommer arbeitet Bischofberger als Surflehrer, im Winter als Snowboardlehrer, zwischendurch tingelt er als Ersatzlehrperson durch die Schweiz – übernachtet hat er immer in seinem Bus. Bis er sich dazu entschied, seine Wohnung komplett aufzugeben.
Wie es ist, auf so kleinem Raum zu leben, und ob er dabei etwas vermisst, hat Bischofberger watson verraten.
... viel Geld. Meine Fixkosten sind viel tiefer, weil ich keine Wohnungsmiete zahlen muss. Dieser Faktor war auch ausschlaggebend, warum ich mich vor drei Jahren für das Leben im Van entschieden habe. Ich war viel unterwegs und war nicht mehr länger bereit, Monat für Monat Miete für eine Wohnung zu zahlen, in der ich dann sowieso nicht sitze. Das war für mich herausgeschmissenes Geld.
Was ich auch spare, ist sehr viel Zeit. Ich muss keine ganze Wohnung putzen. Im Bus ist in keiner Zeit aufgeräumt und sauber gemacht. Meine Dinge sind fast alle griffbereit.
... nichts. Im Gegenteil – ich fühle mich extrem wohl und bin sehr mobil. Alles, was ich brauche, habe ich bei mir. Ich kann in meinem Bus kochen und heizen. Mit dem Bus bin ich oft an den gleichen Orten. Dort habe ich meist Freunde, wo ich Dusche und Toilette mitbenutzen darf. Unterwegs dusche ich mit einer Solardusche draussen – und das Geschäft wird als guter Nährstoff für den Boden mit dem Spaten verbuddelt.
... das Reisen. Durch meine tiefen Lebensunterhaltskosten kann ich mir sehr viele Freiheiten leisten. Im Sommer an den Strand fahren, im Winter in die Berge.
Ich würde gerne weniger Abfall produzieren. Die Menge an Müll, die ich wegwerfen muss, stört mich. Wenn man viel unterwegs ist, ist es schwieriger, weniger Abfall zu produzieren. Wenn ich mich fix an einem Ort installieren müsste, würde ich einen Ort suchen, wo es Wochenmärkte oder Läden ohne Verpackungsmaterial gibt.
... Bewusstsein. Nachhaltigkeit beginnt dort, wo man sich Gedanken über den eigenen Ver- und Gebrauch macht. Wo man sich Fragen stellt wie: «Brauche ich dieses und jenes wirklich? Brauche ich so viel Platz?»
Gedanken über ein nachhaltiges Leben haben sich bei mir erst mit der Zeit entwickelt. Ich bin nicht in einen Bus gezogen, weil ich es für nachhaltiger empfand, sondern weil es für mich die ideale Art zu leben war. Und weil ich es sehr gemütlich fand.
Erst mit der Zeit haben sich diese Überlegungen mit eingeschlichen. Das gilt auch beim Reisen. Meine Partnerin und ich fliegen nicht mehr viel, möglichst gar nicht mehr. Wir machen fast alle Reisen mit dem Bus. Natürlich würden wir unglaublich gerne weiter weg, aber wir können das Fliegen kaum mehr mit unserem Gewissen vereinbaren.
... die Umwelt. Die Leute verbrauchen so viele Dinge, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Viele sind zu bequem, um etwas zu ändern. Doch die aktuellen Ereignisse lassen mich hoffen, dass sich bald etwas grundlegend ändern könnte.
... einen erfolgreichen Einzug in mein erstes Tiny House. Zusammen mit meiner Partnerin sind wir derzeit gerade an den letzten Arbeiten. Bald werden wir das 18-Quadratmeter-Häuschen in München beziehen.
Ich wünsche mir, dass die gesetzliche Lage für die Tiny-House-Bewegung bald klarer wird – auch in der Schweiz. Denn mit einem Tiny House hat man weder einen Wohnwagen noch ist es ein normales Haus. Man fällt komplett zwischen die Kategorien. Oft ist es eine riesige Herausforderung, einen legalen Standplatz für das Haus zu finden.
Doch ich bin zuversichtlich, dass hier in naher Zukunft noch einiges gehen wird. Ich bin im Vorstand des Vereins Kleinwohnformen, der bei genau solchen Problemen versucht Lösungen zu finden. Und die Mitgliederzahl wächst und wächst. Momentan sind wir bei rund 700 Personen.
Offiziell gemeldet bin ich bei meinen Eltern. Das heisst, Post und Briefe landen dort. Doch ich versuche so vieles wie möglich online zu regeln, damit ich in Zukunft noch unabhängiger und mobiler werde.