Streit über Flüchtlinge als Zerreissprobe für CDU/CSU

Streit über Flüchtlinge als Zerreissprobe für CDU/CSU

15.06.2018, 10:52

In Deutschlands grosser Koalition wächst der Druck auf die CSU, den Asylstreit mit der CDU nicht weiter eskalieren zu lassen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) soll offenbar mit der CSU-Führung eine Kompromisslinie ausloten.

Darum haben ihn laut «Rheinischer Post» die CDU-Spitze und Unionsfraktionschef Volker Kauder gebeten. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte Einigungswillen von allen Seiten.

SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles stellte sich klar hinter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). In der Flüchtlingspolitik könne nur mit Europa eine vernünftige Lösung gefunden werden, sagte Nahles am Freitag in Berlin. «Schlechterdings ist eine Lösung im Alleingang nicht denkbar und sinnvoll.»

Die SPD verweist darauf, dass im Koalitionsvertrag ein gemeinsames europäisches Vorgehen in der Asylpolitik vereinbart sei. Daran müsse sich auch die CSU halten, verlangte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im ARD-«Morgenmagazin».

Bevölkerung stützt CSU-Position

Seit Tagen streiten CDU und CSU darüber, ob Asylbewerber ohne Papiere, und solche, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind, weiter über die deutsche Grenze gelangen dürfen. Die CSU will sie künftig zurückweisen, Kanzlerin Merkel lehnt dies ab.

Die CSU dringt bis Montag auf eine Entscheidung, andernfalls droht Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit einem Alleingang. Merkel will dagegen in den kommenden zwei Wochen eine Lösung auf europäischer Ebene suchen.

Die CSU sieht die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite - und wird darin vom jüngsten ARD-«Deutschlandtrend» bestärkt. Danach sind 62 Prozent der Deutschen dafür, Flüchtlinge ohne Papiere nicht nach Deutschland einreisen zu lassen. 86 Prozent befürworteten zudem eine konsequentere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Die Umfrage von Infratest dimap wurde aber bereits am 11. und 12. Juni und damit vor der Eskalation des Streits durchgeführt.

Kompromissangebote abgelehnt

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hatte Merkel am Mittwochabend bei dem Krisentreffen im Kanzleramt zwei Kompromissangebote der CSU abgelehnt. Die CSU habe zunächst vorgeschlagen, sofort mit den Zurückweisungen an den deutschen Grenzen zu beginnen - dies aber bei einem Erfolg des EU-Gipfels in zwei Wochen wieder zu beenden, hiess es aus CSU-Kreisen.

Ausserdem habe die CSU den Vorschlag gemacht, jetzt schon weitere Zurückweisungen an den Grenzen zu beschliessen - aber nur für den Fall, dass die Verhandlungen auf europäischer Ebene scheitern. Auch dies habe die Kanzlerin abgelehnt.

Schäuble solls richten

Die CDU dringt nach Informationen der «Rheinischen Post» nun darauf, dass Schäuble mit der CSU-Führung eine Kompromisslinie auslotet. Schäuble habe in der Flüchtlingspolitik trotz seiner Loyalität zur Kanzlerin immer wieder eine kritische Haltung eingenommen und besitze auf beiden Seiten Glaubwürdigkeit, hiess es zur Begründung.

Wirtschaftsminister Altmaier hält eine Einigung weiter für möglich. «Ich bin davon überzeugt, wir können zu einer gemeinsamen Lösung kommen - unter der Voraussetzung, dass alle konstruktiv und mit Einigungswillen an die Aufgabe herangehen», sagte er am Freitag in Berlin. «Wir sind uns einig, dass wir illegale Migration bekämpfen.»

Altmaier sagte aber zugleich, eine Lösung müsse sowohl dem deutschen als auch dem europäischen Recht entsprechen. Das Thema Flüchtlinge steht auch im Bundestag auf dem Programm. Geplant ist eine Abstimmung zum Thema Familiennachzug. Ausserdem soll es eine Aktuelle Stunde zur Flüchtlingspolitik geben. (sda/dpa)

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