«Die Formel ‹den Wohlfahrtsstaat im Kapitalismus verteidigen›, neigt sich dem Ende zu», erklärte SP-Nationalrat Cédric Wermuth kürzlich in einem Interview mit watson und fügte hinzu, es reiche schlicht nicht mehr, zu versuchen, die Früchte des Wachstums gerecht verteilen zu wollen.
Das Nein zur Erbschaftssteuer bestätigt diese These vollumfänglich. Nach dem Nein zum Mindestlohn und zur 1:12-Initiative war dies eine weitere absehbare Ohrfeige für die Linke, selbst wenn die Initiative rein technisch gesehen ein Kind der EVP war.
Speziell frustrierend für die Linke muss die Tatsache sein, dass die Befürworter sowohl ökonomische Vernunft als auch moralisches Gerechtigkeitsempfinden auf ihrer Seite haben. Die wachsende Ungleichheit ist zum drängendsten sozialpolitischen Problem geworden, die Gefahr einer neuen Oligarchie zur Gefahr für die Demokratie. Eine Erbschaftssteuer würde diese Entwicklung zumindest bremsen.
Nicht nur Linke wie der französische Ökonom Thomas Piketty warnen vor dieser Tendenz. Selbst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) stellte kürzlich in einer Studie fest, dass die zunehmende Ungleichheit eine Gefahr für die Weltwirtschaft darstellt. Warren Buffett, Milliardär und wohl bekanntester Investor der Gegenwart, ist ebenfalls ein überzeugter Befürworter einer Erbschaftssteuer.
Das ist ein schwacher Trost, mehr nicht. Die Erbschaftssteuer hatte nie eine Chance, weil rationale Argumente in dieser Frage keine Rolle spielen. Obwohl zwei Prozent der Schweizer Bevölkerung davon betroffen gewesen wären, wurde die Initiative auch vom Mittelstand wuchtig verworfen.
Auch die durchschnittliche Schweizerin und der durchschnittliche Schweizer leben in der Illusion, dass sie im Alter von den Zinsen ihrer Pensionskasse und allenfalls der dritten Säule leben und die Substanz ihren Kindern vermachen können. Dass diese Rechnung rein mathematisch niemals aufgehen kann, erschüttert diesen Glauben nicht. Es ist wie in der Diskussion um die Klimaerwärmung: Selbst eine erdrückende Faktenlage wird einen überzeugten Leugner niemals umstimmen können.
Anstatt weiter aussichtslose Umverteilungs-Glaubenskriege zu führen, muss die Linke wohl grundsätzlich umdenken. Das Thema Sharing Economy drängt sich auf. Dabei geht es nicht darum, wie der Kuchen verteilt, sondern wie er gebacken wird.
Die Sharing Economy mag derzeit noch ein Schlagwort sein – und ein oft missbrauchtes dazu. Doch im Kern stimmt der Ansatz. Wenn wir den Planeten Erde nicht ruinieren wollen, brauchen wir eine Wirtschaftsordnung, welche die bestehenden Ressourcen sinnvoller nutzt und den Wachstumswahn der bestehenden Ordnung in Schranken weist.
Nicht Umverteilen, sondern smartes Teilen ist deshalb angesagt.
An der Erbschaftssteuervorlage war im Übrigen alles in Ordnung. Aber solange diejenigen, die davon betroffen gewesen wären (Besitzende mit mindestens 2 Millionen Erbmasse) auch diejenigen sind, die sowohl das Potential zur Meinungsmache haben wie auch an den entsprechenden Hebeln sitzen, werden die dem kleinen Mann logischerweise soviel Sand in die Augen streuen, wie es zur Verteidigung ihrer Pfründe braucht. Wer sägt schon gerne am eigenen Ast? Und der kleine Mann glaubt die Angstmacherei und stimmt so ab, wie es den Besitzenden genehm ist.
Das Schema kennen wir ja nun zu Genüge.