Dick Cheney war der Vize-Präsident von George W. Bush. Er trug einen wenig freundlichen Übernamen nach dem Bösewicht aus dem Filmepos «Star Wars», «Darth Vader». Das hatte Gründe. Cheney galt als knallhart, als Treiber hinter dem zweiten, missglückten Feldzug gegen den Irak und als Befürworter der Folter von Gefangenen.
Liz Cheney ist die Tochter des ehemaligen Vizes und sie hat ein enges Verhältnis zu ihrem Vater. Täglich telefoniert sie mit ihm. Trotzdem ist sie spätestens seit gestern im Begriff, eine amerikanische Lichtgestalt zu werden. Selbst die Progressiven überschütten sie mit Lob; und dies, obwohl sie als eine der konservativsten Abgeordneten im Kongress gilt. Sie hat öfters mit Trump gestimmt als die meisten seiner Speichellecker.
Liz Cheney ist jedoch auch eine Frau mit Prinzipien. Sie vertritt den einzigen Sitz im Abgeordnetenhaus des ländlichen Bundesstaates Wyoming – und sie tut dies stolz: «Hier in Wyoming wissen wir, was es heisst, für etwas einzustehen», sagt sie. «Wir leben in der grössten Nation, die Gott je erschaffen hat, und unser Markenzeichen ist die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika.»
Seit George Washington gehört die friedliche Machtübergabe eines abgewählten Präsidenten zu den Prinzipien der amerikanischen Demokratie. Alle Präsidenten haben sich bisher daran gehalten, alle, ausser Donald J. Trump. Nach seiner verlorenen Wahl verbreitete er zunächst die «grosse Lüge», wonach die Wahlen manipuliert worden seien. Dann bemühte er die Richter, wollte Staatssekretäre dazu anstiften, ihm die fehlenden Stimmen zu finden, und als dies alles nichts nutzte, rief er den Mob nach Washington.
Die Verbrechen von Trump hat Cheney gestern beim ersten Hearing des Ausschusses zur Aufklärung der Ereignisse des 6. Januars während 35 Minuten unaufgeregt und verständlich zusammengefasst. Umrahmt wurden ihre Aussagen von Videoclips, Ausschnitten aus E-Mails und Toninterviews. Ihre Schlussfolgerung war glasklar: «Präsident Trump hat den Mob zusammen getrommelt, er hat ihn aufgehetzt und er hat die Zündschnur für die Attacke entflammt.»
Liz Cheney ist bloss Vize-Präsidentin des Ausschusses. Doch Bennie Thompson, der Präsident, hat ihr wohlweislich den Vortritt überlassen, denn es dürfte selbst den ruchlosesten Spin-Doktoren der Republikaner schwerfallen, die konservative Abgeordnete als linksextreme Feministin darzustellen.
Thompson wurde dafür reichlich belohnt. In allen wichtigen amerikanischen Medien – mit Ausnahme von Fox News natürlich – erhielt der erste Auftritt des Ausschusses sehr gute Noten. Die «New York Times» beispielsweise schreibt: «In der gesamten, 246 Jahre alten Geschichte der Vereinigten Staaten hat es noch nie eine vernichtendere Anklage gegen einen amerikanischen Präsidenten gegeben als diejenige, welche am Donnerstag vorgetragen wurde.»
Cheney hat dafür einen hohen Preis bezahlt. Sie wurde aus dem Führungsgremium der Grand Old Party geworfen. Ihren Sitz in Wyoming wird sie wahrscheinlich verlieren, denn in den Vorwahlen wird sie von einer von Trump unterstützten Kandidatin herausgefordert und wahrscheinlich auch geschlagen werden.
Schliesslich muss sie auch den offenen Hass ihrer Partei erdulden. Ausgerechnet diese mutige und prinzipientreue Frau wird nun als Verräterin verunglimpft, als «Schlange, welche euch beissen wird, wenn ihr sie wählt», wie sich Marjorie Taylor Greene, die rechtsradikale Abgeordnete aus Georgia, ausdrückt.
Der kommenden Niederlage in den Vorwahlen kann Cheney jedoch gelassen entgegensehen. Anders als die meisten ihrer Parteikollegen, die vor Trump in den Staub kriechen, hat sie behalten, was letztlich zählt: ihren Stolz und ihre Ehre. Hoch erhobenen Hauptes kann sie deshalb den Republikanern entgegenschleudern: «Der Tag wird kommen, an dem Trump verschwunden sein wird. Aber eure Schande wird bleiben.»
Mir bleibt es unverständlich, dass solche Politiker, welche die ach so gelobten demokratischen Werte schamlos mit Füssen treten, Zuspruch erhalten.
US-Büger, lasst euer Land nicht von solchen Raubtieren zerfressen und aushöhlen. Wählt zu den Mid-Terms progressive Kräfte, die sich tatsächlich um das Wohl der Bevölkerung kümmern und einsetzen.
Leider ist die Anzahl der Trump-Verehrer viel zu groß und Kritik am "Meister" ist absolut unerwünscht; ja sie schlägt sogar in Hass um (Stichwort RINO).
Ich finde diese Entwicklung besorgniserregend und sie hat schon Sekten ähnliche Zuge angenommen.
Ich hoffe immer noch auf die Justiz, aber da stehen neben Trump noch andere unliebsame Gestalten in den Startlöchern, wie Ted Cruz oder Ron De Santis 😳