Nach langem Hin und Her hat es endlich geklappt: Am 12. Juni trafen sich Donald Trump und Kim Jong Un auf neutralem Boden in Singapur zum historischen Gipfel. «Aus Feinden können tatsächlich Freunde werden», schwärmte Trump nach der Begegnung. Ein gemeinsam unterschriebenes Dokument soll die guten Absichten und die Fortschritte in der Beziehung unterstreichen.
Bis es so weit war, hatte es aber die eine oder andere Drohung mit dem roten Knopf aus Pjöngjang und Washington und eine gefühlte Zillion Tweets des US-Präsidenten gebraucht.
Wir zeigen noch einmal auf, wie sich die Beziehung zwischen Trump und Kim über die letzten zwei Jahre entwickelte, inklusive Höhenflüge, Tiefschläge, abrupte Richtungswechsel – und einem (vorläufigen) Happy End im Verhältnis zwischen Nordkorea und den USA.
Kurz nach der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsidenten im Januar 2017 beginnt Nordkorea mit einer Serie von Raketentests. Trump reagiert auf Twitter mit Bedenken über die nationale Sicherheit der USA.
Im Frühling 2017 spitzt sich die Lage zu. Nordkorea setzt seine Raketentests fort, Beobachter spekulieren über eine Eskalation, ein atomarer Konflikt scheint nicht ausgeschlossen.
Anfang Juli ändert Trump den Adressaten seiner Tweets: Anstatt an Nordkorea richtet der US-Präsident seine Nachrichten nun direkt an Kim Jong Un.
North Korea has just launched another missile. Does this guy have anything better to do with his life? Hard to believe that South Korea.....
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) July 4, 2017
Im August droht Trump dem nordkoreanischen Diktator unverhohlen mit Vergeltungsmassnahmen, die «fire and fury»-Aussage (später der Titel eines Enthüllungsbuchs über die Trump-Administration) geht in die Geschichtsbücher ein.
Der UN-Sicherheitsrat verhängt eine neue Runde von Sanktionen gegen Nordkorea. Trump zeigt sich zufrieden, dass Nordkorea die Atomtests ausgesetzt hat.
Kim Jong Un of North Korea made a very wise and well reasoned decision. The alternative would have been both catastrophic and unacceptable!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) August 16, 2017
Im Herbst stehen die Zeichen wieder auf Konfrontation – zumindest auf Twitter. Trump bezeichnet Kim in einem Tweet als «madman» («Verrückter»). Kim reagiert mit einem Statement, in dem er Trump als «geistig verwirrten US-Senilen» bezeichnet, den es «mit Feuer» zu zähmen gelte.
Kim Jong Un of North Korea, who is obviously a madman who doesn't mind starving or killing his people, will be tested like never before!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) September 22, 2017
Donald Trump reagiert mit einem neuen Übernamen für Kim: «Little Rocket Man» oder einfach nur «Rocket Man» – der Raketenmann. Eine Anspielung auf die Angewohnheit Nordkoreas, Diplomatie mit der Ankündigung und Durchführung von Raketentests zu betreiben.
Being nice to Rocket Man hasn't worked in 25 years, why would it work now? Clinton failed, Bush failed, and Obama failed. I won't fail.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 1, 2017
I told Rex Tillerson, our wonderful Secretary of State, that he is wasting his time trying to negotiate with Little Rocket Man...
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 1, 2017
Während Trump mit Vorliebe Kims körperliche Attribute aufs Korn nimmt, geizen die Nordkoreaner nicht mit Anspielungen auf Trumps Alter und geistige Verfassung.
Trump reagiert mit einem ironischen Tweet: «I try so hard to be his friend» – dass er nur sieben Monate später genau diese Freundschaft blumig ankündigte (siehe oben), hätte er wohl selber nicht gedacht.
Why would Kim Jong-un insult me by calling me "old," when I would NEVER call him "short and fat?" Oh well, I try so hard to be his friend - and maybe someday that will happen!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 12, 2017
Anfang 2018 drehte sich zwischen Trump und Kim alles darum, wer den grösseren (Atom-) Knopf hat. In einer Rede im Januar 2018 liess der nordkoreanische Machthaber die USA wissen, dass sich der (rote) Knopf in Griffweite auf seinem Bürotisch befindet.
Das konnte Trump natürlich nicht auf sich sitzen lassen: «Würde jemand von seinem verarmten und hungernden Regime ihn (den nordkoreanischen Führer Kim Jong Un) wissen lassen, dass ich auch einen Atomknopf habe, der aber viel grösser & mächtiger ist als seiner, und dass meiner funktioniert!»
North Korean Leader Kim Jong Un just stated that the “Nuclear Button is on his desk at all times.” Will someone from his depleted and food starved regime please inform him that I too have a Nuclear Button, but it is a much bigger & more powerful one than his, and my Button works!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) January 3, 2018
The Wall Street Journal stated falsely that I said to them “I have a good relationship with Kim Jong Un” (of N. Korea). Obviously I didn’t say that. I said “I’d have a good relationship with Kim Jong Un,” a big difference. Fortunately we now record conversations with reporters...
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) January 14, 2018
Kurz nach dem grossen Knopf-Vergleich deutete sich erstmals eine Entspannung an im Verhältnis zu Nordkorea. Nach der symbolischen Annäherung bei den Olympischen Spielen, als Nordkorea und Südkorea unter einer Flagge gestartet waren, bahnte sich auch zwischen den USA und Nordkorea eine zaghafte Romanze an.
Mike Pompeo met with Kim Jong Un in North Korea last week. Meeting went very smoothly and a good relationship was formed. Details of Summit are being worked out now. Denuclearization will be a great thing for World, but also for North Korea!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) April 18, 2018
Nach der Ankündigung Kims, Nuklear- und Raketentests zu stoppen und das Atomtestgelände zu zerstören, jubiliert Trump auf Twitter: «Fortschritt für alle!»
A message from Kim Jong Un: “North Korea will stop nuclear tests and launches of intercontinental ballistic missiles.”
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) April 21, 2018
Also will “Shut down a nuclear test site in the country’s Northern Side to prove the vow to suspend nuclear tests.” Progress being made for all!
Dann der vermeintliche Durchbruch: Trump kündigt Anfang Mai ein Treffen mit Kim Jong Un an – es wäre das erste zwischen einem nordkoreanischen Machthaber und einem US-Präsidenten.
The highly anticipated meeting between Kim Jong Un and myself will take place in Singapore on June 12th. We will both try to make it a very special moment for World Peace!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 10, 2018
Am 24. Mai vollzieht Trump in einem Brief an Kim Jong Un die Kehrtwende: Er müsse das Treffen «leider aufgrund der offenen Feindseligkeit» im jüngsten Statement der Nordkoreaner absagen. Hintergrund des Rückziehers sind Aussagen einer Vertrauten Kims aus dem Aussenministerium, die den US-Vizepräsidenten Mike Pence als «politischen Hohlkopf» abkanzelte. Pence hatte zuvor gewarnt, Nordkorea riskiere das «libysche Modell», falls es in der Atomfrage nicht einlenke.
Sadly, I was forced to cancel the Summit Meeting in Singapore with Kim Jong Un. pic.twitter.com/rLwXxBxFKx
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 24, 2018
Drei Tage später dann der Rückzieher vom Rückzieher. Trump erklärt auf Twitter, dass sein Verhandlungsteam ein Treffen anberaumt habe. Er glaube wirklich daran, so Trump, dass Nordkorea «brillantes Potenzial» habe und eines Tages eine grosse wirtschaftliche Nation sein werde. Kim Jong Un stimme ihm in dieser Frage zu.
Our United States team has arrived in North Korea to make arrangements for the Summit between Kim Jong Un and myself. I truly believe North Korea has brilliant potential and will be a great economic and financial Nation one day. Kim Jong Un agrees with me on this. It will happen!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 27, 2018
(wst)
>> Hier geht's zu den aktuellen Ereignissen auf Sentosa Island in Singapur.