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Mit jedem Blitz glänzt die Bilanz etwas mehr

Das Radargeraet auf der A2 bei Balerna TI, welches in nur einem halben Jahr 68'000 Autos blitzte. Dies bringt dem Kanton Tessin eine Rekordsumme von 8 Millionen Franken ein. (KEYSTONE/Ti-Press/Fr ...
Dank Geschwindigkeitsbussen landen Millionen von Franken in den Kassen von Kantonen und Gemeinden.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

285'673'200 Franken in der Deutschschweiz – mit jedem Blitz glänzt die Bilanz etwas mehr

Deutschschweizer Kantone und Städte rechnen fest mit Übertretungen ihrer Bürger und daraus resultierenden Bussgeldern. Die Stadtpolizei Zürich kalkuliert mit den höchsten Bussen pro Kopf, dahinter folgt Baden. Polizisten äussern Kritik.
09.12.2018, 16:2712.12.2018, 10:25
pascal ritter / schweiz am wochenende
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Die Regierungen von Deutschschweizer Städten und Kantonen rechnen für das Jahr 2019 mit Einnahmen aus Bussgeldern von weit über einer Viertelmilliarde Franken. Dies zeigt ein Blick in die Budgets der Sicherheitsdepartemente. 285'673'200 Franken haben die Verantwortlichen der wichtigsten Polizeikorps der Deutschschweiz fest einkalkuliert. Pro Kopf rechnen die Behörden mit durchschnittlich 45 Franken Busse.

Höhe der erwarteten Einnahmen aus Bussen 2019

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Wenn Regierungen höhere Einnahmen aus Bussen kalkulieren, hat das verschieden Ursachen. Zum Teil reagieren sie auf die Zunahme von Verstössen im laufenden Jahr. Manchmal drängt sich aber der Verdacht auf, dass das Budget auf Kosten von fehlbaren Bürgern aufpoliert wird. Ein Paradebeispiel dafür ist die Stadt Baden. Im Bussenranking (Höhe der Busse pro Einwohner) kommt die Stadt im Osten des Kantons Aargau neu auf den fünften Platz. In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, die Stadt Baden belege den zweiten Platz. Das war falsch, weil darin nicht die Partnergemeinden berücksichtigt waren, in denen die Stadtpolizei Baden ebenfalls patrouilliert.

Polizisten unter Druck

Grund dafür ist, dass die Stadtregierung mit Bussen in der Höhe von 4'620'500 Franken rechnet. Das ist fast doppelt so viel, wie im Jahr 2017 eingenommen wurde. Auslöser ist die erste fix installierte Radaranlage im Kanton, der seine Autofahrer finanziell sonst eher schont. Die Kantonspolizei Aargau nimmt pro Einwohner nur sieben Franken ein.

Doch die Badener müssen sich vielleicht schon bald eine neue Einnahmequelle suchen. Denn wie das Beispiel des Kantons Zug zeigt, lernen die Autofahrer dazu. Dort haben sich die Standorte der semistationären Blitzer herumgesprochen. Weil zudem die fixen Radarfallen abmontiert wurden, rechnet die Polizei mit weniger Bussen.

Insgesamt bleiben die Erwartungen der Deutschschweizer Regierungen etwa gleich gross wie im Vorjahr. Die höheren Erwartungen in einigen Regionen (Baden, Zürich) werden durch tiefere Erwartungen in anderen Regionen (St. Gallen, Zug) kompensiert.

«Bussen dürfen nicht dazu da sein, Staatsfinanzen zu sanieren.»
Johanna Bundi Ryser

Sprecher verschiedener Polizeien beteuern, dass die Budget-Erwartungen kaum Einfluss auf die Korps haben. Kontrollen würden nicht aufgrund von Bussgelderwartungen durchgeführt. Allerdings kommt es laut der Präsidentin des Schweizer Polizistenverbandes VSPB, Johanna Bundi Ryser, vereinzelt vor, dass die Anzahl ausgestellter Ordnungsbussen relevant ist bei der Beurteilung der Leistung von Polizisten.

«Das kritisieren wir», sagt Bundi. Sie verweist aber auch darauf, dass die allermeisten Polizeikorps derartige veraltete Beurteilungskriterien ablehnen. Grundsätzlich müsse eine Ordnungsbusse eine Verfehlung ahnden und eine erzieherische Wirkung haben. «Bussen dürfen nicht dazu da sein, Staatsfinanzen zu sanieren», sagt Bundi.

Passend dazu: Peter regt sich über Autofahrer auf

Video: watson/Peter Blunschi, Emily Engkent
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83 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ökonometriker
09.12.2018 16:44registriert Januar 2017
Bussen sollten der Sicherheit dienen - nicht als zusätzliche, von den meisten demokratischen Prozessen ausgenommene, Einnahmequelle. Eventuell müsste man sich Fragen, ob die Gewaltenteilung funktioniert, wenn Exekutivorgane die Bussen ausstellen und gleich wieder verwenden dürfen. Das Eintreiben der Bussen und die Verwendung der Gelder sollte nicht durch dieselbe Instanz geschehen. So wäre stattdessen denkbar, dass weiterhin die Kantone Verkehrsbussen ausstellen, der Bund aber die Einnahmen erhält. So würden die Bussen wieder zu einem Sicherheitsmittel, die Fehlanreize würden beseitigt.
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Joe Smith
09.12.2018 17:22registriert November 2017
Mich regt diese in regelmässigen Abständen künstlich hochgepuschte Empörungskampagne auf. Jeder seriöse Kassier budgetiert alle erwarteten Einnahmen und Ausgaben, hier also auch die gemäss Erfahrungswerten erwarteten Busseneinnahmen, alles andere wäre unseriös.

Ausserdem ist es entlarvend, dass üblicherweise die gleichen politischen Kräfte Bussen bejammern, die sonst permanent nach Law and Order rufen und bei grundsätzlich jedem Gerichtsurteil «Kuscheljustiz!» schreien.
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NocheineMeinung
09.12.2018 17:20registriert Juni 2018
Nur wer die vorgeschriebene Geschwindigkeit überschreitet oder ein Rotlicht überfährt, muss eine Busse zahlen.
Ist das nicht gerecht?
Wer sich nicht an das Gesetz hält, wird bebüsst. Law and order!
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