4:1 gegen Litauen. 6:0 gegen Moldawien. Der Auftakt in die WM-Qualifikation ist den Schweizer Frauen geglückt. Nun folgen die nächsten Pflichtaufgaben: Rumänien und Kroatien heissen die Gegnerinnen. «Wir haben wieder sechs Punkte budgetiert – aber wir werden deswegen sicher niemanden unterschätzen», sagt Julia Stierli.
Ihre Vorfreude auf das Duell mit Rumänien ist gross. Gut möglich, dass die Innenverteidigerin heute ab 19 Uhr im Zürcher Letzigrund zum Einsatz kommt. Die 24-jährige Aargauerin, die beim FC Zürich spielt, hat sich zu einem festen Bestandteil der Nati entwickelt. In der EM-Barrage gegen Tschechien hat sie in beiden Partien durchgespielt. Die Erinnerung an die Qualifikation für die Endrunde ist Stierli auch in diesen Tagen noch präsent. «Die Momente nach dem Sieg im Penaltyschiessen waren sehr emotional, wir haben so viel Zeit und Energie für dieses Ziel investiert, dann sind Freude und Erleichterung umso grösser, wenn es klappt.»
Die Auslosung für die EM findet am nächsten Donnerstag statt. Zuvor geht es weiter in der WM-Qualifikation. Allein, im Gegensatz zu ihren Teamkolleginnen, kann Stierli nur das Spiel von heute bestreiten. Am nächsten Dienstag gegen Kroatien fehlt sie – wegen ihrer Ausbildung. Stierli studiert an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Physiotherapie. Derzeit absolviert sie ein dreimonatiges Praktikum. Ab Montag steht sie wieder im Dienst.
Der erste Reflex: Wie ist es möglich, dass eine Fussballerin auf ein Spiel mit dem Nationalteam verzichten muss, weil sie zur Arbeit erscheinen muss? Bei Nationalspielern ist die Sorge gemeinhin ja eher, ob im Camp ein Coiffeur verfügbar ist. Stierli selbst geht pragmatisch und entspannt mit dem Thema um:
Auch beim Zusammenzug im November wird Stierli in der ersten Woche wieder dabei sein und danach abreisen. Womit sie beim ersten Duell mit dem Konkurrenten um den Gruppensieg und damit die direkte WM-Qualifikation – Italien – spielen kann.
Frage an den Schweizer Nationaltrainer Nils Nielsen: Wie denkt er darüber, wenn eine seiner Spielerinnen eine WM-Qualifikationspartie auslassen muss wegen eines Praktikums? Nielsen sagt:
Anruf bei Tatjana Haenni. Sie ist Direktorin Frauenfussball im Schweizer Verband. Und kämpft seit jeher für die Förderung des weiblichen Fussballs in der Schweiz. Logisch hat auch sie die «Personalie Stierli» umgetrieben in den letzten Wochen. «Ich gebe es gerne zu: Natürlich wäre mir am liebsten, wir müssten nie mehr darüber diskutieren, ob eine Nationalspielerin wegen ihrer Ausbildung fehlt. Nur ist die Realität in der Schweiz derzeit eine andere. Ich plädiere sehr dafür, dass unsere Spielerinnen eine Ausbildung absolvieren, denn es ist unrealistisch, dass sie nach dem Ende ihrer Karriere ausgesorgt haben. Wichtig ist, dass es für die Spielerin und den Trainer stimmt.»
Alles gut also im Schweizer Camp vor dem Auftritt gegen Rumänien. Und Stierli muss auch nicht befürchten, dass ihre Chancen auf eine EM-Teilnahme im Sommer sinken.
Ich sehe hier kein Problem...