Erdogan hatte bereits kurz vor Mitternacht den Sieg für sich reklamiert, obwohl aber noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren.
Nach der Präsidentschaftswahl in der Türkei hat die Wahlkommission offiziell den Sieg von Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan bestätigt. Erdogan habe «die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erhalten.»
Dies sagte der Chef der Wahlkommission, Sadi Güven, in der Nacht zu Montag bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in Ankara. Rund 97,7 Prozent der Stimmen seien in das System der Kommission eingegeben worden. «Die Zahl der Stimmen, die noch nicht vom System erfasst wurden, werden das Ergebnis nicht beeinflussen», führte Güven weiter aus.
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen, dass Erdogan bei der Präsidentenwahl auf 52,55 Prozent komme. Der Kandidat der grössten Oppositionspartei CHP, Muharrem Ince, kam mit 30,68 Prozent auf Platz zwei.
Auch die «Plattform für faire Wahlen» aus Wahlbeobachtern der Opposition sah Erdogan nach Auszählung von mehr als 96 Prozent der Stimmen bei 52,56 Prozent. Ince kam dort auf 31,34 Prozent. Ince wollte sich erst am Montagmittag zum Ausgang der Wahl äussern.
Bei der Präsidentschaftswahl lagen der inhaftierte Kandidat der pro-kurdischen HDP, Selahattin Demirtas, und Meral Aksener von der national-konservativen Iyi-Partei mit gut acht beziehungsweise gut sieben Prozent in etwa gleichauf. Zwei weitere Kandidaten spielten keine Rolle.
Bei der Parlamentswahl kommt das von Erdogans AKP geführte Parteienbündnis nach Anadolu-Angaben auf deutlich mehr als 340 der 600 Sitze. Anadolu zufolge lag die Wahlbeteiligung in der Türkei bei gut 88 Prozent. Wahlbeobachter meldeten Unregelmässigkeiten bei der Abstimmung am Sonntag. Erdogan sprach dagegen von einem «Fest der Demokratie». Knapp 60 Millionen Türken waren zur Wahl aufgerufen, mehr als drei Millionen davon leben im Ausland.
Mit den Wahlen wurde die Einführung des von Erdogan angestrebten Präsidialsystems abgeschlossen. Der neue Präsident wird Staats- und Regierungschef und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Einen Ministerpräsidenten gibt es künftig nicht mehr.
Die Einführung des Präsidialsystems ist Erdogans wichtigstes politisches Projekt. Die Opposition hatte die Rückkehr zum parlamentarischen System versprochen. Dafür wäre allerdings eine erneute Verfassungsänderung notwendig gewesen. Die Opposition wollte ausserdem den Ausnahmezustand aufheben. Das hatte Erdogan im Wahlkampf für den Fall seiner Wiederwahl auch zugesagt.
Nach der Sieges-Erklärung Erdogans rief die CHP ihre Anhänger dazu auf, Ruhe zu bewahren. Wie auch immer das Endergebnis ausfalle, das Volk solle sich «nicht provozieren lassen», sagte CHP-Sprecher Bülent Tezcan am Sonntag in Ankara. Die CHP werde die Situation weiter beobachten, bis die Wahlkommission sich geäussert habe. Die Opposition hatte bei der Stimmenauszählung Manipulationsvorwürfe erhoben. Vereinzelt kam es zu Protesten von Anhängern der Opposition.
Turkish opposition claims that there have been irregularities in the votes throughout the day, and that they will expose those irregularities, @alkassimm reports to @talexander_i24 from Istanbul: #TurkeyElections2018 pic.twitter.com/Nx1yIdTG4j
— i24NEWS English (@i24NEWS_EN) 24. Juni 2018
Wahlbeobachter meldeten Unregelmässigkeiten besonders aus dem Südosten der Türkei. Bei Auseinandersetzungen während der Wahlen wurde ein Oppositionspolitiker getötet. Dabei handele es sich um den Bezirksvorsteher der national-konservativen Iyi-Partei in der osttürkischen Provinz Erzurum, wie die Oppositionspartei mitteilte. Die Nachrichtenagentur DHA sprach von einer weiteren getöteten Person. Es habe sich um eine Fehde zwischen zwei Familien gehandelt.
Three shot dead while voting in #TurkeyElections2018. @alkassimm analyzes: pic.twitter.com/KblbTo2Mxq
— i24NEWS English (@i24NEWS_EN) 24. Juni 2018
Drei Deutsche, die auf Einladung der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP die Wahl beobachten wollten, wurden bei der Wahl festgenommen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA wurden die beiden Männer aus Köln und die Frau aus Halle in Sachsen-Anhalt in Uludere in der südosttürkischen Provinz Sirnak von der Polizei festgenommen. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte die Festnahmen.
In verschiedenen Städten in Europa feierten Erdogans Anhänger dessen Präsidentschaftswahl.
Turks in Frankfurt, Germany, celebrate #BaşkanErdogan victory in the #TurkeyElections2018. pic.twitter.com/937FsBtbkX
— Guido Mastrangelo (@GuidoGma) 24. Juni 2018
Besonders in Deutschland, wo viele türkische Staatsangehörige leben, gingen die Menschen auf die Strassen.
#TürkeiWahl2018 Erdogan-Anhänger fahren hupend durch Berlin und feiern ihren Diktator. Was für eine Frechheit! Sie genießen hier die Freiheit und feiern, dass die Türkei zum Gefängnis wird. #TurkeyElections2018
— Ralf Klostermann (@KlostermannRalf) 24. Juni 2018
Rund zwei Drittel der in Deutschland lebenden Türken mit Wahlrecht haben Erdogan zum Präsidenten gewählt. Das freut aber nicht alle. Auf Twitter finden sich unzählige kritische Stimmen, die sich gegen Erdogan und dessen Wählerschaft richten.
Seien wir ehrlich zu uns: Die feiernden deutsch-türkischen #Erdogan Anhänger feiern nicht nur ihren Alleinherrscher, sondern drücken damit zugleich ihre Ablehnung unserer liberalen Demokratie aus. Wie die AfD eben. Muss uns beschäftigen https://t.co/oNxHa2tKQx
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) 24. Juni 2018
Türkische Staatsbürger in Deutschland wollen zwar nicht in #Erdogan‘s Diktatur leben, aber 2/3 geben ihre Stimme dem Kriegsverbrecher und Antisemiten @RT_Erdogan und seiner #AKP | Irgendwie schräg#Tuerkei #TuerkeiWahl2018 #TurkeyElections2018 https://t.co/82Y5fJQSSi
— Tabernamontanus (@tabernamontanu7) 24. Juni 2018
Zu Ehren der Präsidentschaftswahl von Erdogan wurde in Syrien sogar Schüsse abgegeben. Zivilisten sollen dabei ums Leben gekommen sein.
This is #Afrin tonight, #Turkey backed Jihadists including #FSA (Free #Syria|n Army) terrorists are celebrating victory of their leader, #Edogan in #TurkeyElections2018. At-least two civilians including a children were killed in their gun firings. pic.twitter.com/cGFP2A6V4u
— Babak Taghvaee (@BabakTaghvaee) 24. Juni 2018
In Katar wurde auch gefeiert.
All qatar with you 🇶🇦🇹🇷 #TurkeyElections2018 pic.twitter.com/cNui302Ehz
— ハヤ (@hhhayaa_) 24. Juni 2018
(sda/afp/dpa/vom)