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Puls, Laufkilometer, Todeszeitpunkt – wie ein Fitness-Armband einen Mord aufklärte

Puls, Laufkilometer, Todeszeitpunkt – wie ein Fitness-Armband einen Mord aufklärte

05.10.2018, 11:5805.10.2018, 12:50
Saskia Gerhard / watson.de
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Fitness-Armbänder sammeln Daten zu zahlreichen Fragen:

Wie viele Kilometer bin ich gejoggt?
Wie hoch ist mein Puls?
Wie geht es meinem Blutdruck?

Oder: Wann wurde ich ermordet?

Wie im Fall von Karen Navarra aus San José in Kalifornien, die am 13. September von einer Arbeitskollegin tot zuhause aufgefunden wird. Wie die «New York Times» berichtet, war Navarra ohne ein Wort ihrem Job in einer Apotheke ferngeblieben. Ihre Kollegin machte sich Sorgen und fuhr zum Haus der 67-Jährigen.

Sie findet die Haustür unabgeschlossen vor, geht ins Wohnzimmer und entdeckt Navarra: zusammengesackt in einem Stuhl am Esstisch, mit tödlichen Verletzungen an Hals und Kopf. In der rechten Hand hält Navarra noch ein grosses Küchenmesser. Überall ist Blut, die Küche ist übersät mit Pizza.

Der Letzte, der Navarra fünf Tage zuvor lebend sieht, ist ihr Stiefvater Anthony Aiello. Er und Navarras Mutter, Adele Aiello, sind die einzigen Angehörigen und werden nach dem Vorfall befragt. Der 90-jährige Anthony Aiello beschreibt, wie er Navarra am 8. September am frühen Nachmittag besuchte. Er brachte ihr Pizza und ein paar Kekse vorbei, blieb nur eine Viertelstunde und liess sich dann von Karen zur Tür begleiten. Zum Dank schenkte sie ihm zwei Rosen.

Später am Tag sah Aiello seine Stieftochter an seinem Haus vorbeifahren. Eine fremde Person sass mit ihr im Auto. Bald darauf ist die 67-Jährige tot. Das ist Aiellos Version der Ereignisse.

Karen Navarras Fitness-Armband und das Material einer Videokamera in ihrer Einfahrt erzählen eine andere.

Was Fitness-Tracker aufzeichnen
Fitness-Tracker messen und speichern Daten über körperliche Aktivitäten, aber auch Standorte. Eigentlich dient das dazu, dass der Träger nachverfolgen kann, wie viele Kilometer er oder sie beispielsweise gelaufen ist, wie sich der Herzschlag währenddessen verändert hat oder wie er oder sie geschlafen hat. Doch das Armband zeichnet nicht nur beim Sport oder im Schlaf auf, sondern jederzeit. Wird der Puls schneller, weil man sich zum Beispiel mit jemandem streitet, landet auch das im Speicher – die Daten zeigen aber nur die erhöhte Herzfrequenz, den Grund erkennt der Tracker nicht.

Die Daten von Navarras Armband zeigten: Um 15.20 Uhr beschleunigte sich ihr Puls auffällig, kurz danach wurde er immer langsamer und um 15.28 Uhr hörte ihr Herz auf zu schlagen. Die Aufnahme aus der Überwachungskamera vor ihrem Haus zeigt: Zu diesem Zeitpunkt war ihr Stiefvater noch im Haus.

Anthony Aiellos Geschichte war erfunden.

Das ist nicht das erste Mal, dass ein Fitnessarmband hilft, einen Kriminalfall aufzuklären.

  • So zerfiel etwa die Geschichte eines Mannes in den USA, der behauptet hatte, ein Einbrecher habe seine Frau erschossen. Die Daten aus dem Armband liessen Zweifel an der Geschichte aufkommen, da die Frau zur vermeintlichen Tatzeit noch im Haus herumgelaufen war und erst später starb (New York Times).
  • Eine Läuferin konnte anhand der Daten ihres Armbands zeigen, wie sie auf einer öffentlichen Toilette in einem Park von einem Mann angegriffen worden (Runner's World).

Laut dem Hersteller des Fitness-Armbands, das Karen Navarras Mord aufklärte, werden Daten nicht einfach so an die Polizei übermittelt. «Fitbit» wollte den Fall zwar nicht kommentieren, verwies aber auf die eigenen Privatsphäre-Richtlinien, wonach die Firma im Fall von Durchsuchungsbefehlen und Gerichtsbeschlüssen Daten an Behörden weitergibt.

Über die Nutzung der Daten aus diesen Armbändern lässt sich durchaus streiten, im Fall von Karen Navarro haben sie aber dabei geholfen, ihren mutmasslichen Mörder schnell vor Gericht zu bringen. Nachdem die Ermittler Videoaufzeichnungen und Fitnessdaten abgeglichen hatten, durchsuchten sie das Haus der Aiellos und fanden blutverschmierte Kleidung. Anthony Aiello wurde in der vergangenen Woche festgenommen. Der Mordprozess gegen ihn steht kurz bevor.

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