Josep Maria Bartomeu war in Barcelona schon länger nicht mehr sehr beliebt, nun hat der Barça-Präsident die Reissleine gezogen. Um seiner bevorstehenden Abwahl zuvorzukommen, verkündete der 57-Jährige gestern Abend seinen Rücktritt. Zusammen mit dem Präsidenten trat am Dienstag die gesamte Chefetage zurück. Als Grund gab Bartomeu die Weigerung der katalonischen Behörden an, eine Abstimmung über einen Misstrauensantrag gegen ihn zu verschieben, berichtete «Mundo Deportivo».
President Josep Maria Bartomeu announces the resignation of the FC Barcelona Board of Directors. pic.twitter.com/Xr9pBoUzHM
— FC Barcelona (@FCBarcelona) October 27, 2020
Die Abstimmung war für den 1. und 2. November angesetzt. Für den Misstrauensantrag hatte die Opposition unter den Vereinsmitgliedern mehr als 20'000 Unterschriften gesammelt. Bartomeu, der seit 2014 im Amt war, hatte die Verschiebung wegen der Pandemie beantragt. Er wolle die Gesundheit der Klubmitglieder nicht aufs Spiel setzen.
Bartomeu hatte sich Monate zuvor bereits mit Barça-Superstar Lionel Messi überworfen. Der Argentinier wollte Barcelona nach dem 2:8-Debakel gegen Bayern München im Viertelfinal der Champions League im Sommer deshalb verlassen. Bartomeu zwang den 33-Jährigen nach langem Streit aber zur Erfüllung des bis Juni 2021 laufenden Vertrags. Die Krise bei Barça hatte sich am Wochenende durch das 1:3 im Clásico gegen Real Madrid wieder zugespitzt.
Nun geht Bartomeu also freiwillig – aber nicht ohne einen letzten grossen Knall. «Ich kann mitteilen, dass wir gestern die Voraussetzungen für den Beitritt zu einer europäischen Superliga genehmigt haben», erklärte er gestern vor der versammelten Journalisten-Schar.
Dieser Entscheid gewährleiste die finanzielle Stabilität des Vereins für die Zukunft: «Die Europäische Superliga der Klubs wird dafür sorgen, dass der Verein in den Händen der Mitglieder bleibt.» Da der FC Barcelona ein mitgliedergeführter Verein ist, müssen die Anhänger über Bartomeus Antrag bei der kommenden Jahreshauptversammlung aber noch abstimmen.
Seit Jahren ist eine Superliga der europäischen Top-Klubs Gegenstand hitziger Diskussionen. Zuletzt hatte ein angeblich neuerlicher Vorstoss aus England für eine «European Premier League» mit 18 Vereinen für Aufregung gesorgt. Diese soll Berichten zufolge von Investoren mit rund fünf Milliarden Euro unterstützt werden. Eine offizielle Bestätigung hinsichtlich Planungen einer europäischen Superliga hatte es bisher jedoch nicht gegeben, Bartomeu bestätigte die Berichte nun mit seiner Aussage.
Kritik kam sogleich von Spaniens Liga-Boss Javier Tebas: «An seinem letzten Tag kündigte Bartomeu die Teilnahme an einem ‹Phantomwettbewerb› an, der den Ruin von Barcelona bedeuten würde, und bestätigte seine Ignoranz in der Fussballindustrie. Ein trauriges Ende für einen Präsidenten, der Erfolge und in letzter Zeit auch Fehler hatte», schrieb der 58-Jährige auf Twitter.
Desafortunado @jmbartomeu, anunciando el último día la participación en una competición "fantasma, que sería la ruina para el @fcb, y ratifica su ignorancia en la industria del futbol. Triste final de un presidente que tuvo aciertos y últimamente errores.https://t.co/byyci9cl8h
— Javier Tebas Medrano (@Tebasjavier) October 27, 2020
Auch FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte zuletzt gegenüber CH Media bekundet, kein Interesse an einer europäischen Superliga zu haben. «Es geht mir nicht um Bayern gegen Liverpool, sondern um Bayern gegen Boca Juniors aus Buenos Aires.» Als Chef des Weltverbandes interessiere ihn «die Klub-WM, nicht die Superliga». Sein Ziel sei es, «dass künftig auch Klubs ausserhalb Europas globale Strahlkraft haben.» Infantino sagte: «Wir werden niemandem die Bundesliga wegnehmen.»
Die UEFA will ihr Erfolgsprodukt Champions League mit einer Superliga ohnehin nicht gefährden. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hat «bei vielen Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die UEFA entschieden gegen eine Super League ist. Die Prinzipien der Solidarität, des Aufstiegs, des Abstiegs und der offenen Ligen sind nicht verhandelbar», heisst es in einer kürzlich erschienenen Verbandsmitteilung der UEFA. (pre/sda)
Dann wäre das leidige Thema innerhalb kürzester Zeit vom Tisch...