Man braucht keinen HSG-Abschluss, um die Fusion von Peugeot und Opel nachvollziehen zu können. Betriebswirtschaftlich ist der Fall klar. General Motors stopft eine notorische Verlustquelle – acht Milliarden Dollar seit 2010 – und ist endlich ein seit langem ungeliebtes Kind los. Kommt dazu, dass GM rund 1,3 Milliarden Dollar einkassieren und seine Bilanz restrukturieren kann, so dass nochmals zwei Milliarden Dollar in den Cashflow fliessen.
Auch für PSA, die Eigentümerin von Peugeot, liegen die Vorteile auf der Hand. Zwischen den beiden Autoherstellern gibt es sehr viele Synergien – man spricht von Kostenersparnissen in der Höhe von 1,7 Milliarden Euro bis 2026. Die Franzosen werden zudem nach VW die Nummer zwei in Europa. Eine «Hochzeit, die im Himmel geschlossen wurde», würde man also meinen. Wenn da der Politteufel nicht wäre.
Opel beschäftigt zusammen mit der Schwestermarke Vauxhall in Deutschland und England rund 38'000 Mitarbeiter. In beiden Ländern haben die Gewerkschaften bereits zumindest einen Fuss auf der Barrikade. Nicht zu unrecht befürchten sie einen massiven Stellenabbau.
Gerade in der Autoindustrie ist dies derzeit eine mehr als heikle Angelegenheit. Sie ist erstens immer noch weltweit die grösste, und sie bietet zweitens im Segment der ungelernten Arbeit attraktive Jobs. Das Malochen am Fliessband ist hart, aber im Verhältnis etwa zu Stellen in der Gastronomie oder dem Detailhandel immer noch sehr gut bezahlt.
Autos sind emotionale Güter, und der Nationalstolz darf nicht unterschätzt werden – speziell in Zeiten des aufstrebenden Rechtspopulismus, und noch spezieller bei bevorstehenden Wahlen. Nicht nur von links, sondern auf von rechts droht Ärger. Die AfD-Chefin Frauke Petry versucht bereits, politisches Kapital aus der Fusion zu schlagen und spricht von einem «Ausverkauf von deutschem Knowhow».
Der Deal könnte auch das deutsch-französische Verhältnis belasten. In Deutschland, wo Opel/Vauxhall rund zwei Drittel der Mitarbeiter beschäftigt, fürchtet man nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen. Die Aussicht, dass VW ein starker Mitbewerber erwächst, stösst ebenfalls nicht auf Gegenliebe.
GM und Chrylser mussten nach der Finanzkrise von der US-Regierung gerettet werden. Bei VW ist das Land Niedersachsen ein bedeutender Aktionär, der französische Staat ist bei PSA mit 13 Prozent beteiligt. In England hat Premierministerin Theresa May Nissan grosse, im Detail nicht bekannte Zugeständnisse gemacht, um die Japaner auch nach dem Brexit der Insel halten zu können. Die Politik ist aus der Autoindustrie nicht mehr wegzudenken.
Und da wäre noch Donald Trump. Die Ironie der Geschichte will es, dass ausgerechnet einer, der auszog, mit unternehmerischem Verständnis Amerika «great again» zu machen, die Wirtschaft in einem Ausmass politisiert, wie es vor ihm niemand gewagt hätte. Trump will eine «nationalistische Wirtschaft» und er hatte keine Skrupel, gegen alle vorzugehen, die gegen sein Gebot: «In den USA produzieren und US-Güter konsumieren» verstossen.
Der Neoliberalismus hat die Politik auf den Beifahrersitz verdammt. Der aufkommende ökonomische Nationalismus ist im Begriff, diesen Rollentausch wieder rückgängig zu machen. Manager und liberale Freidenker müssen umlernen und ihre Sprüche von gestern revidieren. Wie man am Beispiel der US-Republikaner sehen kann, können sie das auch – mit einer deprimierenden Geschwindigkeit.