Ein mediterraner Couscous «mit extra viel Gemüse» gefällig? Oder ein Weichspüler mit «aufregendem Duft»? Kein Problem: Wer diese «attraktiven Warenmuster» erhalten will, braucht nichts anderes zu tun, als den Werbestopp-Kleber am Briefkasten zu entfernen.
So lautet – kurz zusammengefasst – der Inhalt eines Schreibens, das die Post in diesen Tagen verschickt hat. Es ist nicht die erste Aktion dieser Art. Denn die Post hat ein Interesse daran, dass möglichst viele Haushalte Werbung empfangen.
«Die Werbeindustrie ist für uns ein wichtiger Kunde», bekräftigt Post-Sprecher Oliver Flüeler. Neben rund 2 Milliarden adressierter Briefe – von Rechnungen bis hin zu privaten Schreiben – befördert die Post jährlich auch 1,9 Milliarden unadressierte Briefsendungen. «Das heisst: Ein grosser Teil unserer Einnahmen im Briefverkehr stammt aus der Werbung.»
Das Problem: In beiden Bereichen nimmt das Auftragsvolumen seit einigen Jahren ab. Gleichzeitig ist die Dichte an Werbestopp-Klebern insbesondere in städtischen Gebieten hoch. «Während auf dem Land viele Leute gern über aktuelle Aktionen Bescheid wissen und gratis Warenmuster erhalten möchten, informieren sich Städter oft lieber direkt in den Läden», so Flüeler.
Schweizweit ist rund jeder zweite Briefkasten mit einem Werbestopp-Kleber versehen – im Vergleich zu den Nachbarländern ein hoher Wert. «Viele Menschen übernehmen nach einem Umzug einfach den Aufkleber des Vormieters. Wir ermuntern unsere Kunden deshalb, darüber nachzudenken, ob diese Lösung für sie noch stimmt», so Flüeler. Das entsprechende Schreiben geht dieses Jahr an 600’000 Haushalte.
Von einem «penetranten Vorgehen» spricht Sara Stalder, die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. «Wir fordern die Post immer wieder auf, mit diesen Lockvogel-Angeboten aufzuhören – leider vergebens.» Die Kunden seien selbst in der Lage, darüber zu entscheiden, ob sie Werbung erhalten wollen. «Zudem ist es auch ökologisch ein Unsinn, Briefsendungen mit Warenmustern quer durch die Schweiz zu schicken.»
Die Klagen über das sinkende Briefvolumen kann Stalder nicht nachvollziehen: «Schliesslich kann die Post dank des florierenden Onlinehandels immer mehr Päckli transportieren – es gibt also keinen Grund zum Jammern.»
Es sei klar, dass in dieser Frage Interessen aufeinanderprallten, kontert Post-Sprecher Flüeler. «Der Konsumentenschutz verkauft Werbestopp-Kleber – das ist sein gutes Recht. Genauso legitim ist es, dass wir als Transporteurin auf die Vorzüge von Werbeversänden aufmerksam machen.» Er betont, dass viele Kunden das Angebot schätzten. Gratismuster seien beliebt, er selber habe sich als Bub immer darauf gefreut.
Grundsätzlich gilt: Der «Stopp Werbung»-Kleber schützt nicht vor jeder Art von unerwünschter Werbung. So sehen die Richtlinien der Schweizerischen Lauterkeitskommission etwa für Sendungen von politischen Parteien, Behörden und gemeinnützigen Organisationen Ausnahmen vor.
Landet allerdings trotz Aufkleber kommerzielle, unadressierte Werbung im Briefkasten, können sich die Konsumenten bei der Lauterkeitskommission beschweren. Letztes Jahr machten acht Personen von diesem Recht gebraucht – fünf erhielten recht.