Nicht nur Restaurants und Klubs sind wegen der Corona-Pandemie geschlossen, auch das Schweizerische Landesmuseum hat seine Pforten für das Publikum – wie alle anderen Museen, die zum Schweizerischen Nationalmuseum gehören – vorläufig geschlossen. Allerdings nur jene in der realen Welt, denn in der digitalen Welt ist das Landesmuseum 24 Stunden am Tag geöffnet. Es bietet dem virtuellen Besucher eine ganze Reihe von Video-Führungen – auch für Kinder – und Blog-Beiträgen an. Und dazu einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung «Nonnen. Starke Frauen im Mittelalter». So lässt sich die Ausstellung bequem von zuhause aus via Handy oder Computer erkunden.
Das Mittelalter war besonders für Frauen eine raue Zeit – ihre Perspektiven waren begrenzt. Einen möglichen und oft beschrittenen Ausweg bot da das Leben in einem Kloster. Hier waren, vielleicht entgegen der landläufigen Meinung, mehr Freiheiten möglich. Hier boten sich auch mehr Möglichkeiten, sich zu bilden, Einfluss und sogar reale Macht zu gewinnen, wie das Landesmuseum in einer Mitteilung schreibt.
Die Wirklichkeit hinter mittelalterlichen Klostermauern war vielfältiger, überraschender und weltlicher, als man heute oft denkt. Nonnen im Mittelalter waren nicht nur asketisch lebende Frauen, die zurückgezogen und abgeschirmt von der Betriebsamkeit der profanen Welt ihre Spiritualität lebten.
Die ersten Nonnenklöster entstanden in Europa bereits im fünften Jahrhundert. Mit der Zeit entwickelten sich einige davon zu religiösen Zentren, die Verbindungen zu Politik und Wirtschaft unterhielten und das weltliche Geschehen mitprägten. Äbtissinnen, Priorinnen oder Meisterinnen, die das höchste Amt in einem Kloster bekleideten, hatten eine anspruchsvolle Aufgabe, die diplomatisches Geschick und hohe Bildung verlangte.
Katharina von Siena (1347 – 1380) zum Beispiel gelang es, ihre Hochzeit zu verhindern und in einen Laienorden einzutreten. Dort wurde sie zur Inspirationsquelle für eine wachsende Anhängerschaft und war schliesslich eine bedeutende Stimme in kirchenpolitischen Fragen, die auch von Päpsten vernommen wurde. Oder Elisabeth von Wetzikon (1235 – 1298). Als Fürstäbtissin der Fraumünsterabtei in Zürich herrschte sie nicht nur über das Kloster, sondern über die ganze Stadt. Sie war oberste Richterin, ernannte den Bürgermeister und hatte das Recht, Münzen prägen zu lassen oder Zoll zu erheben. Zudem hatte sie das Sitz- und Stimmrecht im Reichstag der Fürstenversammlung des Heiligen Römischen Reichs.
Die Ausstellung im Landesmuseum zeigt anhand von 15 Repräsentantinnen und wertvollen Exponaten, wie unterschiedlich die Lebensformen geistlicher Frauen im Mittelalter waren und welche Möglichkeiten ihnen offenstanden. Sie thematisiert die wichtige Stellung der Frauenklöster in Bildungsfragen, ihre Verflechtungen mit Politik und Wirtschaft sowie der bis heute oftmals unterschätzte prägende Einfluss dieser Frauen auf die Theologie.
Abgerundet wird die Ausstellung mit einer Installation von Annelies Štrba. Der Videokünstler Jürg Egli hat ihre Fotografien von Kirchenfenstern, Marienfiguren und prächtigen Gärten zu einem neuen Werk verschmolzen, welches das Weibliche ins Zentrum setzt.
(dhr)