Transparente, Sprechgesänge und Umzüge: In der Schweiz machten am Tag der Arbeit Tausende laut und bunt auf die Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau aufmerksam. In den Festreden ging es um «Schneckentempo», die Verfassung und Erfahrungen aus der Geschichte.
In Zürich zogen am Vormittag 13'000 Teilnehmer der 1. Mai- Kundgebung durch die Innenstadt. Es sei unglaublich, mit welchem Schneckentempo es bei der Gleichstellung vorwärts gehe, sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva als Hauptrednerin des Gewerkschaftsbundes an der Schlusskundgebung.
Dabei sei die Kampagne für Lohngleichheit Teil eines grösseren Kampfes. Es gehe letztlich um die Wahl zwischen Solidarität und sozialer Spaltung. Drei Jahrzehnte «Marktideologie, Profitmaximierung und Abzockerei» der neoliberalen Globalisierung hätten schwere Verwüstungen angerichtet.
Es sei eine «extreme soziale Ungleichheit» geschaffen worden, welche den Nährboden für konservative, autoritäre Kräfte bilde, die eine Politik der Angst vorantreiben würden.
«Lohngleichheit steht in Verfassung»
An der 1. Mai-Demonstration in Basel marschierten gegen 2500 Personen mit. Auf dem Barfüsserplatz sprach unter anderem Regula Bühlmann, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Über 100 Jahre hätten Frauen auf ihr Stimmrecht warten müssen, sagte Bühlmann in ihrer Rede. Die Lohngleichheit stehe seit 37 Jahren in der Verfassung und die Frauen würden noch immer warten, dass sie Wirklichkeit werde.
In Freiburg richtete SP-Präsident Christian Levrat eine Mahnung an die Parlamentsmitglieder: Es gebe keine Legitimation für Aktionen wie jene in der vergangenen Session, als die Lohngleichheitsvorlage durch den Ständerat blockiert worden sei. Das Volk fordere Veränderung, und es sei an der Zeit, dass die Politik und die Wirtschaft endlich in der Realität ankämen.
Mut durch die Geschichte
Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), Paul Rechsteiner, machte in Winterhur mit der Geschichte Mut für den Kampf um Lohngleichheit. Seit dem Generalstreik vor 100 Jahren hätten die Arbeiter zwar immer wieder Niederlagen einstecken müssen, sagte Rechsteiner laut Redetext.
Doch: «Auf lange Sicht zählt nicht die Niederlage. Sondern die Kraft, das Engagement, der Mut für berechtigte Forderungen weiterzukämpfen.» Auch der aktuelle Kampf für Lohngleichheit und eine gute AHV bräuchten eine starke Bewegung.
Unter das Volk mischen sich die beiden SP-Bundesräte. Justizministerin Simonetta Sommaruga reist nach Ennenda im Kanton Glarus, wo sie eine Schokoladenfabrik besuchen und Arbeitnehmende treffen will. Bundespräsident Alain Berset wird im Wallis erwartet. Geplant ist, dass er am Abend in Sitten eine Rede hält, auf Einladung des Walliser Gewerkschaftsbunds. (sda)