Don't fuck with Olten – oder warum Satire nicht alles darf

Hach, Olten.
Hach, Olten.bild: instagram/qendresakoxha

Don't fuck with Olten – oder warum Satire nicht alles darf

20.07.2017, 21:33
anna rothenfluh

«IS-Terrorist verweigert Sprengung in Olten: ‹Stadt ist zu hässlich›», so lautet die neuste Schlagzeile des Satireportals Der Enthüller. Und jetzt ratet mal, was danach passiert ist. 

Was ist danach geschehen?

Jawohl. Der 32-jährige Terrorist, um den es im besagten Artikel geht, habe nämlich beim Anblick der Oltner Bahnhofstrasse sofort seine Sprengstoffweste ausgezogen, sie wütend hinter sich geschmissen und geschrien: «Allahu Akbar, scheisse, ist das hässlich hier.» Die Stadt habe ihn dermassen deprimiert, dass er von seinem Vorhaben abliess.

«Der Mann gab zu Protokoll, in Winterthur Töss, Schlieren sowie Pratteln gelebt zu haben. Trotzdem habe er noch nie so etwas Hässliches wie Olten gesehen.»
Der Terrorist gegenüber dem Enthüller

Jetzt gibt es in diesem Artikel zwei Punkte, die manch einen Oltner in Rage versetzten:

  1. Olten wird darin als unsäglich hässlich beschrieben.
  2. Satire darf NICHT alles mit Olten machen.

Zu Punkt 1: Darf man es wagen, Olten als hässlich zu bezeichnen?

Das, was fast alle Schweizer von Olten kennen: Der Bahnhof.
Das, was fast alle Schweizer von Olten kennen: Der Bahnhof.bild: instagram/annzig

Alles hat Konsequenzen. Ganz besonders im Fall Olten. watson hat bereits am eigenen Leibe erfahren dürfen, was es bedeutet, über das Aussehen dieser Stadt Witze zu machen: Hass schlägt einem entgegen. Und das Epizentrum dieser Wutwellen ist die Facebookgruppe Olten. Dort wurde gegen diesen einen Satz angekämpft, der das Rocco-Siffredi-Interview einleitete:

«Sperma hat jeder Mann. Aber kaum einer hat so viel wie Rocco Siffredi. Der Mann ist schon in fast jedem Loch gewesen. Und wir reden hier nicht von Olten.»

Daraus zogen wir folgendes Fazit: Don't fuck with Olten. Wir haben uns mit einem weiteren Artikel sofort bei den erbosten Oltnern entschuldigt: «Tschuldigung Olten, du bist denk das allerschönste Loch der Schweiz!» Damit wurde der Frieden mit den Bürgern der Stadt, die über die allerbesten Zugverbindungen verfügt, wiederhergestellt. 

Olten hat einiges mehr zu bieten als einfach nur einen Bahnhof. 
Olten hat einiges mehr zu bieten als einfach nur einen Bahnhof. bild: watson

Nun ist natürlich auch der Artikel des «Enthüllers» in der Oltner Facebookgruppe gelandet, jedoch nach kurzer Zeit wieder gelöscht worden. «Warum?», fragt sich ein Kommentator zurecht. Das führt uns zu Punkt 2.

Zu Punkt 2: Was darf Satire mit Olten machen?

Kurt Tucholsky hat 1919 geschrieben, dass Satire alles dürfe. Aber da gab es auch die Oltner Facebookgruppe noch nicht:

«HOFFENTLICH [WURDE DER POST] GELÖSCHT, DAS WAR AUCH DAS MINDESTE UND EBEN DIESE PERSON, DIE DIESEN BEITRAG GEPOSTET HAT SOFORT RAUSGESCHMISSEN UND BLOCKIERT... DENN SOLCHE BEITRÄGE GEHÖREN NICHT HIER REIN [...]»
Kommentar eines Oltners

Was allerdings in die Gruppe reingehört, sind Sachen wie diese hier:

«I dere gruppe darfme nome froge stelle a la: wie lang het höt de sälipark offe?»
Kommentar eines Oltners
Der Oltner Sälipark von innen.
Der Oltner Sälipark von innen.bild: instagram/sonntagsverkauf

Die Satire-Gegner wollen dann auch von den Satire-Verteidigern wissen, wo sie denn die Grenzen ziehen:

«[...] Satire darf einiges, meinetwegen viel, aber nicht alles! Es gibt Grenzen, die der Respekt setzt. Oder was würden Sie sagen, wenn einer einen solchen Witz z.B. über Ihre Mutter macht, und meint, es lohne sich nicht, sie umzubringen, weil sie zu hässlich dafür sei! Würden Sie diese ‹Satire› auch noch lustig finden?»
Kommentar einer wütenden Oltnerin

Und die Replik darauf lautet: 

«[...] Ich mag Olten, aber so sehr nun auch wieder nicht, dass ich die Stadt mit meiner Mutter vergleichen würde.»
Kommentar eines Oltners
Hach, Olten.
Hach, Olten.bild: instagram/turkiahenri

Tucholsky schrieb auch, dass die Satire übertreiben müsse und dass sie ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht sei. Sie blase die Wahrheit auf, damit sie deutlicher werde.

Im «Enthüller»-Satire-Fall besteht die Wahrheit in Oltens Hässlichkeit. Und wenn deine Heimat derart schamlos beleidigt wird, ist das natürlich nicht so leicht zu ertragen. 

«Am meisten fühlt man sich von der Wahrheit getroffen, die man sich selbst verheimlichen wollte.»
Friedl Beutelrock, deutsche Schriftstellerin

Allerdings ist Olten nicht allein. In der ganzen Schweiz gibt es so richtig grüsige Sachen, wie diese Karte mit den maximalen Abscheulichkeiten und Löchern unseres Landes zeigt:

Bild
bild: watson
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