Dutzende Tote und Verletzte bei Taliban-Anschlag in Kabul

Dutzende Tote und Verletzte bei Taliban-Anschlag in Kabul

10.01.2017, 20:36

Bei einem Doppelanschlag der afghanischen Taliban in der Hauptstadt Kabul sind am Dienstag über 20 Menschen getötet worden. Dutzende wurden verletzt, wie die Behörden mitteilten. Bei weiteren Anschlägen im ganzen Land kamen am Dienstag bis zu 50 Menschen ums Leben.

Die Taliban erklärten, Ziel des Anschlages in Kabul sei ein mit Mitarbeitern des Geheimdienstes NDS besetzter Minibus gewesen. Die Tat ereignete sich in der Nähe des afghanischen Parlaments während des nachmittäglichen Berufsverkehrs.

Unklar blieb zunächst die genaue Zahl der Opfer. Der Sprecher des Innenministeriums, Sedik Seddiki, sprach von 28 Toten, darunter 22 Zivilisten und Polizisten. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach von 30 Toten und 63 bis 78 Verletzten. Andere Behörden sprachen zunächst von 21 Toten.

Koordinierte Aktion

Offiziellen Angaben zufolge sprengte sich zunächst ein Selbstmordattentäter nahe des Parlamentsgebäudes in die Luft. Er sei zu Fuss gewesen. Als Sicherheitskräfte gekommen seien, sei eine Autobombe gezündet worden. Offensichtlich habe es sich um eine koordinierte Aktion gehandelt.

Innenministeriumssprecher Sedikki sagte, die erste Explosion sei vor einem Kleinbus, der vor dem Gebäude auf Mitarbeiter wartete, ausgelöst worden. Die meisten Opfer habe es an Bord des Busses gegeben. Die Opfer sollten nun identifiziert werden. Ob sich unter ihnen auch Abgeordnete befanden, konnte der Sprecher zunächst nicht sagen.

Nach Angaben eines Fotografen der Nachrichtenagentur AFP handelte es sich bei dem nachher explodierten Fahrzeug um einen Geländewagen. Der Parlamentsanbau liegt gegenüber der Amerikanischen Universität von Kabul, die im September Ziel eines schweren Attentats mit 16 Toten war.

«Riesige Explosion»

Ein Augenzeuge erzählte von einer «riesigen Explosion» am Tor des Parlaments. «Wir wollten gerade nach Hause gehen, da passierte es. Wir haben allein am Tor mindestens sieben Verwundete gesehen», sagte der Mann, der im Parlament arbeitet. Zwei Parlamentarier seien mit ihren Leibwächtern ins Freie gelaufen. «Da kam, nach etwa fünf Minuten, eine zweite Explosion.»

Zur Zeit des Anschlags am späten Dienstagnachmittag standen an der Strasse wie immer viele Sammeltaxis und Minibusse, die auf Passagiere warteten. Weil Kabul kein funktionierendes Nahverkehrssystem hat, bringen private und staatliche Arbeitgeber ihre Angestellten in Bussen nach Hause.

Der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid erklärte, die Angriffe hätten auf ein Fahrzeug des afghanischen Geheimdienstes gezielt. Die Taliban-Rebellen hatten zuletzt im ganzen Land trotz des Winters ihre Angriffe verstärkt. Am Dienstag sprengte sich auch in Laschkar Gah in der südlichen Provinz Helmand ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötete nach Polizeiangaben sieben Menschen.

Anschlag auf Gouverneur in Kandahar

Am Abend starben bei einer Explosion im Haus des Gouverneurs der grossen südafghanischen Provinz Kandahar elf Menschen, acht weitere wurden verletzt. Unter den Verletzten seien der Gouverneur, Humajun Asisi, sowie der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate (UAE), der für ein Treffen zu Gast gewesen sei, sagte der Leiter des Provinzrates, Hadschi Sajed Dschan Khakreswal.

Die emiratische Nachrichtenagentur Wakala al-Anbar al-Amirat (WAM) bestätigte, dass Botschafter Juma Mohammed Abdullah al-Kaabi sowie einige seiner Begleiter verletzt worden seien. Al-Kaabi sei für eine «humanitäre Mission» in Kandahar gewesen.

Die wiederholten Angriffe verstärken die Sorge um die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan. Die NATO hatte ihre Kampftruppen Ende 2014 vom Hindukusch abgezogen. Die US-Armee hat aber noch rund 10'000 Soldaten im Land stationiert, um die afghanischen Truppen in ihrem Kampf gegen die Aufständischen zu unterstützen.

Im Land tobt seit Jahren der Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den radikalislamischen Taliban, die geschätzt etwa ein Drittel des Landes beherrschen. Zehntausende Afghanen haben deshalb Zuflucht in Europa gesucht. (sda/afp/reu/dpa)

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