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Berset will Frühfranzösisch bereits in der Primarschule – und droht mit Machtwort

Berset will Frühfranzösisch bereits in der Primarschule – und droht mit Machtwort

06.07.2016, 14:1706.07.2016, 14:30
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Der Unterricht in der zweiten Landessprache soll bereits in der Primarschule beginnen. Das will der Bundesrat im Sprachengesetz verankern, falls die Kantone ihre Sprachenstrategie nicht umsetzen.

Schüler mit Frankreich-Shirt.
Schüler mit Frankreich-Shirt.Bild: KEYSTONE

Der Bundesrat hat am Mittwoch die Vernehmlassung zu einer Ergänzung des Sprachengesetzes eröffnet. Er stellt drei Varianten zur Diskussion, von denen er Variante 3 bevorzugt:

Variante 1

Diese Variante folgt dem Vorschlag der nationalrätlichen Bildungskommission. Sie legt fest, dass der Unterricht in der zweiten Landessprache spätestens ab dem 5. Primarschuljahr beginnen muss.

Variante 2

Variante 2 verankert die Lösung des Harmos-Konkordats auf Gesetzesstufe. Sie legt fest, dass die erste Fremdsprache spätestens ab dem 3. Schuljahr und die zweite ab dem 5. Schuljahr unterrichtet werden muss. Eine der beiden Sprachen ist eine zweite Landessprache, die andere ist Englisch.

Variante 3

Variante 3 legt fest, dass der Unterricht in der zweiten Landessprache auf Primarschulstufe beginnen und bis zum Ende der Sekundarstufe I dauern muss. Diese Variante bevorzugt der Bundesrat.

Frühfranzösisch auf der Kippe

Auf Variante 2 einigten sich die Kantone. Mehrere ziehen aber in Betracht, das Frühfranzösisch zu kippen. Im April hatte die Thurgauer Regierung einen neuen Lehrplan in die Vernehmlassung geschickt, der vorsieht, dass die Kinder in der Primarschule nicht Französisch lernen.

In den Kantonen Zürich und Luzern sind entsprechende Initiativen hängig. Zudem hat der Kanton Glarus beschlossen, Französisch in der Real- und Oberschule nur als Wahlfach anzubieten. Vor allem in der Westschweiz ist die Empörung über diese Entwicklungen gross.

Machtwort des Bundes

Innenminister Alain Berset hatte wiederholt angekündigt, dass der Bund ein Machtwort sprechen würde, sollte ein Kanton definitiv beschliessen, in der Primarschule keine zweite Landessprache zu unterrichten. Die Kantone wehren sich gegen ein Eingreifen des Bundesrats. Eine Volksabstimmung darüber könnte zu einer «nationalen Zerreissprobe» werden, warnten sie in einem Brief an Berset.

Droht mit Machtwort im Sprachenstreit: Bundesrat Alain Berset.
Droht mit Machtwort im Sprachenstreit: Bundesrat Alain Berset.Bild: KEYSTONE

Der Bundesrat schreibt in seiner Mitteilung, die Landessprachen sollten in der obligatorischen Schule in der ganzen Schweiz den ihnen gebührenden Platz erhalten. Er starte die Vernehmlassung, weil in einzelnen Kantonen der Unterricht in einer zweiten Landessprache in der Primarschule ab dem Schuljahr 2017/2018 in Frage gestellt sei.

Hoffen auf Kantone

Die Vernehmlassung diene dazu, verschiedene Lösungsvarianten rechtzeitig zur Diskussion zu stellen. Nach Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse werde er mit den Kantonen das weitere Vorgehen beurteilen. Er würde es nach wie vor begrüssen, wenn die Kantone untereinander eine gemeinsame Lösung finden würden, betont der Bundesrat.

Wenn die Kantone sich nicht einigen können, habe der Bund aber die subsidiäre Kompetenz zu handeln. Werde das Sprachenkonzept nicht umgesetzt, würde das zu einer Benachteiligung der zweiten Landessprache führen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften gefährden. (sda/meg)

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Menel
06.07.2016 16:12registriert Februar 2015
Wenn so viel Wert darauf gelegt wird, dass man eine 2. Landessprache kann - ich nehme jetzt mal an, mit dem Gedanken, dass man danach mit seinen Mitschweizern sprechen kann - dann muss der Unterricht komplett geändert werden. Es wird heute noch so viel Wert auf die Grammatik und Rechtschreibung gelegt, dass das Sprechen völlig unter geht. Am Ende kann man dürftig schreiben, aber eine Unterhaltung liegt nicht drinn. Französisch sollte ein rein mündliches und nicht schriftliches Fach sein.
Dafür Englisch schon von der ersten Primarklasse an und zwar in Wort und Schrift.
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Matthias Studer
06.07.2016 14:32registriert Februar 2014
Ach herrje, keine Vorgaben haben mich dazu gebracht Französisch zu lernen.
Ich denke Englisch wäre die bessere Alternative. Zumal rundum überall Englisch als Zweitsprache unterrichtet wird.
Und an die Blitzer, ich habe kein Problem mich mit meinen welschen Kollegen auf englisch zu unterhalten. Die sprechen diese in der Regel besser als Deutsch.
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Tepesch
06.07.2016 14:32registriert Oktober 2015
Wenn eine Zweitelandessprache so wichtig ist, warum dann nicht gleich die Schule komplett zweisprachig gestallten und das vom Kindergarten an.
Z.B. wäre dann immer Dienstag und Donnerstag alles in Französisch, unabhängig vom Fach. Dann würde man die Sprache wenigstens auch gebrauchen.

Mir persöhnlich würde es viel besser gefallen, wenn man einzig auf Englisch setzten würde. Dann würden auch die Tessiner nicht mehr benachteiligt. Und für die Nationaleeinheit sollte es ja egal sein, welche Sprache man lernt, hauptsache es lernen alle die gleiche.
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