Der deutsche Elitesoldat André S. ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Er soll unter dem Pseudonym Hannibal ein rechtsradikales Netzwerk von Soldaten, Polizisten, Reservisten, ja sogar von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes anführen. Zu den Mitgliedern sollen auch Schweizer und Österreicher gehören.
Die Gruppe organisiert sich über mehrere Chats und bereitet sich auf den «Tag X» vor – jener Tag, an dem die Staatsordnung zusammenbricht und zu den Waffen gegriffen werden soll. Dann sollen Menschen und Politiker aus linken Kreisen liquidiert werden. Hannibal ist Administrator in mehreren dieser Gruppenchats, wie die TAZ berichtet.
Gegründet wurde das Netzwerk im Herbst 2015 unter anderem mit dem Ziel, wie man sich gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung wehren kann.
Wie tief die Wurzeln des Netzwerks in die Staatsstruktur reichen, zeigt sich bei den Ermittlungen. Der Generalbundesanwalt liess in diesem Zusammenhang im August 2017 Wohnhäuser und Büros von einem Anwalt und einem Kriminalpolizisten durchsuchen. Allerdings wurde nicht die zuständige Landespolizei mit der Razzia beauftragt – die Staatsanwaltschaft misstraute ihr.
Denn: Der beschuldigte Anwalt und der Polizist sollen Teil dieses Netzwerkes sein und sich regelmässig mit einer Reihe weiterer norddeutscher Polizisten austauschen. So sollen sie sich auf Katastrophen vorbereiten, falls der Staat die Bevölkerung nicht mehr versorgen und schützen kann.
Bei einer Zusammenkunft – der besagte Kriminalpolizist war auch anwesend – unterhielten sich die Männer über konkrete Pläne. Die Rede war vom «Tag X» und der «Endlösung». Es wurde auch über eine Lagerhalle zur Internierung politischer Gegner und die Beschaffung von Bundeswehrfahrzeugen diskutiert.
Aus den Ermittlungen wurde bekannt, dass bereits Treibstoff, Nahrungsmittel und Munition in sogenannten «Safe-Häusern» gebunkert wurden. 600 Euro soll jedes Mitglied für die Beschaffungen beigetragen haben. Daneben gibt es noch Sponsoren und Unterstützer. Beispielsweise ein Mitarbeiter der Bundeswehr, der die Gruppe nach Feierabend im Eurofighter-Simulator fliegen liess.
Besonders brisant ist auch, dass Hannibal vor der Razzia gewarnt wurde. Ein Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdiensts hatte ihn darüber in Kenntnis gesetzt – also jene Person, die extremistische Bewegungen in der Bundeswehr erkennen und verhindern soll. Laut der TAZ läuft gegen den Oberstleutnant deshalb ein Verfahren.
Teil des Netzwerkes war auch Franco A., der einen fremdenfeindlichen Anschlag geplant haben soll. Er sorgte bereits 2014 mit seiner rassistischen Masterarbeit für Aufsehen. Jedoch blieb die Bundeswehr lange untätig.
Durch die Ermittlungen gegen Franco A. flog das Netzwerk erstmals auf. Unter Druck geriet auch Hannibal. Er ordnete nach Bekanntwerden des Bundeswehrskandals unverzüglich die Löschung der Chats an. Gegenüber der Staatsanwaltschaft soll er gesagt haben, dass es überall in Deutschland «Safe-Häuser» gibt – entdeckt wurde bislang keines.
Hannibal will von Rechtsextremismus nichts wissen. Es soll sich in den Chats lediglich um Planspiele gehandelt haben. «Eine gesunde Vorbereitung mache ja heutzutage jeder, der im Staatsdienst arbeitet», soll er später zu Protokoll gegeben haben. Allerdings verweigerte Hannibal die Aussage, nachdem bei seinen Eltern eine Kiste mit Übungsgranaten der Bundeswehr gefunden worden war.
Der Chef des Militärischen Abschirmdienstes, Christof Gramm, verneinte kürzlich im Bundestag die Frage, ob es in der Bundeswehr gewaltbereite Rechtsextremisten gebe. Und weiter: «Eine Vernetzung von gewaltbereiten Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer Wahrnehmung nicht statt.»
Die Untersuchungen zu Terrorermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten laufen gegenwärtig. Ob das Netzwerk und dessen Mitglieder gegen das Gesetz verstossen haben, wird sich zeigen. (vom)