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Durchzogene Bilanz nach erster Schweizer Fernbus-Woche

Fernbus Eurobus
Seit 11 Tagen die Alternative zur SBB: Der Fernbus von Eurobus.Bild: Wolfgang Wagmann/Solothurner Zeitung

Noch war kein Bus voll – durchzogene Bilanz nach erster Schweizer Fernbus-Woche

Seit etwas mehr als einer Woche rollen die ersten Schweizer Fernbusse durch die Schweiz. 7 Erkenntnisse.
21.06.2018, 11:5821.06.2018, 12:26
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Wer ein dickes Portemonnaie einer schnellen Verbindung vorzieht, der hat seit 11 Tagen eine weitere Option. Statt mit dem Zug kann er mit dem günstigeren Fernbus von Bern nach Zürich oder von Olten nach Basel fahren. 3 Linien durch die Schweiz bietet Eurobus seit dem 10. Juni an und vertreibt die Tickets mithilfe ihres deutschen Partners Flixbus.

Das neue Angebot «Swiss Express» freut nicht alle. So wird befürchtet, dass das neue Angebot den Bahnverkehr «torpediert». Eine erste Zwischenbilanz in 7 Punkten.

Wie gross ist der Ansturm?

«Die Passagierzahl steigt täglich. Aber klar hat es noch Luft nach oben», sagt Roger Müri, Leiter Fernbus bei Eurobus. Alles andere hätte ihn auch überrascht. Denn: Die Anlaufzeit sei sehr kurz gewesen und man habe noch weitgehend auf Werbung verzichtet. Die einzige Ausnahme: Das grosse Plakat bei der Zürcher Hardbrücke.

Swiss-Express Werbung
Bild: watson

Genaue Passagierzahlen nennt Eurobus keine. Was aber Müri verrät: Noch war kein Bus bis auf den letzten Platz besetzt. Und: Auf Teilstrecken war der Fahrer auch schon ganz alleine im Bus. 

Welche Strecken sind besonders beliebt?

Eurobus bietet bislang drei Strecken an. Von Genf bis St. Gallen, von Lugano bis Zürich und von Chur bis Sion. 

Eurobus Strecken
Bild: Aargauer Zeitung

Welche der Strecken bislang besonders gut ankommen, darüber schweigt sich Eurobus noch aus. Nicht gut besetzt sind aber häufig die Fahrten zu Randzeiten und an den Streckenenden.

Wer fährt mit dem Fernbus?

Besonders bei ausländischen Reisenden stösst das neue Angebot offenbar auf Anklang. «Diese sind sich das Reisen per Fernbus aus ihren Ländern gewohnt», erklärt Müri. «Es braucht noch Zeit, bis das Angebot auch in den Köpfen der Schweizer ankommt.»

In den nächsten Wochen startet Eurobus eine Marketingkampagne, um das Angebot bekannter zu machen. Teil dieser Kampagne werden auch vergünstigte Tickets sein. 

Gab es Reklamationen?

Es gab Reklamationen bevor der erste Bus über die Strasse rollte. Die Kunden regten sich darüber auf, dass es am ersten Buchungstag noch nicht möglich war, GA- oder Halbtax-Tickets zu kaufen. Das Problem ist mittlerweile gelöst.

Seit die 6 Busse durch die Schweiz rollen, scheint alles fast wie am Schnürrchen zu laufen. Weder beim Bundesamt für Verkehr, noch beim Verband öffentlicher Verkehr sind Reklamationen gegen das neue Angebot eingegangen.

Eurobus selber zieht eine positive Zwischenbilanz nach 11 Tagen. Vor allem hätten die Verspätungen sich bislang in Grenzen gehalten. Zudem: «Die meisten Rückmeldungen der Kunden sind positiv», sagt Roger Müri. «Die Passagiere sind überrascht vom Komfort im Bus und schätzen den persönlichen Kontakt mit dem Chauffeur.» 

Ist der Bus wirklich günstiger als der Zug?

Dazu vergleichen wir die Strecke Zürich – Bern (ohne Sparbillette oder Frühbuch-Rabatt):

Mit dem Zug

Preis: 51 Franken (25.50 Franken mit Halbtax)
Fahrzeit: 56 Minuten

Mit dem Fernbus

Preis: 23 Franken (11.50 Franken mit Halbtax)
Reisezeit: 1 Stunde und 40 Minuten

GA-Besitzer aufgepasst: Zwar gilt auch in den Fernbussen GA und Halbtax, doch es wird unabhängig immer eine Sitzreservierungsgebühr von 5 Franken verrechnet. Diese Sockelgebühr fällt auch bei normalen Tickets an, da in den Bussen aus Sicherheitsgründen nicht mehr Personen mitfahren dürfen, als es Sitze hat.

Ist die Kritik am Fernbus verstummt?

Nein. Zu den grössten Kritikern des neuen Angebtos gehört die Gewerkschaft des Verkehrspersonal (SEV). Sie befürchtet zwei Dinge, wie Präsident Giorgio Tuti zu watson sagt.

  • Das neue Angebot torpediert den Bahnverkehr: «Nachdem wir jahrelang ins Bahnnetz investiert haben, ist es Wahnsinn, jetzt mit dem Fernbus eine künstliche Konkurrenz aufzubauen.»
    Eurobus sagt dazu: «Wir haben derzeit 6 Busse im Einsatz, mit jeweils 50 bis 80 Sitzplätzen. Im Schweizerischen Bahnverkehr werden pro Tag über eine Million Fahrgäste transportiert. Wir sind alles andere als eine Konkurrenz. Sondern eine Alternative.»
  • Chauffeurlöhne: Dazu meint Tuti: «Die tiefen Preise von Flixbus im Ausland werden mit tiefen Chaffeurlöhnen ermöglicht. Wir wollen, dass sich ein Fernbusunternehmen an branchenübliche Löhne hält.»
    Eurobus sagt dazu: «Wir sind zu 100 Prozent ein Schweizer Unternehmen, halten uns an die Gesetze und zahlen branchenübliche Löhne. Flixbus ist nur unser Vertriebspartner.»

Was wird noch verbessert?

Spätestens auf den nächsten Fahrplanwechsel im Dezember wird Eurobus die neuen sechs Busse einsetzen und damit einen weiteren Punkt der Konzession erfüllen. Die neuen Fahrzeuge sind ausgerüstet mit einer Rampe und bieten im Innern Platz für zwei Rollstühle. Die Erfüllung des Behindertengleichstellungsgesetzes war eine der Auflage für die Konzession.

Die Routen bleiben vorerst so wie sie sind. Gemäss Eurobus sind im nächsten halben Jahr keine groben Änderungen geplant.

Bus verpasst? Scheiss Wetter? Keine Milch mehr?

Video: watson/Lya Saxer

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Falls du mal wieder das Gefühl hast, im Zug von komischen Menschen umgeben zu sein: Anderswo sieht es gaaaaanz anders aus.

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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Globidobi
21.06.2018 12:30registriert Januar 2016
Also kann man mit dem GA entweder schneller und "gratis" Zug fahren oder bezahlt 5.- für das Stehen im Stau 🤔
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Pachyderm
21.06.2018 13:10registriert Dezember 2015
Das GA zu "akzeptieren" war sicher eine gute Idee von den Busbetreibern - so kriegen sie Geld aus dem GA-Topf, während von den GA-Besitzern sicher niemand den (für sie) teureren und langsameren Bus wählen wird.
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Posersalami
21.06.2018 13:12registriert September 2016
Eine Zumutung, dass diese Stinker jetzt auch noch in die Zentren fahren müssen und da ihren Dreck in die Luft pusten.

3kg CO2 pro Platz und 100km und das noch schön gerechnet!
https://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/verkehr-co2-ausstoss-bahn-bus-umwelt-100.html

Im Vergleich zum Zug ein riesiger Rückschritt. Aber Hauptsache billig, nach mir die Sintflut.
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