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Apple, Huawei und Co – wie unsere Gadgets Fabrikarbeiter in den Tod treiben

epa07195281 Workers assemble electronic connectors at a DEREN Electronics production site in Tiegang Industrial Park, Heshan City, Guangdong Province, China, 28 November 2018. Heshan City is situated  ...
Ein junger Fabrikarbeiter in der südchinesischen Provinz Guangdong.archivBild: EPA

Wie unsere Gadgets Fabrikarbeiter in den Tod treiben (und was du tun kannst)

Weihnachtszeit, Gadget-Zeit. Mit diesen Tipps rund um den Kauf von Mobilgeräten kannst du etwas gegen die Ausbeutung in den Fabriken tun. 
10.12.2018, 09:2810.12.2018, 18:29
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«Wir geben unser Leben hin, um ein Einkommen zu erzielen.»
Chinesische Fabrikarbeiterin

Es beginnt bei uns. Unserem Hunger nach neuer Technik. Nach glänzenden Gadgets. Schnäppchen.

Hinter den Tech-Konzernen und bekannten Marken stehen die Fabriken, und die wälzen den Produktions- und Preisdruck auf die Menschen am Fliessband ab.

Ihr Job treibt sie in die Verzweiflung.

Eine von den Schweizer Hilfsorganisationen Brot für alle und Fastenopfer mitfinanzierte Studie belegt: Die gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen in chinesischen Elektronikfirmen erhöhen das Suizid-Risiko der Angestellten.

Arbeitsstress – vor allem vor den Verkaufsspitzen wie Weihnachten – sei ein wichtiger Grund.

Jenseits von Foxconn

2010 hatten zahlreiche Selbsttötungen beim chinesischen Apple-Zulieferer Foxconn für Schlagzeilen gesorgt. Die neue Studie hat nun die Zustände in weiteren Firmen untersucht. Sie zeige, dass die Arbeitsbedingungen in den Fabriken bei Suiziden eine massgebliche Rolle spielen.

  • Zu den wichtigsten Faktoren zählten Stress wegen nicht gewährten Ruhezeiten und freien Tagen, sowie
  • Konflikte und Einschüchterung durch das militärisch organisierte Überwachungspersonal.
  • Eintönige Arbeitsvorgänge ohne jegliche Änderungsperspektiven trügen zu Depressionen bei.
  • Ungenügende oder nicht ausbezahlte Löhne verschärften den psychischen Druck.
Lass dir helfen!
Du glaubst, du kannst eine persönliche Krise nicht selbst bewältigen? Das musst du auch nicht. Lass dir helfen. In der Schweiz gibt es zahlreiche Stellen, die rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen da sind – vertraulich und kostenlos.
Die Dargebotene Hand:
Telefon 143, www.143.ch
Beratung + Hilfe 147 für Jugendliche:
Telefon 147, www.147.ch
Reden kann retten:
www.reden-kann-retten.ch

Was du tun kannst

Vor dem Kauf:

  • Muss es wirklich schon ein Neues sein? Bisherige Geräte sollte man so lang wie möglich verwenden.
  • Alte Geräte kann man reparieren, bei einem Spezialisten, oder gleich selbst – im Internet gibt's gute Anleitungen. Eine erste Anlaufstelle ist zum Beispiel apfelkiste.ch.
  • Für den Kaufentscheid gilt es unabhängige Ratings zu Rate, zu ziehen, in denen nicht nur technische Spezifikationen, sondern auch Arbeitsbedingungen und Umweltfolgen berücksichtigt werden. Zum Beispiel buyaware.org.
Auf der BuyAware-Website kann man Produkte nach verschiedenen Kriterien sortieren.
Auf der BuyAware-Website kann man Produkte nach verschiedenen Kriterien sortieren.screenshot: buyaware.org

Von 2017 stammt das IT-Firmenrating von Brot für alle und Fastenopfer. Die Bewertungen, die vor allem auf Herstellerangaben basieren, hat watson in der folgenden Bildstrecke zusammengefasst:

Fair produzierte Handys und Laptops – von Apple bis Huawei

1 / 19
Fair produzierte Handys und Laptops – von Apple bis Huawei
Wie verhalten sich die zehn Firmen mit dem grössten Schweizer Marktanteil
an mobilen Geräten und Computern – Acer, Apple, Asus, Dell, HP, HTC,
Huawei, Lenovo, Samsung, Sony – bezüglich Arbeitsrechten, Konfliktmineralien
und Umwelt?
quelle: epa/epa / roman pilipey
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Beim Kauf:

  • Alte Geräte kann man bequem über eine spezialisierte Online-Plattform verkaufen, und auch Secondhand-Geräte bzw. Occasionen kaufen, zum Beispiel bei revendo.ch.
  • Marken mit Fairness-Anspruch haben eine Chance verdient, wie zum Beispiel Fairphone, oder das Shiftphone. Allerdings sollte man auf die Lieferfristen achten.
  • Marken und Modelle mit austauschbaren Einzelteilen lohnen sich (siehe oben). Leider folgen die grossen Hersteller dem von den Branchenleadern vorgegebenen Trend zu schwer ersetzbaren Komponenten. Eine gute Einschätzung zur Reparierbarkeit eines Modells bietet iFixit.com.

Nach dem Kauf:

  • Alte Geräte kann man privat verschenken oder spenden, so dass der Erlös einem guten Zweck zukommt. Ein Beispiel ist Swisscom Mobile Aid, das SOS-Kinderdörfer unterstützt.
  • Defekte Geräte bringt man zurück ins Verkaufsgeschäft oder zum Hersteller, zur fachgerechten Entsorgung. Ziel sollte das Recycling aller wertvollen Bestandteile sein.
  • Bist du stimmberechtigt? Dann nutze die demokratischen Rechte, engagiere dich politisch, mit Wählen, Stimmen, Starten von Initiativen. Die Rahmenbedingungen für faire Produktion und fairen Handel gilt es zu verbessern.

Was tun die Hilfsorganisationen?

Für die aktuelle Studie wurden 167 in Internetforen publik gewordene Selbstmordfälle untersucht, wie aus der Medienmitteilung von Brot für alle und Fastenopfer hervorgeht. «Darauf folgten Umfragen in 44 Firmen und Interviews mit 252 Angestellten in vier ausgewählten Fabriken.»

Die Namen der Firmen werden bewusst nicht genannt, denn die Studien-Autoren hätten mit dem Einverständnis der Hilfsorganisationen entschieden, im Interesse der Arbeitnehmenden konkret zu handeln. «Sie schlagen dem einflussreichen internationalen Branchenverband Responsible Business Alliance (RBA) vor, eine gemeinsame Taskforce zu bilden, um die Missstände anzugehen und so die Arbeitsbedingungen für die betroffenen Menschen direkt zu verbessern.»

Studie: The Link Between Employment Conditions and Suicide – A Study of the Electronics Sector in China (Oktober 2018, PDF)

Bild

«Welcome to Sodom» – dein altes Handy ist bereits hier

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«Welcome to Sodom» – dein altes Handy ist bereits hier
«Sodom» nennt man den Teil der ghanaischen Hauptstadt Accra, den nur jene betreten, die unbedingt müssen. Bis vor wenigen Jahren war es noch ein Naturparadies ...
quelle: zvg / camino-film.com
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Video: srf
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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
10.12.2018 10:10registriert Juli 2014
Dieses Beispiel zeigt, was uns in der Arbeitswelt erwartet, wenn wir Freihandelsabkommen eingehen, bei welchen unsere arbeitsrechtlichen Standards nicht verteidigt werden. Produkte aus China, die unter menschenverachtenden Bedingungen produziert werden, dominieren immer mehr den Markt auch bei uns, und so werden unsere Wirtschaftbosse Schritt für Schritt versuchen, die Bedingungen an China anzupassen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wir brauchen dringend Mehrheiten in der Politik, die sich für soziale und ökologische Anliegen stark machen.
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Scaros_2
10.12.2018 10:14registriert Juni 2015
Danke für dem Bericht. Persönlich habe ich aufgegeben das wir Menschen humaner werden in der westlichen Welt. Unsere Gier ist und bleibt das Leid anderer. Nur so funktioniert das System. In dem wir ausbeuten erhalten wir uns.
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Schnäderi
10.12.2018 10:27registriert Dezember 2017
Mir ist nicht so klar geworden, wie ein längeres Verwenden eines Gerätes einen Einfluss auf die Suizidrate der Arbeiter hat. Weil die Arbeiter dann weniger Arbeit haben???
Das bringt mich, nicht zum ersten Mal, zur Frage, wer bei Watson eigentlich die Headline textet...
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