Sparübungen zulasten der Schüler wecken Unmut in der Deutschschweiz

Sparübungen zulasten der Schüler wecken Unmut in der Deutschschweiz

05.04.2017, 07:52

Schülerorganisationen rufen heute in verschiedenen Schweizer Städten zu Protestkundgebungen auf. Unmut wecken bei ihnen geplante Sparübungen bei der Bildung. Die Situation gestaltet sich vor allem in der Deutschschweiz schwierig.

Von 2013 bis 2018 haben die Kantone über eine Milliarde Franken auf dem Buckel von Auszubildenden eingespart. Diese von «Le Matin Dimanche» im Januar publizierte Schätzung kommt vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) und von Nationalrat Mathias Reynard (SP/VS).

Selbst diese Zahl spiegle nicht die ganze Wahrheit wider, sagt der Unterwalliser Politiker. Einsparungen der Gemeinden bei Schuleinrichtungen seien darin nicht enthalten. Ausserdem klammere die 2015 durchgeführte Umfrage seither durchgeführte Sparmassnahmen aus.

Umstrittene «Zwangsferien»

Konkret geht es um kürzlich beschlossene Lohnkürzungen beim Lehrpersonal, die Aufstockung der Schülerzahlen, Schliessungen von ganzen Klassen oder die Reduzierung von Unterrichtsstunden. In den Schlagzeilen stand beispielsweise Luzern. Dort wurden Schülerinnen und Schüler im vergangenen Jahr eine Woche in «Zwangsferien» geschickt, um 4 Millionen Franken an Lehrerlöhnen einzusparen. Als Vorbild diente eine ähnliche Massnahme im Kanton Schülerinnen und Schüler im vergangenen Jahr eine Woche in «Zwangsferien» geschickt, um 4 Millionen Franken an Lehrerlöhnen einzusparen. Als Vorbild diente eine ähnliche Massnahme im Kanton St. Gallen im Jahr 2013.

«Am Ende sind es vor allem die Kinder, die den Preis bezahlen», sagt LCH-Zentralsekretärin Franziska Peterhans. Die Sparvorhaben tangierten alle Stufen, von der obligatorischen Schule über die höhere Berufsbildung bis hin zu den Hochschulen, beklagt der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS), welcher die Schülerproteste vom Mittwoch unterstützt. Der Widerstand hat sich bereits im März in Bern und Zürich sowie im November im Aargau und in Neuenburg manifestiert.

Lehrerverband schlägt Alarm

«Es kann nicht sein, dass Politiker bei jeder Gelegenheit betonen, dass die Bildung die einzige Ressource der Schweiz sei, bei der Budgetdebatte dann aber ohne mit der Wimper zu zucken im Bildungswesen die Klinge ansetzen», sagt VSS-Co-Präsident Josef Stocker.

«Das geht an die Substanz der Schweiz», kritisierte auch LCH-Präsident Beat Zemp vergangenen Januar in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». Der Wohlstand sei nicht auf ewige Zeiten gesichert. «Wir müssen Sorge zu unserem Bildungswesen tragen.»

Dem Lehrerverband sind vor allem die Sparrunden in den Kantonen Bern, Luzern, Aargau und Basel-Landschaft ein Dorn im Auge. Doch auch in Kantonen wie Solothurn, Freiburg, Schaffhausen und Zürich gebe es einschneidende Massnahmen.

Ruhigere Romandie

Weniger angespannt ist die Situation in der Romandie. Dort seien in den vergangenen Jahren bereits mehrere Sparmassnahmen umgesetzt worden, sagt Samuel Rohrbach vom Westschweizer Lehrerverband SER. Als Beispiele nennt er die Lohnkürzungen für Staatsangestellte in den Jahren 2014-2016 in Freiburg, die Kürzungen beim Sprachenunterricht im Wallis oder die Klassenschliessungen im Kanton Jura.

Nur in Neuenburg entlud sich im vergangenen November der Frust erneut. Dort angestellte Lehrerinnen und Lehrer gehören gemäss dem Verband des Personals öffentlicher Dienste (vpod) zu den am schlechtesten bezahlten in der Schweiz. Aus Protest legte ungefähr ein Viertel von ihnen die Arbeit nieder.

Es dürfte nicht die letzte Demonstration zum Thema gewesen sein. Die Zukunft sieht wenig rosig aus. Die Neuenburger Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur achten HarmoS-Klasse werden ab Sommer eine Lektion weniger Allgemeinbildung haben. Die Einsparung einer Schulstunde ist Folge des 100-Millionen-Franken-Sparprogramms des Kantons Neuenburg, das trotz der Proteste umgesetzt wird. (sda)

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