Allianz fordert Umweltabgabe auf Flugtickets und Kerosinsteuer

Allianz fordert Umweltabgabe auf Flugtickets und Kerosinsteuer

09.04.2018, 17:56

Nachtzug statt Billigflieger: Will die Schweiz die Klimaziele von Paris erreichen, muss sie Flugticketabgaben und Kerosinsteuern erheben und klimafreundliche Transportmittel wie Nachtzüge fördern. Dies verlangen Umweltschützer. Die Fluggesellschaften sind skeptisch.

Die Klimaschützer formulierten ihre Forderungen in einem offenen Brief an Verkehrsministerin Doris Leuthard, der am Montag überreicht wurde. Verfasst wurde er von der Koalition Luftverkehr, Umwelt und Gesundheit (Klug) und vom Verein umverkehR, mitunterzeichnet haben ihn über hundert Umwelt- und Verkehrsorganisationen sowie die SP, die Juso und die Grüne Partei.

Schweizerinnen und Schweizer sind laut den Unterzeichnenden doppelt so viel mit dem Flugzeug unterwegs wie die Einwohner der Nachbarländer. Dabei haben über 80 Prozent der Flüge aus der Schweiz einen Zielort innerhalb von Europa. Hier bestehe ein grosses Einsparpotenzial, heisst es im Brief.

Eine klimafreundliche Alternative zum Flugzeug wären laut den Umweltschützern für Strecken bis zu 1500 Kilometer - etwa die Strecke von Berlin nach Rom - Nachtzüge. Doch diese leiden unter den Spottpreisen für Flugreisen. Weil sich der Betrieb von Nachtzügen immer weniger rentiert, ist das Angebot in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden.

18 Prozent des Klimaeffekts

Die Umwelt-Allianz ruft in Erinnerung, dass die Vielfliegerei verheerende Auswirkungen auf das Klima hat. Der Luftverkehr sei in der Schweiz bereits für über 18 Prozent des menschengemachten Klimaeffekts verantwortlich - Tendenz steigend.

Wolle die Schweiz dem entgegenwirken, wozu sie sich durch die Unterzeichnung des Klimaabkommens von Paris auch verpflichtet habe, müsse sie auch bei den Luftverkehrsemissionen ansetzen. Fliegen müsse teurer werden, das Zugfahren attraktiver gemacht werden.

Konkret fordert die Allianz deshalb, dass die Schweiz eine Flugticketabgabe erhebt, damit sich künftig die Umweltkosten des Flugverkehrs im Preis von Flugtickets widerspiegeln. Zudem soll sie sich für eine Kerosinsteuer einsetzen. Gleichzeitig soll die Verkehrsverlagerung zum nachhaltigeren Schienenverkehr stärker gefördert werden.

Umwegverkehr befürchtet

Swiss-Mediensprecherin Karin Müller zeigte sich in der Mittagssendung «Rendez-Vous» von Radio SRF skeptisch. «Die Passagiere werden nachher versuchen, diese Abgabe zu umgehen, und werden Umwegverkehr in Anspruch nehmen», gab sie zu bedenken.

Die Kunden würden über andere Destinationen fliegen, wenn dort die Preise günstiger seien. «Da ist es ganz klar, dass nationale Gebühren einen Nachteil ergeben.»

Boden bereiten

Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP/ZH), die Co-Präsidentin von Klug, lässt sich durch dieses Argument nicht entmutigen. Die umliegenden Länder würden bereits alle eine Klimaabgabe auf die Flüge erheben - nur die Schweiz nicht.

Deshalb müsse jetzt im Parlament das Terrain vorbereitet werden. Die Revision des CO2-Gesetzes sei dafür ein idealer Rahmen. «Gute Ideen brauchen immer Zeit».

Auf eine konkrete Höhe der Abgabe will sich Seiler Graf zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen. Klar sei jedoch, dass zur Erreichung eines Umsteigeeffekts eine Klimaabgabe auf Kurzstreckenflügen zielführender sei als eine Abgabe auf langen Strecken.

«Wir bekämpfen nicht die Fliegerei an sich, sondern deren klimaschädliche Auswüchse», hält die Nationalrätin fest. Wenn ein Billigflug beispielsweise 40 Franken koste, könne eine Abgabe von 20 Franken jemanden zum Umdenken bringen.

Beispiel deutsche Nachtzüge

Ein Umdenken zu bewirken, werde «sicher nicht einfach», sagte Daniel Costantino, Kampagnenleiter von umverkehR, auf Anfrage. Dafür müsse auch das Angebot der Nachtzuglinien besser werden. Er ist dennoch zuversichtlich - auch dank eines positiven Beispiels aus der jüngsten Vergangenheit.

Die Deutsche Bahn (DB) kündigte an, per Ende 2016 sämtliche Nachtzuglinien aus ihrem Angebot zu streichen. Begründet wurde der Schritt mit der mangelnden Rentabilität dieser Züge. In die Bresche sprangen daraufhin die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und übernahmen fast die Hälfte des Angebots der Deutschen Bahn. Dies stimme positiv, sagte Costantino. (sda)

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