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Das sind die Arbeitsmodelle der Zukunft: Fringe Benefits, mobile Arbeitsplätze

Früher Feierabend oder mehr Ferien? Nahe Zukunftsmusik in der Arbeitswelt.
Früher Feierabend oder mehr Ferien? Nahe Zukunftsmusik in der Arbeitswelt.bild: piktochart/watson

Kein Chef, unbegrenzte Ferientage – das sind die Arbeitsmodelle der Zukunft

Ein Job ohne Chef, ohne fixen Arbeitsplatz und mit unbegrenzten Ferientagen. Das ist in einigen Unternehmen bereits Realität, wie die folgenden 5 Beispiele zeigen. 
29.10.2017, 12:2229.10.2017, 17:54
Helene Obrist
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Ciao Chef👋

Boss
Dieses Bild wird sich womöglich bald nicht mehr bieten: Hierarchien haben ausgedient.Bild: Shutterstock

In zehn Jahren soll die Hälfte der Swisscom-Angestellten ohne Chefs arbeiten. Heute sind es bereits 1500 der 18’000 Mitarbeitenden, wie BLICK berichtete.

Die Swisscom ist nicht alleine. In Zeiten der Digitalisierung lösen sich klassische Arbeitsstrukturen immer mehr auf und es kommen neue Organisationsformen auf. Genannt werden sie «Soziokratie» oder «Holokratie». In diesen Systemen gibt es keine fixen Hierarchien. Alle Teammitglieder sind gleichberechtigt. Führungsaufgaben wie Meetings leiten oder neues Personal rekrutieren, werden auf verschiedene Mitarbeiter verteilt.

Gleicher Lohn für alle

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In einigen Unternehmen schon Realität: Gleicher Lohn für alle. bild: shutterstock

In gewissen Firmen wird nicht nur der Chef abgeschafft: Das St.Galler Start-Up «Advertima» ging noch einen Schritt weiter. Seit 2016 zahlt sie allen Mitarbeitenden exakt den gleichen Lohn, wie Mitgründer Imam Nahvi gegenüber 20 Minuten sagte. Weil Advertima nur Spezialisten beschäftigt und alle gleich viel Verantwortung übernehmen müssen, hielt Nahvi das klassische Lohnsystem für veraltet.

Experten sind jedoch skeptisch. Denn meist haben Angestellte unterschiedliche Ausbildungen absolviert und einen anderen Erfahrungsschatz. Das führt zu Konflikten. Nahvi sieht das weniger skeptisch: «Dass die Löhne für alle gleich sind, hat auch den Nebeneffekt, dass das ganze Team zu einer Einheit wurde. Man ist füreinander da und die Leute sind mit mehr Freude bei der Arbeit.»

Die 25-Stunden-Woche

Work life Büro Computerarbeit Arbeitsplatz (Bild: shutterstock)
Nach fünf Stunden pro Tag Feierabend: Wird der Traum bald Wirklichkeit?bild: shutterstock

In der US-Firma von Stephan Aarstol wird pro Tag nur 5 Stunden gearbeitet. Um 13 Uhr ist Schluss. Lohn erhalten die Mitarbeiter von Tower, einem Paddleboard-Hersteller, den gleichen wie zuvor. Aarstol glaubt an das Konzept, denn ihm zufolge arbeiten Menschen sowieso nur zwei oder drei Stunden pro Tag wirklich effektiv.

Auch Tamara Funiciello, Präsidentin der Jungsozialisten, glaubt an die 25-Stunden-Woche. Bereits 2016 propagierte Fumicello die Idee. Wegen der Digitalisierung und Robotisierung brauche es in Zukunft neue Lösungen, erklärte die Bernerin der Zeitung Le Matin Dimanche.

Unbegrenzte Ferientage

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So viele Ferien wie man will: Advanon machts möglich.Bild: shutterstock

Der Streaming-Dienst Netflix und die Unternehmensgruppe Virgin tun es schon lange. Sie gewähren ihren Mitarbeitern so viele Ferien, wie sie wollen. Matthias Mölleney, Direktor des Future Work Forum in London findet das Konzept sinnvoll, wie er gegenüber der Handelszeitung sagt. «Die Leistung und ihre Messung werden über inhaltliche Zielvereinbarungen geregelt, bei denen die Anwesenheit keine Rolle mehr spielt. In einem solchen Umfeld liegt es dann tatsächlich in der Verantwortung der Arbeitskräfte, die Länge ihrer Ferien zu definieren».

Noch läuft das Konzept aber noch nicht rund. So musste die Crowdfunding-Plattform Kickstarter den unlimitierten Urlaub wieder aus dem Programm streichen. Grund dafür: Die Angestellten haben nicht mehr, sondern weniger frei genommen. Offenbar herrschte Verwirrung darüber, wie viele Ferientage angemessen und sinnvoll sind.  

Gratis Wäscheservice und Steuerberatung

Waschmaschine (Shutterstock)
Wer keine Zeit hat, die Wäsche zu machen, kann es auch einfach dem Arbeitgeber verrechnen. bild: shutterstock

Fringe Benefits oder auf Deutsch «unentgeltliche Zusatzleistungen des Arbeitgebers» sind beliebt. Denn wer sich heute als attraktives Unternehmen im Wettbewerb abheben will, muss mit mehr locken als nur einem guten Gehalt. Besonders in grossen Techfirmen und Start-Ups können sich Mitarbeiter über viele zusätzliche Leistungen freuen.

So zum Beispiel im Fintech Unternehmen Advanon, mit Sitz in Zürich. Angestellte erhalten gratis Steuerberater und Wäscheservice. Laut Phil Lojacono, CEO und Gründer von Advanon, sollen sich die Mitarbeiter um nichts Lästiges mehr kümmern müssen.

Die Tech-Giganten Apple und Google gingen noch einen Schritt weiter: Vor zwei Jahren erklärten sie, dass sie zukünftig ihren weiblichen Angestellten das sogenannte «Social Freezing», das Einfrieren von Eizellen, bezahlen würden. So wären Frauen nicht länger gezwungen, sich zwischen Kindern oder Karriere entscheiden zu müssen.

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fabsli
29.10.2017 14:03registriert November 2016
Das mit den unbegrenzten Ferientagen kann schon heikel sein. Workoholiker nehmen dann nie und die "Faulen" öfters Ferien. Knatsch vorprogrammiert.
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Züribueb
29.10.2017 13:26registriert Dezember 2016
Das System ohne Chef mag vielleicht bei Unternehmen wie Swisscom funktionieren, da kann ich nicht mitreden. Was ich aber klar der Meinung bin ist, dass viele Berufe auch in Zukunft sicher nicht ohne Hierarchie auskommen können, da man nicht die selben Mittel hat, was digitale Kontrolle angeht. Beispielsweise Handwerk. Am Ende sind wir alles Menschen. Und wenn wir keine Leitplanken von irgendwo erhalten, machen wir, wie es uns am einfachsten geht. Ich spreche aus Erfahrung, da wir das bei uns im Betrieb versucht haben. Ohne jemanden, welcher die Verantwortung trägt, funktioniert es nicht.
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Zeit_Genosse
29.10.2017 14:28registriert Februar 2014
Es gibt Experimente und einige Vorzeigefirmen, die man ins Feld führen kann. Nicht alle Menschen möchten völlig frei und losgelöst arbeiten. Die meist aus erfolgreichen Start-Ups oder HighTechfirmen in hohem Wachstum celebrierten Formen täuschen darüber hinweg, dass sie nich besonders effizient sind, dafür Talente anlocken, die das ausgleichen sollen. Will heissen, das das nur mit schnellem und starken Wachstum erkauft werden muss und die marktfähige Leistung grosser Nachfrage unterliegt, sowie in geeigneten Tätigkeitsfeldern umsetzbar ist. Übrigens wünschen sich viele einen guten Chef.
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