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Pessimismus macht sich in Klotens Entourage breit und auf der Gegenseite wächst die Zuversicht: Der SC Langenthal führt nach einem 3:2 im dritten Spiel im Viertelfinale nach Siegen 2:1.
WHAT A GAME! 2:1 in der Serie!👏🏻 Der#SCL gewinnt Spiel 3 gegen den @EHC_Kloten_1934 mit 3:2, Torschützen sind Dünner, Küng und Gerber! #thetimeisnow #gäubblauiliebi💛💙 pic.twitter.com/1OQavWw3TQ
— SC Langenthal (@seit1946) February 27, 2019
Doch die Zuversicht könnte sich als Irrtum herausstellen. Der EHC Kloten mahnt ein wenig an die ZSC Lions. So gross das Potenzial, so klein die Resultate. So wie die ZSC Lions als Meister längst für die Playoffs qualifiziert sein müssten, so sollten die Absteiger aus Kloten mit ihrem Talent und ihrer Erfahrung eigentlich dieses Viertelfinale gegen Langenthal leichtfüssig gewinnen.
Warum tun sie das nicht? Warum mündete die Dynamik aus dem Sieg im ersten Spiel in Langenthal (3:2 n.V) nun in zwei Niederlagen (0:3 auf eigenem Eis, 2:3 in Langenthal)?
Da ist einmal viel Pech. Torhüter Joren van Pottelberghe hat sich im Laufe des zweiten Spiels eine Blessur zugezogen und fehlte gestern. Keine Frage: Mit ihm hätte Kloten die Partie gewonnen. Sein tapferer Ersatz Tim Guggisberg (eine Leihgabe von Winterthur) findet zwar im Laufe des Spiels seine Sicherheit. Aber das ist zu spät. Es war so, wie wenn die Stalltüre erst verriegelt wird, wenn die Pferde schon davongaloppiert sind. Die zwei ersten Gegentreffer (zum 0:2) hätte er verhindern können.
Dramatische Umstände schwächten auch die Offensive. Der finnische Flügel Lauri Tukonen muss wegen einer Magen-Darm-Grippe nach dem ersten Drittel die Bühne verlassen.
Die Hockeygötter offerieren Jack Combs auf dem Silbertablett die Chance, ein Held zu werden. Powerplay Kloten. In den letzten Sekunden der Partie kommt der hüftsteife Amerikaner frei vor dem Langenthaler Tor zum Schuss. Er muss nur noch draufhauen. Aber er verzögert die Schussabgabe. Als habe er alle Zeit der Welt. Aber er hat keine Zeit. Die Schlusssirene und nicht ein Gegenspieler fährt dazwischen und beendet den Abschlussversuch. Es bleibt beim 2:3.
Der neutrale Beobachter hat wieder einmal Mühe, die Hockeywelt zu verstehen. Nach dem wilden Spektakel am Sonntag in Kloten (Langenthal gewann 3:0) sind beide Mannschaften bemüht, etwas mehr Ordnung ins taktische Fadenkörbli zu bringen. Und siehe da: Auf einmal sehen wir wieder den Glanz der Klotener Hockeykultur. Ein offensives Sausen und Brausen, schnelle Pässe, hochkarätige Chancen. So wie damals, als der legendäre Wladimir Jursinow mit dem Motto «Beine! Beine! Beine!» Tempo forderte.
Das Spiel der Zürcher ist ein helles, aber flackerndes Licht. Immer wieder verebbt die Herrlichkeit draussen in den Ecken oder in einer Soloaktion oder sie wird von Langenthals starkem Torhüter Philip Wüthrich beendet.
Die Klotener mahnen an die ZSC Lions: Auch sie laufen, leiden und sind mit Fleiss und Wille bei der Sache. Auch für sie wäre es eine grobe Ungerechtigkeit, sie der Faulheit zu bezichtigen. Aber wie den ZSC Lions fehlt auch ihnen die ruhige Selbstsicherheit und die Ordnung im Spiel.
Ja, es gibt sie noch, die grosse Klotener Hockeykultur. So wie es in lichten Momenten (wie etwa beim kürzlichen 5:0 gegen Lugano) auch die grossen ZSC Lions noch gibt. Innert 56 Sekunden verkürzen Jeffrey Füglister und Fabian Ganz, der beste Stürmer und der beste Verteidiger, im Schlussdrittel auf 3:2.
Es bleibt mehr als eine Viertelstunde Zeit, um die Partie noch zu «kehren». Aber das Vorhaben gelingt trotz klarer Dominanz, Fleiss und Wille nicht mehr. Die Langenthaler taumeln über die Ziellinie und sichern den zweiten Sieg in dieser Serie.
Würde diese Partie zehnmal wiederholt, dann hiesse der Sieger wahrscheinlich siebenmal Kloten. Die Mannschaft ist über vier Linien besser besetzt.
In der Startaufstellung steht zum Beispiel mit Thibaut Monnet sogar in der vierten Linie ein ehemaliger NLA-Topskorer, WM-Silberheld und mehrfacher Schweizer Meister. Die Klotener haben die Beine, die Hände, die Erfahrung, den Willen und die Leidenschaft um schneller, präziser und schlauer zu spielen als jedes andere Team der Liga. So wie die ZSC Lions in der höchsten Liga.
Aber es ist wie bei den ZSC Lions. Es gelingt nicht, das Potenzial umzusetzen. «Having the tools, but not the toolbox» sagten die Nordamerikaner. Und wie bei den ZSC Lions sind die Positionen der Ausländer zu wenig gut besetzt. Drei Playoffpartien und null Skorerpunkte vom ausländischen Personal. Bei Langenthal sind die beiden Ausländer an sechs der acht Treffer dieser Serie beteiligt. Den besten ZSC-Ausländer finden wir in der NL-Skorerliste auf Position 39.
Aber auch Langenthal hat Sorgen. Leitwolf Stefan Tschannen hat sich in der zweiten Partie in Kloten eine starke Muskelprellung («Charley Horse») am rechten Oberschenkel zugezogen und konnte zum dritten Spiel nicht antreten. Ein Einsatz am Freitag in Kloten ist fraglich. Am Sonntag sollte er wieder dabei sein.
Stefan Tschannen ist wichtig. Auf dem Eis und in der Kabine. Wenn der Captain lahmt, hinkt Langenthals Spiel.
Der Hockeyverstand, der sich an Statistiken und Namen orientiert, sagt: Die ZSC Lions können die Playoffs nach wie vor erreichen und den Titel verteidigen. Zumindest theoretisch.
Der Hockeyverstand sagt auch: Der EHC Kloten, dieser «kleine ZSC», kann die Swiss League nach wie vor gewinnen und aufsteigen. Zumindest theoretisch.
Es kann einfach nicht sein, dass die ZSC Lions die Playoffs verpassen und in Kloten schon nach dem Viertelfinale die Playoff-Lichter gelöscht werden. Dann müssten wir ja mit Bertolt Brecht sagen: «Stell dir vor, es gibt Playoffs, und kein Zürcher geht hin.»
Einen ganz grossen Unterschied zwischen dem EHC Kloten und den ZSC Lions gibt es doch: Im Hallenstadion steht ein grosser Trainer an der Bande. Der charismatische sechsfache Meister Arno Del Curto. Sein Temperament ist legendär. Im Schluefweg ein kleiner Trainer. Der freundliche letztjährige Absteiger André Rötheli. Seine unerschütterliche Coolness ist legendär.
Die ZSC Lions haben den Trainer kürzlich gewechselt. Die Klotener wollen ihn auch nach der Saison nicht wechseln. Komme was wolle.
Ein vorwitziger Chronist hat in Langenthal Klotens tüchtigem Sportchef Felix Hollenstein die Trainerfrage gestellt. Diese unerhörte Respektlosigkeit musste halt sein. Das ist die Unverschämtheit der modernen Medienwelt.
Was war die Antwort? Dreimal darfst du raten.
Richtig: «Der Trainer ist kein Thema.»
Sollten die Klotener in diesem Viertelfinale scheitern, so wird sich ein vorwitziger Chronist finden, der Felix Hollenstein die Trainerfrage noch einmal stellen wird.
Und hier noch eine verwegene Spekulation: sollten Arno Del Curto mit den ZSC Lions und André Rötheli mit Kloten scheitern, dann, ja dann müsste Felix Hollenstein eigentlich als neuen Trainer Arno Del Curto verpflichten.
Eine gutgemeinte Spekulation, damit die Zürcher ab nächster Woche weiterhin ein Hockey-Gesprächsthema hätten, falls in Zürich und Kloten kein Playoff-Hockey mehr gespielt und das grosse, wahre Hockey vor allem im Bernbiet auf den drei grossen Playoff-Bühnen in Bern, Biel und Langnau aufgeführt würde.