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Brexit-Handelspakt: Immer noch grosser Streit um den Fisch

epaselect epa08872661 A staff carries a bag at the Glasgow Fish Market at Blochairn, Glasgow, Scotland, Britain, 09 December 2020. Fishing rights is one of the key issues still to be settled in a post ...
Ein Mitarbeiter am Glasgow Fish Market bei der Arbeit. Wichtigste Streitpunkte beim Brexit-Handelspakt sind nach wie vor die Themen faire Wettbewerbsbedingungen und der Zugang europäischer Fischer zu britischen Gewässern. Bild: keystone

Brexit-Handelspakt: Immer noch grosser Streit um den Fisch

17.12.2020, 21:21
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Im Streit über einen Brexit-Handelspakt sehen London und Brüssel trotz Fortschritten noch grosse Differenzen. Vor allem in London werden die Chancen für einen Deal nicht als gut bewertet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte nach einem Telefonat mit dem britischen Premier Boris Johnson am Donnerstagabend mit, es gebe vor allem beim Thema Fischfang noch Differenzen. «Sie zu überbrücken, wird sehr herausfordernd.» Der britische Premier warnte, die Gespräche seien in einer «ernsten Lage». Die Zeit sei knapp und es sei sehr wahrscheinlich, dass keine Einigung erreicht werde, sollte die EU ihre Position nicht «substanziell ändern».

Dabei macht das Europaparlament Druck. Nur wenn der Vertrag bis Sonntag fertig sei, könne man ihn noch in diesem Jahr ratifizieren, erklärte die Parlamentsspitze.

Die Verhandlungen sollen am Freitag fortgesetzt werden, erklärte von der Leyen. Bereits am Donnerstagmorgen hatte EU-Unterhändler Michel Barnier von «guten Fortschritten», aber auch von «letzten Stolpersteinen» gesprochen. Ein britischer Regierungssprecher meinte hingegen: «Wir haben ein wenig Fortschritt auf einigen Feldern gemacht, aber es gibt noch erhebliche Differenzen bei Schlüsselthemen.»

Ohne Vertrag drohen Zölle und andere Handelshemmnisse, die die Wirtschaft bremsen. Wichtigste Streitpunkte sind nach wie vor die Themen faire Wettbewerbsbedingungen und der Zugang europäischer Fischer zu britischen Gewässern.

Der britische Staatsminister Michael Gove betonte am Donnerstagnachmittag, man werde trotz der knappen Zeit «alles tun, um ein gutes Freihandelsabkommen im Interesse des gesamten Vereinigten Königreichs zu sichern». Die Chancen dafür stünden derzeit jedoch bei weniger als 50 Prozent.

Dass die Verhandlungen nach einem Scheitern im neuen Jahr wieder aufgenommen werden könnten, schloss Gove aus. Er sprach aber von der Möglichkeit, bis nach Weihnachten weiter zu verhandeln. In dem Fall könnte ein mögliches Abkommen zunächst ohne Ratifizierung durch das EU-Parlament vorläufig angewendet werden. Das Europaparlament lehnt dies ab.

Das britische Unterhaus tagte am Donnerstag ein letztes Mal vor der Weihnachtspause. Die Regierung hat jedoch angekündigt, die Abgeordneten zurückzubeordern, sollte ein Deal zustande kommen. Man sei zuversichtlich, dass die Zeit ausreichen werde, um die notwendige Gesetzgebung durchs Parlament zu bringen, sagte Johnsons Sprecher.

Sitzungen an Weihnachten oder anderen Feiertagen über den Jahreswechsel kämen nicht in Frage und eine ausserordentliche Sitzung müsse 48 Stunden im Voraus angekündigt werden. Damit bleiben nur noch wenige Tage für die Ratifizierung übrig, entweder unmittelbar vor Weihnachten oder kurz vor Silvester.

Nur zwei Wochen vor Ende der Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember verhandelt die Europäische Union immer noch mit Grossbritannien über ein Anschlussabkommen. Sollte es zustande kommen, müsste es noch vor Jahresende ratifiziert werden. Zahlreiche frühere Fristen für einen Verhandlungsabschluss wurden bereits gerissen.

Einig sind sich beide Seiten hingegen inzwischen über die Umsetzung des bereits gültigen EU-Austrittsvertrags. Dieser bringt nach Ablauf der Übergangsfrist etliche Neuerungen. «Es ist uns gelungen, für alles umsetzbare Lösungen zu finden», sagte EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic nach letzten Beratungen mit Staatsminister Gove.

Das Abkommen regelt unter anderem im sogenannten Nordirland-Protokoll die Einzelheiten, wie künftig eine harte Grenze zum EU-Staat Irland vermieden werden soll. Grossbritannien hatte zeitweise versucht, Klauseln des Vertrags mit einem eigenen Gesetz zu unterlaufen. Dies hat London inzwischen aufgegeben. (sda/dpa)

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