Die Anhörung von Michael Cohen sorgt in den Staaten weiterhin für viel Gesprächsstoff.
Stundenlang musste sich der ehemalige Anwalt von Donald Trump den Fragen von demokratischen und republikanischen Kongress-Abgeordneten stellen. Diese waren nicht immer gleich interessant, manchmal ging es den Politikern wohl eher darum, sich selber zu profilieren, als neue Erkenntnisse über Trumps Geschäftspraktiken zu erlangen. Kein Wunder, klebte doch die halbe USA vor den Bildschirmen.
Eine, welche wohl das Maximum aus ihrer Redezeit herausholte, war Alexandria Ocasio-Cortez. Dazu brauchte der Polit-Shootingstar der Demokraten nicht einmal die vollen fünf Minuten, die ihr eigentlich zur Verfügung gestanden hätten.
Es war bereits kurz vor 17 Uhr, als die 29-jährige New Yorkerin das Wort ergriff. Also rund sieben Stunden nach Beginn der Anhörung. Doch die junge Politikerin schaffte es mit messerscharfen Fragen nochmals Spannung in die Anhörung zu bringen.
Die Demokratin wollte von Michael Cohen genaueres über Trumps Steuer- und Versicherungstricks erfahren.
Ocasio-Cortez: «Hat Trump gegenüber Versicherungen jemals aufgeblasene Vermögenswerte angegeben?»
Cohen: «Ja.»
Darauf brachte sie die Namen in Erfahrung, die von diesen Praktiken wussten. Etwa jenen von Allen Weisselberg, dem CFO der Trump Organisation.
Danach kam die Demokratin auf einen Golfplatz in der Bronx zu sprechen, den sie jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit gesehen habe. Dieser habe 126 Millionen US-Dollar gekostet und gehöre Donald Trump. Die Errichtung des Platzes sei durch den Steuerzahler finanziert worden, die Gewinneinnahmen gingen aber fast vollumfänglich an Trump.
Nun wolle sie wissen, so Ocasio-Cortez weiter, ob es das einzige Mal gewesen sei, dass Trump sich auf Kosten der Öffentlichkeit bereichert habe. Ihr liege ein Bericht der «Washington Post» vor, in dem dem Präsidenten vorgeworfen werde, dass er den Steuerbehörden bewusst falsche Vermögenswerte angeben habe, um Steuern zu sparen. So habe der Trump National Golf Court in Jupiter, Florida, eigentlich einen Wert von über 50 Millionen US-Dollar. Trump habe jedoch angegeben, dass er «nicht mehr als fünf Millionen Dollar» wert sei.
Ocasio-Cortez: «Mr. Cohen, wissen Sie, ob dieser Bericht der Wahrheit entspricht?»
Cohen: «Es ist identisch mit dem, was er beim Trump National Golf Court in Briarcliff Manor getan hat.»
Weiter brachte Ocasio-Cortez in Erfahrung, dass Trump bewusst seine Immobilienwerte tiefer einstufen liess, um Steuern zu sparen. Auch soll er das Vermögen, welches er von seinen Eltern erbte, hunderte Millionen Dollar zu tief angegeben haben.
Dies konnte Cohen jedoch nicht bestätigen, gab aber wiederum an, dass Weisselberg das wissen dürfte.
Nochmals Ocasio-Cortez: «Würde es dem Komitee helfen, die Staats- und Bundes-Steuererklärungen des Präsidenten und seiner Organisation zu erhalten, um diese Diskrepanz zu erklären?»
Cohen: «Ich glaube schon.»
Damit war die 29-Jährige nach exakt vier Minuten fertig und übergab das Wort wieder dem Vorsitzenden.
Hat das messerscharfe Verhör der Kongress-Newcomerin Konsequenzen für den Präsidenten?
Ja.
Wie der Business Insider gestern berichtete, werde der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses Allen Weisselberg für eine Anhörung einladen. Der 71-Jährige arbeitet seit den 70er-Jahren für die Trumps und dürfte, wie von Ocasio-Cortez aufgezeigt, weitere wertvolle Informationen über sie besitzen.
Das Gericht des Southern District of New York führt derzeit weitreichende Untersuchungen zu Trumps finanziellen Transaktionen durch – Weisselberg ist eine der Hauptfiguren. Bisher wollte der CFO nicht aussagen. Doch der Druck wird immer grösser. Er wäre jedenfalls nicht der erste, der plötzlich die Seite wechselt und auspackt.
Des Weiteren hat Ocasio-Cortez deutlich gemacht, weshalb es von grossem Interesse wäre, dass der Präsident endlich seine Steuererklärungen offenlegen würde. Zur Erinnerung: Trump ist der erste Präsident seit 40 Jahren, der das nicht getan hat.
Die Demokratin erhielt für ihren Kurzauftritt viel Zuspruch. «Wie Alexandria Ocasio-Corez die Cohen Anhörung gewonnen hat», titelte etwa die New York Times. Auch auf Social Media war die Anerkennung gross.
Ein User schrieb: «Sind wir sicher, dass AOC früher Barkeeperin und nicht Staatsanwältin war? Das war ein ziemlich beeindruckender Fragenkatalog heute.»
Ocasio-Cortez antwortete umgehend und schrieb, dass man als Barkeeperin und Kellnerin mit tausenden von Leuten ins Gespräch käme. Dies helfe, Leute zu lesen und Schwachsinn zu erkennen. Man solle sogenannte «ungelernte Arbeitskräfte» nicht unterschätzen.
Thanks!
— Alexandria Ocasio-Cortez (@AOC) 28 February 2019
Bartending + waitressing (especially in NYC) means you talk to 1000s of people over the years. Forces you to get great at reading people + hones a razor-sharp BS detector.
Just goes to show that what some consider to be “unskilled labor” can actually be anything but 😉 https://t.co/pcVKe5XKdm
Konservative Medienstationen wie Fox News werden derweil nicht müde, täglich auf die New Yorkerin einzuprügeln. Denn die Republikaner haben Angst vor ihr. Und das völlig zurecht, wie die 29-Jährige am Mittwoch bewiesen hat.
Auch bei uns jonglieren Vermögende mit den Werten der Liegenschaften und optimieren so die Steuern.
Ich finde den Titel weit überzogen, was nicht heisst dass ich auch nur eines der beschriebenen Verhalten auch nur annähernd gutheisse.