Viele offene Fragen zu Plattformen für Migranten in Nordafrika

Viele offene Fragen zu Plattformen für Migranten in Nordafrika

12.07.2018, 19:24

Die EU-Innenminister haben an ihrem Treffen über Plattformen für Migranten in Nordafrika diskutiert. Dabei ist laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga eines klar geworden: «Es gibt nicht nur viele Ideen, sondern es gibt noch viel mehr Fragen.»

Hintergrund der Debatte um diese Plattformen ist der Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs an ihrem Gipfel Ende Juni. Sie hatten dort eine härtere Gangart gegen Migranten beschlossen und ihre Innenminister beauftragt, verschiedene Ideen zu prüfen - auch im Fachjargon genannte «Ausschiffungsplattformen» in Nordafrika.

Österreichs Innenminister Herbert Kickl, dessen Land zurzeit den EU-Ratsvorsitz hat, kündigte nach dem Treffen am Donnerstag in Innsbruck an, er wolle diese Plattformen für Migranten nun umsetzen. Er wolle «möglicherweise» einen Modellversuch in Nordafrika starten. Welches Land dafür in Frage komme, wollte der Österreicher jedoch nicht sagen.

Laut Sommaruga hatte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos darauf hingewiesen, «dass kein einziges Land in Nordafrika Bereitschaft signalisiere, eine solche Ausschaffungsplattform» auf seinem Hoheitsgebiet zu akzeptieren. «Aber selbst wenn es dereinst gelingen sollte, ein solches Zentrum zu eröffnen, ist auch allen klar, dass man damit nicht alle Probleme gelöst hat.»

Bei diesen Plattformen handelt es laut Sommaruga ausserdem um eine alte Idee. «Und bis jetzt sind diese Ideen ja immer auch an der Umsetzung gescheitert.»

Stockende Dublin-Reform kritisiert

Wolle man hingegen ein «krisenfestes System», wie es die österreichische EU-Ratspräsidentschaft propagiere, dann müsse man endlich die Dublin-Reform zu Ende bringen, sagte die Bundesrätin weiter.

Man habe es aber noch immer nicht geschafft, «wirklich ein gemeinsames europäisches Asylsystem» aufzubauen, sagte sie mit Blick auf die festgefahrene Dublin-Reform. Vor allem bei der EU-internen Flüchtlingsverteilung nach einem fixen Schlüssel in Krisenzeiten können sich die EU-Staaten nicht einigen.

Vielmehr kritisierte die Bundesrätin die bisher bescheidene politische Arbeit Europas im Migrationsbereich: «Die Bilanz heute ist ernüchternd.» Europa habe zurzeit «eine ruhige Migrationslage und tiefe Asylgesuchszahlen». Dies stehe im Widerspruch zur aktuell hitzigen Debatte auf politischer Ebene. «Das geht nicht ganz zusammen.»

Innerdeutscher Streit

Damit dürfte Sommaruga auf die in den letzten Wochen heftige Migrationsdebatte unter anderem in Deutschland angespielt haben. Aus Angst vor Verlusten zu Gunsten der rechtspopulistischen AfD bei den bayrischen Wahlen im Oktober hatte der deutsche Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer mit einem nationalen Alleingang in der Asylpolitik gedroht.

Nach wochenlangem Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU kam es zu einer Einigung, deren zentraler Bestandteil neue Abkommen mit anderen EU-Staaten zur beschleunigten Rücknahme von Flüchtlingen und Migranten ist.

Dazu hatte Seehofer nun am Rande des Ministertreffens in Innsbruck mit mehreren Amtskollegen gesprochen - auch mit dem italienischen Innenminister und Chef der fremdenfeindlichen Lega Matteo Salvini.

Salvini lehnt dankend ab

Salvini betonte jedoch, er sei nicht bereit, Flüchtlinge und Migranten aus Deutschland zurückzunehmen, solange Europa seine Aussengrenzen nicht besser schütze. «Auf die höfliche Frage vom deutschen Kollegen Seehofer, der mich gefragt hat, aus Deutschland kommende Migranten zurückzunehmen, habe ich genauso höflich gesagt: Nein, danke!», sagte der Italiener nach dem Treffen.

Kommen aber keine neue Rückübernahmeabkommen zustande, droht Seehofer erneut mit einem nationalen Alleingang: «Je weniger europäisch gelingt, desto mehr muss man dann national Vorkehrungen treffen», sagte er in Innsbruck.

Auch Sommaruga hatte am Rande des Ministertreffens mit Seehofer und Salvini bilaterale Gespräche geführt. Doch anders als zwischen Seehofer und Salvini ist die Beziehung zu Bern wesentlich entspannter. Beide hätten ihr bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit der Schweiz im operativen Bereich «problemlos funktioniert», sagte Sommaruga. (sda)

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