Trump düpiert May - Kritik an Brexit-Kurs, Lob für Johnson

Trump düpiert May - Kritik an Brexit-Kurs, Lob für Johnson

13.07.2018, 13:36

Mit einer beispiellosen Breitseite gegen die britische Premierministerin Theresa May hat US-Präsident Donald Trump bei seinem Besuch in Grossbritannien einen Eklat ausgelöst. Trump kritisierte May in einem Interview für ihre Brexit-Strategie.

Beim öffentlichen Auftakt eines Treffens am Freitagmittag waren Trump und May bemüht, den Anschein von Normalität zu wahren. Weder der US-Präsident noch die Premierministerin gingen auf den Eklat ein. Trump sagte, die Beziehungen zwischen den USA und Grossbritannien seien «sehr, sehr stark».

Die britische Premierministerin erklärte, es gebe sehr viel zu besprechen. «Wir werden über die besondere Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA sprechen, die grossartig ist.» Beide trafen sich auf dem Landsitz Chequers.

Die Boulevard-Zeitung «The Sun» hatte das kontroverse Interview am Donnerstagabend veröffentlicht, nachdem May Trump im Blenheim Palace nahe Oxford zu einem festlichen Gala-Dinner empfangen hatte. Der Zeitpunkt war wohl kaum zufällig gewählt: Beim Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen.

Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer Begrüssungsrede äusserte sich May noch enthusiastisch über die «beispiellosen Möglichkeiten» eines solchen Abkommens.

«Johnson wäre grossartiger Premierminister»

Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Aussenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten.

Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.

Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit «grossem Bedauern» zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar - doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann. «Ich sage nur, ich denke, er wäre ein grossartiger Premierminister.»

«Sie hat nicht auf mich gehört»

Trump sagte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit Grossbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten.

«Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten», fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Grossbritanniens mit den USA hinzu. «Wir haben genug Schwierigkeiten mit der Europäischen Union, wir gehen gerade jetzt gegen die Europäische Union vor, weil sie beim Handel nicht fair mit den Vereinigten Staaten umgegangen sind.»

Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten: «Ich hätte das sehr anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört.»

Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. «Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann.» Bei der von May angestrebten Vereinbarung handle es sich aber nicht mehr um das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.

Verbalattacke gegen Khan

Trump griff in dem Interview auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut scharf an. Khan ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen. «Ich denke, dass er einen sehr schlechten Job beim Terrorismus gemacht hat, einen sehr schlechten Job bei der Kriminalität», sagte Trump.

Khan verteidigte am Freitag die Genehmigung eines satirischen Protest gegen Trump. Aktivisten liessen am Morgen einen etwa sechs Meter hohen Ballon in Form eines Trump-Babys in Windeln über dem Parliament Square aufsteigen. Kritiker hatten den Ballon als beleidigend gegenüber Trump empfunden und gefordert, die Aktion zu unterbinden.

«Ehrlich gesagt ist die Idee, dass wir das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken, weil sich ein ausländischer Politiker auf den Schlips getreten fühlen könnte, ein Gang am Abgrund», sagte Khan dem BBC-Radio. (sda/dpa)

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