Im Schatten der Playoff-Euphorie zieht für zwei NLA-Klubs die Angst vor dem Abstieg herauf. Sind Fribourg und Ambri abstiegsgefährdet? Wider besseren Wissens wagt es niemand, auf diese Frage mit «Ja» zu antworten.
Eine Episode mag zeigen, wie die Abstiegsgefahr unterschätzt wird. Die welsche Tageszeitung Le Matin hat kürzlich eine Umfrage unter heimischen Hockeygrössen gemacht, ob Gottéron die Relegation drohe. Weil die Frage keiner bejahen wollte, wurde ein Chronist aus der Deutschschweiz hinzugezogen. Er wagte es, «Ja» zu sagen.
Und auf die Frage, ob Ambris Ligazugehörigkeit in Gefahr sei, sagt Luganos Geschäftsführer Jean-Jacques Aeschlimann, der in Ambri als Sportchef zweimal die Liga-Qualifikation (gegen Langenthal und Visp) überstanden hat: «Nein. Wir sollten die jüngsten Resultate nicht überbewerten. Wenn es um die Existenz geht, wird Ambri anders auftreten.»
Er hat gute Gründe, Ambri Mut zu machen. Wenn der Kantonsrivale absteigt, verliert Lugano einen Teil seiner Identität. Ohne Ambri würde ein grosser Teil der TV-Präsenz wegfallen – das staatstragende Tessiner Fernsehen überträgt jedes Derby live. «Wir haben uns mit diesem Abstiegsszenario auseinandergesetzt», sagt Aeschlimann. «Wir würden ohne Ambri pro Saison rund 750'000 Franken Einnahmen verlieren.» Ein Abstieg Ambris wäre auch das Ende des gemeinsamen Farmteams «Ticino Rockets». Lugano müsste dem Mehrheitsaktionär Ambri die Anteile abkaufen.
Nur einer warnt. Kevin Schläpfer. Er hat Biel zweimal in der Liga-Qualifikation gegen Lausanne als «Nottrainer» gerettet. Er sagt: «Fribourg ist nicht gefährdet, Ambri aber schon.» Und begründet es so: «Am Ende des Tages wird sich Fribourg durchsetzen. Weil die spielerische Substanz grösser ist als die der besten NLB-Teams. Aber für Ambri könnte es ganz bös enden. Ich glaube nicht, dass diese Mannschaft besser ist als die Topteams der NLB.»
Würde er in der Not Ambri oder Fribourg helfen? Kein verfügbarer Trainer hat ja so viel Liga-Qualifikations-Erfahrung wie Biels abgesetzter Bandengeneral. «Nein. Aber nicht weil ich nicht will. Sondern weil ich nach wie vor nicht ganz gesund bin. Und ich nehme keine neue Arbeit an, bevor ich nicht wieder hundertprozentig fit bin. Wäre ich gesund, würde ich sofort bei Ambri oder Gottéron einspringen.»
Wo liegt nun die Wahrheit? Kevin Schläpfers Einschätzung ist fachlich richtig, berücksichtigt aber einen Faktor zu wenig: die Selbstüberschätzung. Langnau stieg im Frühjahr 2013 mit einer Mannschaft (und Sportchef Jakob Kölliker) ab, die viel besser war, als es heute Ambri und Gottéron sind. Weil die Emmentaler bis ganz zuletzt die richtige Einstellung im «Überlebenskampf» nicht fanden.
Eine Episode mag zeigen, dass die Dämonen der Selbstüberschätzung auch jetzt wieder umgehen. Ambris charismatischer Präsident Filippo Lombardi zelebriert vordergründig Demut vor den Hockeygöttern und hat in einem Hirtenbrief an die Anhänger seines Hockeyunternehmens angekündigt, auch er werde seine Arbeit einer kritischen Analyse unterziehen.
Ein Redaktor der jeder Polemik abholden «NZZ» zog daraus den logischen Schluss, dass es in Ambri einen Führungswechsel geben könnte. Der zornige CVP-Ständerat forderte den Journalisten umgehend auf, seine Handy-Nummer zu löschen. Er werde nie mehr einen Anruf beantworten. So viel zur Kritikfähigkeit der Hockeygeneräle in Zeiten der Abstiegsangst.
Ein entscheidender Faktor wird letztlich der Gegner sein. Vor einem Jahr holte Ajoie den NLB-Titel. Weil es keine Aufstiegsbewilligung hatte, trat es nicht zur Liga-Qualifikation an. Biel, in einem besorgniserregenden Zustand, kam «gratis» zum Ligaerhalt.
Verteidigt Ajoie den Titel, entfällt die Liga-Qualifikation erneut. Werden hingegen Langenthal, La Chaux-de-Fonds oder Rapperswil-Jona NLB-Meister und bleiben vom Verletzungspech verschont, sind Fribourg und Ambri in Gefahr. 2017 ist das letzte Jahr mit «erleichtertem Aufstieg» – also mit einer Liga-Qualifikation bloss mit zwei Ausländern. Ab nächster Saison dürfen drei Ausländer eingesetzt werden. Das macht die Sache für das NLB-Team teurer und schwieriger. Langenthal und Rapperswil-Jona und La Chaux-de-Fonds sind gewillt, diese letzte Gelegenheit zu nützen.