Der Kampf um den konkursiten Zürcher Jugendsender Radio 105 und dessen UKW-Konzession führten die beteiligten Akteure mit Haken und Ösen. Insbesondere Roger Schawinski von Radio 1 und Dani Büchi von Radio Energy versuchten alles, um sich Konzession, Marke und UKW-Frequenz von Radio 105 zu sichern. Roger Schawinski überbot die Konkurrenz im Bieterverfahren jeweils massiv, stellte noch während des Verfahrens das Radio 105-Personal ein und kaperte kurzzeitig die UKW-Frequenz des Senders.
Energy-Geschäftsführer Dani Büchi hatte von Anfang an schlechtere Karten als Schawinski. Dies, weil Energy und der Verlag Ringier als Mehrheitsaktionärin laut geltendem Radio- und TV-Gesetz (RTVG) keine weitere Konzession mit UKW-Frequenz mehr besitzen dürfen. Das RTVG erlaubt einem Betreiber nur zwei Konzessionen und Ringier/Energy besitzen mit Energy Zürich und Energy Bern bereits zwei. Dennoch war es das erklärte Ziel, Radio 105 als direkten Konkurrenzsender von Energy aus dem UKW-Äther zu nehmen und Schawinski einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Um trotz der überzähligen UKW-Frequenz eine Chance auf den Zuschlag aufrecht zu erhalten und einen Teil der Kosten wieder herein zu holen, versuchten Energy-Geschäftsführer Dani Büchi und sein Verwaltungsratspräsident Michael Voss, die UKW-Konzession einem Dritten für 150'000 Franken abzugeben. Radio 105 wollten sie ihrerseits auf DAB+ und Kabel weiterlaufen lassen. Dafür arbeiteten Büchi und Voss ein Term Sheet aus, in dem die Bedingungen für besagten Dritten (mitgeboten hatten DJ Radio, Toasted.ch und Joiz) aufgelistet sind.
Im Kern verbietet das Papier dem Vertragspartner im Gegenzug für den Erhalt der UKW-Konzession, die Marke Radio 105 zu gebrauchen, ein Konkurrenzprogramm zu Radio Energy aufzubauen oder die Konzession zu anderen Bedingungen weiter zu veräussern. Zusätzlich wären sämtliche Programmanpassungen mit Energy abzusprechen gewesen und die Verantwortlichen von DJ Radio oder Toasted.ch hätten Energy ein «last offer right» für eingekaufte Leistungen (wie beispielsweise Vermarktung oder Nachrichtenproduktion) einräumen müssen. Bei Zuwiderhandlung wäre eine Million Schweizer Franken als Konventionalstrafe zu zahlen gewesen. Dieser Deal hätte weitgehend unbekannt bleiben sollen, die Bedingungen sind laut Term Sheet «streng vertraulich zu behandeln», hätten dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) im Rahmen der Konzessionsübertragung jedoch offengelegt werden müssen.
Die Anwälte von Ringier und Energy legen Wert auf folgende Feststellungen: Das Term Sheet sei nur ein Entwurf, beinhalte keine Rechtsverletzungen und solche seien auch nicht geplant gewesen, es sei strikt vertraulich gewesen und die Verhandlungen seien nach dem ersten Gespräch abgebrochen worden.
Schawinski hat inzwischen den definitiven Zuschlag für Radio 105 erhalten, ist über das Vorgehen von Energy aber immer noch wütend und spricht von «Knebelvertrag»» und «Strohmann-Unternehmen». «Ich bin schockiert. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass ein Ringier-Unternehmen so schamlos vorgehen würde, um seine Ziele zu erreichen», sagt Schawinski.
Büchi kann Schawinskis Empörung nicht verstehen. «Wir können nun mal von Gesetzes wegen keine weitere UKW-Konzession halten. Trotzdem hätten wir Radio 105 gerne weiter betrieben, und zwar über DAB+, Internet und Kabel», sagt Büchi. Damit die Konzession auch ohne Brand 105 trotzdem weiter hätte genutzt werden können, habe man einem Dritten ermöglichen wollen, die Konzession in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko, aber zum Selbstkostenpreis zu erwerben. In dieser Konstellation von einem Strohmann zu sprechen, sei «absurd».
Schawinskis Kritik weist Büchi zurück. «Wenn wir eine Radio-Konzession zu einem günstigen Preis einem Dritten überlassen, ist es doch ganz selbstverständlich, dass wir uns im Gegenzug absichern. Der Entwurf des Term Sheets enthält zudem keinerlei Rechts- und Gesetzesverletzung. Die Vorwürfe von Schawinski sind ein weiterer Versuch uns zu verunglimpfen», sagt Büchi.
Roger Schawinski hat nun die Konzession von Radio 105 und damit auch die UKW-Frequenz auf sicher. Laut «Tages-Anzeiger» hat er dafür am Ende 1,6 Millionen bezahlt. Doch auf Schawinski dürften noch weitere Kosten zukommen. Denn die Markenrechte an Radio 105 liegen immer noch beim Mutterkonzern Finelco in Italien und die Markenlizenz aus der Konkursmasse läuft Ende 2014 aus. Es ist gut möglich, dass Schawinski danach erneut bieten muss, um die Marke behalten zu dürfen.