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Tote bei Anschlag auf Touristenbus

Der Bus mit südkoreanischen Touristen war in Richtung Israel unterwegs, als der Sprengsatz explodierte.
Der Bus mit südkoreanischen Touristen war in Richtung Israel unterwegs, als der Sprengsatz explodierte.Bild: Reuters
Ägypten

Tote bei Anschlag auf Touristenbus

Bei einem Sprengstoffanschlag auf einen Touristenbus in Ägypten sind am Sonntag mindestens vier Menschen getötet worden.
16.02.2014, 14:2416.02.2014, 17:33
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Bei den Opfern handelt es sich um drei Urlauber aus Südkorea und den ägyptischen Busfahrer. Weitere 14 der insgesamt 30 koreanischen Fahrgäste wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen verletzt, als der Sprengsatz den vorderen Teil des Busses zerfetzte. Zu dem Anschlag am Grenzübergang Taba zwischen Israel und dem Sinai bekannte sich zunächst niemand.

Terror im ägyptischen Badeort Taba

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Das Innenministerium in Kairo erklärte, der Bus sei vom Katharinenkloster im Süden der Halbinsel nach Israel unterwegs gewesen. Der Angriff habe sich ereignet, während der Bus an dem Grenzübergang am Roten Meer wartete. Der Grenzübergang, der wenige Kilometer von dem israelischen Badeort Eilat liegt, wurde nach israelischen Angaben nach dem Anschlag geschlossen.

Es handelt sich um den ersten Terroranschlag auf Touristen in Ägypten seit 2009 - ein schwerer Schlag für die nach drei Jahren Demonstrationen und Unruhen ohnehin notleidende Tourismusbranche.

Islamistische Terroristen als Urheber vermutet

Die ägyptische Armee hatte nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi im vergangenen Juli eine Offensive gegen islamistische Terroristen im Norden der Halbinsel gestartet. Die Badeorte Taba, Dahab, Nuwaiba und Scharm el Scheich, die im Süden des Sinai liegen, galten dagegen zuletzt als relativ sicher.

Auf ein Hotel in Taba, dem Badeort am Roten Meer, war 2004 ein Terroranschlag verübt worden, bei dem 34 Menschen starben, darunter 12 Israelis. Zuletzt waren bei einer Explosion auf einem Basar in der Hauptstadt Kairo im Februar 2009 eine Französin getötet und mehrere andere Menschen verletzt worden.

Der verheerendste Angriff in Ägypten ereignete sich im November 1997, als radikale Islamisten im Pharaonen-Tempel von Luxor im Süden des Landes 58 Touristen - unter ihnen 36 Schweizer - und mehrere Polizisten erschossen.

Lage auf dem Sinai äusserst instabil

Seit dem Sturz des langjährigen ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak im Februar 2011 ist die Sicherheitslage auf dem Sinai äusserst instabil. Fast wöchentlich greifen Dschihadisten Militärpatrouillen und Polizeistationen an. Nun ist eine Touristengruppe erstmals seit Jahren Ziel eines tödlichen Bombenanschlags geworden.

Zwei Drittel der 600'000 Bewohner der Halbinsel sind Beduinen. Viele Clans haben wegen wirtschaftlicher Vernachlässigung und grosser Armut ein angespanntes Verhältnis zur Zentralregierung in Kairo. Hunderte Beduinen haben sich in den letzten Jahren radikalen islamistischen Gruppen angeschlossen, zu denen auch ausländische Dchihadisten gehören.

Etwa fünfzehn Salafistengruppen, die Kontakte zum Terrornetzwerk Al-Kaida unterhalten, sind in den vergangenen Jahren auf dem unwegsamen, in weiten Teilen gebirgigen Sinai aktiv geworden. Vier dieser Gruppen haben seit 2012 immer wieder auch Anschläge auf israelische Ziele verübt. Die Dschihadisten sind teilweise aus Saudi-Arabien, dem Jemen und dem Gazastreifen eingesickert.

Vom Fremdenverkehr, Haupterwerbsquelle auf der Halbinsel, haben nur wenige Stämme an den südlichen Küsten profitiert. Ein Auskommen sicherte den Beduinen im Zentrum und Norden der Halbinsel jahrelang der Schmuggel von Drogen, Zigaretten und Waffen sowie von politischen Flüchtlingen oder Arbeitsmigranten aus Afrika. Seit Mitte 2012 die Grenzen nach Israel durch eine Sperranlage weitgehend dicht gemacht wurden, haben die Salafisten vermehrten Zulauf.

Experte: Anschlag soll Tourismus treffen

Der Fremdenverkehr in den ägyptischen Urlaubsorten am Golf von Akaba ist bereits weitgehend zum Erliegen gekommen. Nur nach Taba reisen wegen der Grenznähe zu Israel sowie nach Scharm el Scheich und Dahab wegen des nahegelegenen internationalen Flughafens noch ausländische Touristen in begrenzter Zahl. Im Frühjahr 2013 wurde zuletzt ein Urlauberpaar auf der Strasse zwischen Taba und Nuweiba entführt, eine Woche später aber am Nordende des Sinai freigelassen.

Israel fürchtet vor allem um die Sicherheit in Eilat, touristische Hochburg mit rund 50'000 Gästebetten sowie sein einziger Hafen am Roten Meer. Zuletzt waren am 20. und 31. Januar Raketen vom Sinai auf Eilat abgefeuert worden. Sie wurden abgefangen oder schlugen in unbewohntem Gebiet ein. Die Verantwortung für die beiden Angriffe übernahm die Dschihadisten Ansar Beit al Makdess («Partisanen von Jerusalem»).

Es sei gut möglich, dass diese Gruppierung oder die Al-Schura al-Mudschahiddin hinter dem Anschlag in Taba stehe, sagte der Experte Aviv Oreg am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. «Da es den Dschihadisten verwehrt ist, in Eilat selbst Angriffe zu verüben, könnten sie versucht sein, Touristen an der Grenze anzugreifen, um so auch den Fremdenverkehr in Israel zu treffen», sagte Oreg, der beim Militärgeheimdienst lange die Abteilung «Al-Kaida und globaler Dschihad» geleitet hat. (mbu/sda)

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