Das Netzwerk um den Attentäter von London ist möglicherweise grösser als zunächst vermutet. Die Polizei kontaktiert Tausende Zeugen. Der mutmassliche Attentäter soll ein unauffälliges Leben geführt haben.
Nach dem Terroranschlag mitten in der britischen Hauptstadt London hat die Polizei zwei weitere Personen festgenommen. Beamte griffen in der Region um Birmingham und im Nordwesten des Landes zu, wie Scotland Yard am Freitag mitteilte. Die Behörde stufte die Festnahmen als wichtig ein.
Die Polizei hatte zuvor bei Razzien in mehreren Orten des Landes acht weitere Menschen festgesetzt. Eine Frau wurde inzwischen auf Kaution freigelassen. Damit befinden sich nunmehr neun Personen in Gewahrsam.
Police say London attacker Khalid Masood was born Adrian Russell Ajao and announce two ‘significant’ arrests https://t.co/QmgmP5FYci
— CNN Breaking News (@cnnbrk) 24. März 2017
Der mutmassliche Täter Khalid Masood war am Mittwoch mit einem Wagen gezielt in Passanten auf der Westminster Bridge gefahren und tötete so drei Menschen. Anschliessend erstach er einen Polizisten vor dem Parlament, der unbewaffnet gewesen sein soll. Masood wurde von der Polizei erschossen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte die Tat für sich reklamiert.
Officers appeal for witnesses re: reports of 2 attempted abductions in the #Lambeth area https://t.co/YBDEhemGR1 pic.twitter.com/Is4DJiR83k
— Metropolitan Police (@metpoliceuk) 24. März 2017
Mark Rowley, Anti-Terror-Chef bei Scotland Yard, sagte, der Geburtsname Masoods laute Adrian Russell Ajao. Die Ermittlungen konzentrierten sich weiter auf die Frage des Motivs, mögliche Komplizen und Hintermänner sowie den Hergang der Tatvorbereitung. Rowley bat die Bevölkerung bei den Ermittlungen um Mithilfe. Masood hatte in seinem Leben mehrere Namen benutzt.
Der mehrfach vorbestrafte Masood wurde in Grossbritannien geboren und stand nach Angaben der britischen Premierministerin Theresa May früher unter Verdacht, ein gewalttätiger Extremist zu sein.
Nachbarn sagten britischen Medien, Masood habe eher unauffällig mit Frau und Kindern in Birmingham gelebt. Britischen Medien zufolge soll er zum Islam konvertiert und sehr religiös geworden sein. Angeblich lebte er auch in Saudi-Arabien.
Scotland Yard zufolge laufen derzeit Durchsuchungen an fünf Adressen, 16 weitere wurden bereits beendet. 2700 Gegenstände seien konfisziert worden, eine grosse Menge an Daten von Computern sei sichergestellt worden. Rund 3500 Zeugen seien kontaktiert worden.
Die Zahl der Verletzten gab Scotland Yard jetzt mit 50 an - zuvor war von etwa 40 die Rede. Zwei Opfer befinden sich in einem kritischen Zustand, einer davon habe lebensbedrohliche Verletzungen. Auch zwei Polizisten liegen laut Scotland Yard schwer verletzt im Spital. (sda/dpa)
Zum Gedenken an die Opfer des Anschlages im Londoner Parlamentsviertel haben sich am Donnerstagabend hunderte Menschen im Zentrum der britischen Hauptstadt versammelt.
«Die Londoner lassen sich niemals vom Terrorismus einschüchtern», sagte Bürgermeister Sadiq Khan auf dem schwer bewachten Trafalgar Square.
Auf dem Platz im Herzen Londons zündeten die Teilnehmer der Trauerkundgebung Kerzen an oder legten Blumen nieder. Auf Schildern waren Botschaften wie «Hass wird uns nicht spalten» zu lesen. «Wir haben keine Angst», lautete eine andere Parole.
Der Attentäter hatte am Mittwoch nahe dem Parlament zwei Fussgänger und einen Polizisten getötet, bevor er selbst erschossen wurde. 40 Menschen wurden verletzt. Ein 75 Jahre alter Mann erlag am Donnerstagabend seinen Verletzungen.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich. Der Angreifer wurde als vorbestrafter Brite identifiziert. Er war der Polizei wegen diverser Vergehen bekannt, darunter Körperverletzung und Waffenbesitz, er galt aber nicht als Gefährder und es liefen derzeit keine Ermittlungen gegen ihn.
Masood sei in der Vergangenheit mit Gewaltdelikten und unerlaubtem Waffenbesitz in Erscheinung getreten, hiess es in einer Mitteilung weiter. Eine Verurteilung wegen terroristischer Aktivitäten habe es nicht gegeben.
Gegen Masood war bereits vor einigen Jahren ermittelt worden, wie Premierministerin Theresa May im Parlament berichtete. Er stand im Verdacht, ein gewalttätiger Extremist zu sein. May bezeichnete ihn in ihrer Rede als «Randfigur».
«Diese Art von Angriffen, diese Einsamer-Wolf-Anschläge, bei denen Dinge des täglichen Gebrauchs eingesetzt werden - ein Auto, ein Messer - sind sehr viel schwieriger zu verhindern», sagte Verteidigungsminister Michael Fallon in der BBC.
Trotzdem sei es in den vergangenen Jahren gelungen, viele dieser Angriffe zu verhindern. Im vergangenen Jahr allein über ein Dutzend.
Polizisten stürmten nach dem Anschlag insgesamt sechs Wohnungen in Birmingham, London und anderen Orten in Grossbritannien, wie der Terrorabwehr-Chef von Scotland Yard, Mark Rowley, sagte.
Es habe acht Festnahmen gegeben. Über den Angreifer sagte Rowley, dieser habe wohl auf eigene Rechnung gehandelt und sei «vom internationalen Terrorismus» angestiftet worden.
Birmingham gilt als Hochburg der Islamistenszene in Grossbritannien. Laut BBC wurde das bei dem Anschlag verwendete Fahrzeug, ein grauer SUV, in der mittelenglischen Stadt angemietet.
«Wir haben keine Angst, und unsere Entschlossenheit wird angesichts des Terrorismus niemals wanken», sagte May nach einer Schweigeminute im Parlament.
Einige hundert Meter weiter fand vor dem Gebäude von Scotland Yard eine Zeremonie statt, bei der unter anderem des getöteten Polizisten gedacht wurde.
In dem weiterhin abgesperrten Gebiet um Westminister Palace herrschte Stille. Nur die Geräusche der über dem Tatort kreisenden Helikopter waren zu hören.
Die Tat löste international Bestürzung und Anteilnahme aus. May bekam Beileidsbekundungen und Solidaritätsversprechen von führenden Staats- und Regierungschefs.
Sie telefonierte unter anderem mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, dem US-Präsidenten Donald Trump, Frankreichs Präsidenten François Hollande und dem rumänischen Ministerpräsidenten Sorin Grindeanu.
Die Queen sprach den Opfern ihr Mitgefühl aus. Paris schaltete die Beleuchtung des Eiffelturms ab, das Brandenburger Tor in Berlin sollte in den Farben der britischen Flagge angestrahlt werden. (sda/dpa/afp/reu)