Die Justizministerin informierte in einem persönlichen Telefongespräch die kroatische Aussenministerin Vesna Pusic über die Folgen der Annahme der SVP-Zuwanderungsinitiative sowie über die nächsten konkreten Schritte, wie EJPD-Sprecher Philipp Schwander sagte.
Laut Schwander hat Bundesrätin Sommaruga der Ministerin unter anderem erläutert, dass eine neue Verfassungsbestimmung direkt anwendbar sei, wonach keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden dürften, die gegen den neuen Verfassungsartikel verstiessen.
Da das Protokoll zur Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf Kroatien nach zehn Jahren die volle Freizügigkeit vorsehe, könne es in der derzeitigen Form nicht unterzeichnet werden. Der Bundesrat prüfe nun Lösungen, die Kroatien nicht diskriminierten.
Pusic habe die Informationen zur Kenntnis genommen, sagte Schwander. Sommaruga habe mit ihr weiteren engen und direkten Kontakt vereinbart.
Als der Bundesrat am vergangenen Mittwoch die Öffentlichkeit über die Schritte hin zur Umsetzung des neuen Zuwanderungssystems informierte, war noch offen, ob das fertig verhandelte Protokoll für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit Kroatien nach Annahme der Initiative überhaupt noch unterzeichnet werden kann.
In der Medienmitteilung hiess es, dass das EJPD klären werde, «ob das Abkommen über die Erweiterung des Freizügigkeitsabkommens auf Kroatien im Rahmen einer Neuverhandlung des Freizügigkeitsabkommens oder vorgängig geregelt werden soll.»
Der Bundesrat beauftragte Justizministerin Sommaruga, in der Angelegenheit direkt mit der EU-Kommission Kontakt aufzunehmen. Nach Telefongesprächen mit EU-Ratspräsident Evangelos Venizelos und EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström liegt nun eine Antwort auf dem Tisch. Ob sie direkte Konsequenzen hat und wenn ja, welche, ist angesichts der zahlreichen ungeklärten Fragen offen.
Venizelos hatte Sommaruga am Donnerstag am Telefon erklärt, dass die EU keineswegs hinnehmen könne, dass «die 27 alten EU-Mitgliedstaaten und das neue Mitgliedsland Kroatien bei der Personenfreizügigkeit unterschiedlich behandelt» werden.
Er betonte, dass das Völkerrecht die Grundlage für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU bilde, und nicht eine nationale Verfassungsänderung.
Gemäss verschiedenen ranghohen EU-Diplomaten könnten von Seiten der EU die Verhandlungen zu den Programmen Horizon 2020 und Erasmus+ ausgesetzt werden. «Zwischen diesen Abkommen und der Personenfreizügigkeit besteht eine Verbindung», sagte zum Beispiel EU-Botschafter Richard Jones in Interviews. (mbu/sda)