International
Holland

17-jährige Noa Pothoven nimmt nach Misshandlung Sterbehilfe in Anspruch

17-Jährige entscheidet sich nach Vergewaltigung und Misshandlung für passive Sterbehilfe

05.06.2019, 12:4505.06.2019, 15:48
Mehr «International»

Die Niederländerin Noa Pothoven war als Jugendliche mehrmals sexuell misshandelt worden. Nach mehrjährigem Kampf gegen die daraus resultierenden psychischen Probleme, starb die 17-Jährige am Sonntag durch passive Sterbehilfe.

Auf Instagram kündigte sie in einem inzwischen gelöschten Post an, dass sie aufgehört habe, zu essen und zu trinken. Nach vielen Gesprächen und Bewertungen hätten die Eltern und Experten entschieden, sie nicht zur Ernährung zu zwingen, sondern sterben zu lassen. Bereits vor einem Jahr soll die 17-Jährige bei einer Klinik um aktive Sterbehilfe gebeten haben, diese wurde aber abgelehnt, da sie noch zu jung sei.

Lass dir helfen!
Du glaubst, du kannst eine persönliche Krise nicht selbst bewältigen? Das musst du auch nicht. Lass dir helfen. In der Schweiz gibt es zahlreiche Stellen, die rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen da sind – vertraulich und kostenlos.

Die Dargebotene Hand: Tel.: 143, www.143.ch
Beratung + Hilfe 147 für Jugendliche: Tel.: 147, www.147.ch
Reden kann retten: www.reden-kann-retten.ch

Die Kantonale Kinder- und Jugendförderung okaj zürichlancierte in Zusammenarbeit mit Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich und Gesundheitsförderung Schweiz ein Präventionsangebot zur Förderung der psychischen Gesundheit bei Jugendlichen. Mehr dazu: www.undduso.ch

In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe seit 2001 erlaubt – in Spezialfällen selbst für Minderjährige. Das Einverständnis der Eltern ist dafür nicht erforderlich, allerdings müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander ein unerträgliches Leiden feststellen, ohne, dass eine Aussicht auf Besserung besteht.

Trauma nie überwunden

Noa Pothoven ging seit einigen Jahren offen mit ihrer Vergangenheit um. In ihrer Biografie «Winnen of Leren» («Gewinnen oder Lernen») berichtet sie, wie sie mit elf und zwölf Jahren erstmals sexuell misshandelt und mit 14 Jahren zweimal vergewaltigt wurde.

In ihrem Buch schildert sie auch, dass sie seither jeden Tag in Angst und Scham lebe und immer auf der Hut sei. Noch immer habe sie das Gefühl, ihr Körper fühle sich schmutzig an. Pothovens Erlebnisse äusserten sich in posttraumatischen Störungen, Depressionen und Magersucht. Auch habe sie sich geritzt, um ein Ventil für ihren Schmerz zu finden.

Vor ihrem Tod veröffentlichte Pothoven noch eine letzte Nachricht, in welcher sie mitteilte, dass ihre Entscheidung ein längerer Prozess gewesen sei und nicht aus einem Impuls heraus geschah. Ihre letzten Tage soll die 17-Jährige zu Hause in einem Krankenbett verbracht haben, um sich von ihrer Familie und Liebsten verabschieden zu können. (pls)

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde fälschlicherweise behauptet, Noa Pothoven hätte aktive Sterbehilfe in Anspruch genommen. Dies wurde nun korrigiert.

Was ist der Unterschied zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe?
Die direkte, aktive Sterbehilfe ist ein absichtliches Herbeiführen des Todes zur Verkürzung eines Leidens. Ein Arzt oder eine Drittperson verabreicht dem Patienten/der Patientin dabei absichtlich eine Spritze, die direkt zum Tod führt. In der Schweiz ist diese Form der Sterbehilfe strafbar.

Bei der passiven Sterbehilfe wird auf die Aufnahme von Medikamenten oder den Weiterbetrieb von Geräten, die zur Lebenserhaltung dienen, verzichtet. Der früher eintretende Tod wird dabei in Kauf genommen. In der Schweiz ist die passive Sterbehilfe nicht eindeutig geregelt, gilt aber als erlaubt.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wenn Menschen mit Sterbefasten ihr Leiden verkürzen wollen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
111 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Azrat
05.06.2019 13:10registriert März 2016
Recht auf leben, Recht auf sterben.
Ich kann mir nicht im geringsten Vorstellen durch welche Hölle sie musste. Es muss schrecklich sein.
84019
Melden
Zum Kommentar
avatar
Knety
05.06.2019 13:04registriert Mai 2016
Ich bin schockiert und sprachlos. Ich hoffe der/die Täter sitzen in Haft.
46613
Melden
Zum Kommentar
avatar
Therealmonti
05.06.2019 15:35registriert April 2016
Ich bin erschüttert. Hoffentlich finden Noas Peiniger nie mehr eine einzige Stunde Ruhe bis an ihr miserables Lebensende.
1175
Melden
Zum Kommentar
111
Zwei Jahre Notstand: Kritik an Bukeles Kampf gegen Banden in El Salvador

Zwei Jahre nach Beginn des Ausnahmezustands zur Bandenbekämpfung in El Salvador warnen Aktivisten vor einer gescheiterten Sicherheitspolitik und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen. «Die Bandengewalt zu reduzieren, indem man sie durch staatliche Gewalt ersetzt, kann keinen Erfolg haben», sagte die regionale Direktorin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Ana Piquer, am Mittwoch.

Zur Story