Die beiden SVP-Schwergewichte waren aus unterschiedlichen Gründen in der Versenkung verschwunden.
Schreiner Toni Bortoluzzi (72) trat auf Ende 2015 nach einem Vierteljahrhundert im Nationalrat zurück, weil hinter ihm der ehrgeizige, manchmal selbst nicht mehr ganz junge Parteinachwuchs drängte.
Medizinhistoriker Christoph Mörgeli (58) schied ebenfalls Ende 2015 aus dem Nationalrat aus, aber weit weniger freiwillig als das Urgestein Bortoluzzi: Mörgeli wurde im Kanton Zürich nicht wiedergewählt.
Jetzt tauchen die Schwergewichte wieder auf, gewissermassen freigegeben von der Gletscherschmelze und als Folge der jüngsten Wahlniederlagen der SVP. Bortoluzzi wurde von SVP-Patron Christoph Blocher reaktiviert und dem neuen Zürcher Parteipräsidenten Patrick Walder zur Seite gestellt. Der Schreiner soll aus der Zürcher Partei ein Schiff zimmern, das dem mit dem Klimawandel einhergehenden hohen Wellengang in der helvetischen Politik zu trotzen vermag.
Mörgeli, als SVP-Vordenker bezeichnet, hat sich selbst wieder ins Spiel gebracht: Er sieht sich als Retter der Partei und will zu diesem Zweck im Herbst wieder als Nationalrat kandidieren. «Ich erlaube mir, auf meine politische Erfahrung, meine Linientreue, meinen Kampfgeist und meine Ausdrucksmöglichkeiten in Wort und Schrift hinzuweisen», sagte der Weltwoche-Journalist presseerzeugnisübergreifend dem SonntagsBlick. Für die SVP sei es von «existenzieller Bedeutung», ihren Kurs nicht dem der grünen Wahlsieger anzugleichen.
Die Mumien kehren zurück, sagt süffisant ein Beobachter. Pikant ist, dass die beiden alten SVP-Haudegen, die jetzt wieder in die Hosen sollen oder wollen, eine solide Männerfeindschaft verbindet, oder – besser gesagt – trennt.
Mörgeli gehörte in der vorletzten Legislatur in Bern zu jenen Vertretern der Zürcher SVP, die den Schreiner Bortoluzzi in Rente schicken wollten und die Druck auf seinen freiwilligen Abtritt machten.
Bortoluzzis Gelegenheit zur Revanche kam 2012, als sich Mörgeli mit massiven Vorwürfen konfrontiert sah, was seine Arbeit als Professor und Konservator des Medizinhistorischen Museums der Uni Zürich konfrontiert sah. «Vorlesungen hätten nicht stattgefunden, menschliche Präparate würden ethisch fragwürdig aufbewahrt und seine Museumsausstellung sei fehlerhaft», schrieb damals der Tages-Anzeiger.
Bortoluzzi, ein Mann der träfen und manchmal auch weniger träfen Sprüche, lief zu Hochform auf. Während die übrigen SVP-Parlamentarier in Bern sich hüteten, öffentlich den bei Parteipatron Christoph Blocher wohlgelittenen Medizinhistoriker in Frage zu stellen, spottete Bortoluzzi frohgemut: «Der Mörgeli muss zurücktreten! Und die Knochen abstauben gehen in Zürich!»
Der Satz kam bei den SVP-Oberen damals nicht sehr gut an. Blocher nahm sich den Schreiner zur Brust, dieser sah sich gezwungen, vor laufender Fernsehkamera halbbatzig abzuschwören und eine Art Dementi seiner Aussage zu formulieren.
Dieser Akt, vollzogen aus Parteiräson, ist vorbei und vergessen, jetzt erinnert sich der Schreiner im Gespräch mit CH Media gerne an seinen Spruch über Mörgeli und die verstaubten Knochen von Zürich. «Der gehört dann irgendwann ins Buch der geflügelten Worte von mir. Der kommt dann auch in dieses Buch», so Bortoluzzi freudig.
Mörgelis Ankündigung, wieder zu kandidieren, trägt der Schreiner mit Fassung. «Der ist ja ein junger Bursche, der kann sich melden», sagt Bortoluzzi. Ob Mörgeli dann auch aufgestellt wird, das werde bei der Zürcher SVP die «Listenkommission» entscheiden, erklärt der Schreiner, der bekanntermassen lieber mehr Handwerker in der Partei sähe als noch mehr Akademiker. «Es kann sich jeder bewerben – ich bin nicht in der Listenkommission, das ist eine separate Gruppe», erläutert der erste Vizepräsident der Zürcher SVP.
Bortoluzzis Prognose ist günstig. «Mörgeli wird wohl schon aufgestellt, er hat ja grosse Aktivität in der Partei. Und seine Ausstrahlung ist weit überdurchschnittlich», sagt der ehemalige Spezialist für Sozialversicherungen im Bundesparlament, in einem Anflug von Diplomatensprache.
Auf das Buch der geflügelten Bortoluzzi-Worte darf man gespannt sein. Dieser Spruch da über gleichgeschlechtliche Paare gehört wohl auch zu denen, die der Schreiner in sein Werk aufnehmen will. Der Spruch trug ihm einen Sturm der Entrüstung ein und sogar eine Demonstration unter dem Motto «Hirnlappen für Bortoluzzi».