Digital
Schweiz

Darum boomt das E-Auto in der Schweiz auch ohne staatliche Förderung

Renault Zoe: Elektroautos werden in Deutschland staatlich subventioniert.
Renault Zoe: Elektroautos werden in Deutschland staatlich subventioniert.bild: imago

Darum boomt das E-Auto in der Schweiz auch ohne staatliche Förderung

Schweizerinnen und Schweizer kaufen immer öfters Elektroautos. Anders als in Deutschland müssen sie auf staatliche Unterstützung verzichten. Das eigentliche Problem liegt aber ganz woanders.
08.01.2022, 20:58
Mehr «Digital»

Das Elektroauto bewegt sich in der Schweiz Richtung Mainstream. Letztes Jahr war fast jeder siebte Neuwagen ein reiner Stromer. Und während Tesla & Co. an Beliebtheit zulegten, nahm das Interesse der Kundschaft an reinen Verbrennungsmotoren deutlich ab.

Mit einem Marktanteil von über 13 Prozent bei den Neuwagen bewegt sich das E-Auto in der Schweiz etwa auf dem Niveau von Deutschland. Dabei sind dort die Rahmenbedingungen auf den ersten Blick besser: Käufer erhalten umgerechnet bis zu 9300 Franken Zuschuss.

Viele Kantone ohne Förderung

Schweizer können von solchen Beträgen nur träumen. Basel-Stadt erstattet zwar maximal 5000 Franken beim Kauf eines E-Autos zurück, allerdings nur an Unternehmen. Thurgau förderte Elektroautos mit 2000 Franken, Schaffhausen und Tessin ebenfalls. Die meisten Kantone kennen aber keine Förderung. Viele geben nicht mal einen Steuerbonus.

Warum ist der Marktanteil in beiden Ländern ähnlich hoch? Das E-Auto habe in Deutschland gegenüber der Schweiz ein paar Nachteile, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research. Einerseits sei der Strom viel teurer, andererseits gebe es in Deutschland immer noch Steuerprivilegien auf Dieselkraftstoffe. Zudem dürfte die höhere Kaufkraft in der Schweiz eine Rolle spielen.

Kommt dazu, dass in Deutschland auch Plug-in-Hybride – also Fahrzeuge mit Elektro- und Verbrennungsmotor – ebenfalls von hohen Förderprämien profitieren. «Ungünstige staatliche Förderungen und Energiepreise legen dem vollelektrischen Auto die Bremse an», kommentiert Dudenhöffer.

Dass E-Autos in der Schweiz ohne grosse Förderung boomen, dürfte auch daran liegen, dass wir schon heute eines der weltweit dichtesten Ladenetze für Elektromobilität haben und «Reichweitenangst» dank effizienteren Auto-Akkus sowie besser informierten Kundinnen und Kunden immer seltener ein Thema ist.

Die Webseite www.ich-tanke-strom.ch zeigt die Verfügbarkeit von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Echtzeit.
Die Webseite www.ich-tanke-strom.ch zeigt die Verfügbarkeit von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Echtzeit.

E-Autos werden immer günstiger

Vermutlich beflügelt auch die Klimawandel-Diskussion das E-Auto, die viel wichtigeren Gründe für den aktuellen Boom sind aber die jährlich wachsende Modellpalette sowie günstigere Preise.

Bald dürften Förderungsgelder überflüssig sein. Gemäss einer Studie der Nichtregierungsorganisation Transport & Environment (T&E) dürften Elektrolimousinen und SUVs ab 2026 in der Herstellung günstiger sein als Benziner, Kleinwagen ein Jahr später. Als Hauptgrund dafür nennt T&E fallende Batteriekosten und dezidierte Produktionslinien für E-Autos. Anders gesagt: Je mehr E-Autos und je weniger Verbrenner gebaut werden, desto grösser wird der Kostenvorteil für E-Autos. Strengere CO₂-Vorschriften verteuern zudem die Entwicklung von Verbrennern, was wiederum den Stromern zugute kommt.

Das Problem: Fehlende Heimladestationen

Eine staatliche Kaufprämie fordert der Verband Swiss eMobility darum nicht. Deren Geschäftsführer Krispin Romang sieht eher ein Problem bei den Heimladestationen. «Für Mieter, Stockwerkeigentümer und Zonenparkierer sind die Hürden für die Heimladung noch zu hoch.» Der Verband will darum auch über den politischen Weg Mietern und Stockwerkeigentümer die Möglichkeit zu einer Heimladestation verschaffen. Der Bundesrat unterstützt dieses Vorhaben jedoch nicht.

Die Dominanz der Verbrennungsmotoren am Neuwagenmarkt schwindet von Jahr zu Jahr. 2021 machten Benziner noch 42 Prozent aller verkauften Neuwagen in der Schweiz aus, im Jahr zuvor waren es noch 50 Prozent. Der Trend geht zu alternativen Antrieben. Romang warnt darum: «Wer heute noch einen Verbrenner kauft, wird einen nie dagewesenen Preiszerfall seines Fahrzeuges erleiden.»

(oli/sda/awp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Mit diesem E-Auto startet Toyota seine Elektroauto-Offensive
1 / 12
Mit diesem E-Auto startet Toyota seine Elektroauto-Offensive
Toyota startet seine Elektroauto-Offensive Mitte 2022 mit dem BZ4X (Beyond Zero). Die wichtigsten Funktionen und Daten folgen in dieser Slideshow.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Es wird mir schlecht» – Toggi und Baroni im Polestar-Testdrive
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
62 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Knut Knallmann
08.01.2022 22:53registriert Oktober 2015
Die Schweiz hat noch einen Vorteil: Sie ist deutlich kleiner als Deutschland und es gibt ein Tempolimit auf den Autobahnen. Zum einen kommt das Auto deshalb weiter und ganz allgemein sind die Distanzen weniger hoch. Es gibt in der Schweiz schon heute sehr wenige Anwendungsfälle, wo die heutigen Reichweiten der Autos ungenügend wären.
798
Melden
Zum Kommentar
avatar
Yankee25
08.01.2022 22:07registriert September 2018
Förderung im KT LU so. Strassenverkehrssteuer für Tesla Model 3 Long Range CHF 860.- Für den alten Diesel Stinker CHF 397.-

Immerhin - Unterschied Strom vs Diesel Preis ist immens. Und auch praktisch keine Unterhaltskosten.

Warum der Bundesrat das nicht für Stockwerkeigentümer & Mieter nicht unterstützt, kann ich mir ausdenken (Stichwort Trychler Ueli).
6619
Melden
Zum Kommentar
avatar
Susokiqt
08.01.2022 21:20registriert September 2021
Kann der BR auch mal was sinnvolles unterstützen?
6021
Melden
Zum Kommentar
62
So up to date ist die Schweizer Rapszene

watson war gestern am SRF Bounce Cypher vor Ort in Oerlikon. Logisch, dass nicht jeder so gut Bescheid weiss wie Menschen, die im Journalismus arbeiten, aber trotzdem: Wir wollten von den Künstlerinnen und Künstlern wissen, wie gut sie informiert sind darüber, was in der Welt gerade so abgeht. Weisst du, wer zurzeit in den USA um das Amt des Präsidenten kämpft? Oder wie unser Schweizer ESC-Song heisst?

Zur Story