Kerry droht Moskau mit Abbruch der Syrien-Gespräche

Kerry droht Moskau mit Abbruch der Syrien-Gespräche

28.09.2016, 17:48

US-Aussenminister John Kerry hat Russland mit dem Abbruch der Syrien-Gespräche gedroht, sollte das Land die Angriffe auf Aleppo nicht stoppen. Das machte Kerry in einem Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow deutlich.

Kerry unterstrich, dass die USA Russland für die Situation in Aleppo verantwortlich machen, wie das amerikanische Aussenministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Die russische Seite hatte noch am Vormittag erklärt, man setze die Verhandlungen mit den USA fort. Russland unterstützt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, die USA die moderaten Rebellen im Land.

Eine von Washington und Moskau ausgehandelte Feuerpause war in diesem Monat nach rund einer Woche gescheitert. Seitdem ist die Gewalt eskaliert.

Spitäler angegriffen

Nach Angriffen stellten am Mittwoch zwei Spitäler in den Rebellengebieten im Osten Aleppos den Betrieb ein. Mindestens eine der Notfallkliniken sei von einem Luftangriff getroffen worden, sagte Adham Sahlul, Sprecher der Syrisch-Amerikanischen Medizinischen Gesellschaft (Sams). Die Hilfsorganisation unterstützt die Spitäler. «Durch solche Angriffe werden Menschen zum Tode verurteilt», erklärte Sahlul.

Aleppos Rebellengebiete hatten in den vergangenen Tagen die bislang heftigsten Angriffe der syrischen und russischen Luftwaffe seit Beginn es Bürgerkriegs im Jahr 2011 erlebt. Dabei kamen mehr als 260 Menschen ums Leben. Laut der UNO-Kinderhilfsorganisation UNICEF wurden alleine seit Freitag mindestens 96 Kinder getötet.

Am Mittwoch starben mindestens sechs Zivilisten, als sie in einem von Rebellen kontrollierten Viertel auf die Verteilung von Brot warteten und von einem Angriff getroffen wurden, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

300'000 Menschen eingeschlossen

Die strategisch und symbolisch wichtige Stadt gehört zu den Brennpunkten der Kämpfe im Land. Anhänger des Regimes und ihre Verbündeten kontrollieren den Westen Aleppos, Rebellen den Osten.

Dieser ist wegen einer Blockade seit Wochen von der Aussenwelt abgeschnitten. Dort sind bis zu 300'000 Menschen eingeschlossen. Wegen der Blockade fehlt es ihnen akut an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.

Nach dem Bombenhagel sind die Spitäler in den Rebellengebieten mit Verwundeten überfüllt. Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge gibt es dort nur noch 35 Ärzte, die völlig überfordert sind. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) teilte über Twitter mit, alle acht Spitäler im Osten Aleppos seien seit Beginn der Blockade im Juli beschädigt worden.

Weisshelme fürchten «Völkermord»

Der Chef der syrischen Hilfsorganisation Weisshelme warnte vor dem völligen Zusammenbruch der Versorgung Aleppos. Die «zivilen Einrichtungen werden nicht in der Lage sein, noch länger als einen Monat die Versorgung sicherzustellen», sagte Raed Saleh der Nachrichtenagentur AFP.

«Wenn es so weitergeht, rechne ich mit einem Völkermord», sagte Saleh. Die Menschen in Aleppo würden jede Gelegenheit zur Flucht nutzen, aber es gebe keinerlei sichere Zuflucht und keinerlei Schutz. Auch die Weisshelme, die sich aus der Bevölkerung rekrutierten und den zivilen Opfern im Krieg helfen, seien durch die Truppen von Präsident Baschar al-Assad tödlich bedroht.

Hilfsorganisationen werfen dem Regime und seinen Verbündeten vor, die Bombardierungen von Spitälern hätten sich zu einer Kriegstaktik entwickelt. Das humanitäre Völkerrecht verbietet derartige Taten, die als Kriegsverbrechen eingestuft werden.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Angriffe auf Spitäler denn auch als Kriegsverbrechen. «Stellen Sie sich ein Schlachthaus vor. Das hier ist schlimmer. Sogar ein Schlachthaus ist humaner», sagte Ban vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York. «Diejenigen, die immer zerstörerische Waffen benutzen, wissen genau, was sie tun.» (sda/dpa/afp/reu)

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