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So gross sind die Schweizer Chancen auf den Gewinn der Nationenwertung

Beat Feuz of Switzerland, 2nd place, celebrates with fans during the prize giving ceremony after the men's downhill race of the FIS Alpine Ski World Cup season at the Lauberhorn, in Wengen, Switz ...
Liebling der Massen und Schweizer Nummer 1: Abfahrer Feuz.Bild: KEYSTONE
Analyse

So gross sind die Schweizer Chancen, tatsächlich die Nationenwertung zu gewinnen

10.01.2020, 09:5810.01.2020, 10:10
Ralf Meile
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Darum geht es

🇨🇭 3260 Punkte : 3247 Punkte 🇦🇹

Schier unglaubliche 30 Saisons in Folge hat Österreich die Nationenwertung des Ski-Weltcups gewonnen. Doch nach dem Rücktritt von Überflieger Marcel Hirscher könnte sich das Blatt wenden. Nach dem ersten Drittel des Winters liegt die Schweiz hauchdünn vorne.

Die Entwicklung der letzten 20 Jahre:

Der flüchtige Blick täuscht: Die Schweiz war Österreich nie nah, auch in den besten Jahren fehlten 2000 Punkte. Und selbst in ihrer schlechtesten Saison waren die Österreicher besser als die Schweizer ...
Der flüchtige Blick täuscht: Die Schweiz war Österreich nie nah, auch in den besten Jahren fehlten 2000 Punkte. Und selbst in ihrer schlechtesten Saison waren die Österreicher besser als die Schweizer in ihrer besten.

Situation bei den Frauen

🇨🇭 1192 Punkte : 1634 Punkte 🇦🇹

Drei Fahrerinnen haben mehr als zwei Drittel aller Schweizer Punkte geholt: Michelle Gisin (301 Punkte), Wendy Holdener (287) und Corinne Suter (225). Keine besonders breite Basis. Diese drei Trümpfe müssen weiterhin stechen, damit das Schweizer Frauenteam nicht abgehängt wird.

Silver medal winner Mikaela Shiffrin, left, of the United States, poses with gold medal winner Michelle Gisin, center, of Switzerland, and bronze medalist Wendy Holdener, also of Switzerland, during t ...
Schweizer Aushängeschilder: Die Olympiasiegerinnen Gisin und Holdener.Bild: AP

Österreich hat mit Katharina Liensberger (269) und Nicole Schmidhofer (218) nur zwei Fahrerinnen, die mit dem Schweizer Top-Trio mithalten können. Der grosse Unterschied ist, dass die Österreicherinnen als Team besser aufgestellt sind. Fällt eine aus, punktet halt eine andere. 18 Fahrerinnen aus Österreich haben es in diesem Winter schon in die Weltcup-Punkte geschafft, nur 12 aus der Schweiz.

So wurden die Punkte geholt:

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Die Abhängigkeit von Gisin, Holdener und Suter ist gross. Lara Gut-Behrami ist unkonstant – allerdings ist sie in den Speedrennen besser als in den Riesenslaloms, die meisten «ihrer» Rennen kommen noch. Zudem gibt Aline Danioth Anlass zur Hoffnung: In den letzten beiden Slaloms glänzte die 21-Jährige mit den Rängen 7 und 8. Ergänzt man das Top-Trio mit Gut-Behrami (158) und Danioth (118) dann sind fünf Schweizerinnen für fast alle Punkte verantwortlich (1089 von 1192).

epa08017538 Aline Danioth of Switzerland reacts during the draw ceremony for the Women's Slalom race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Levi, Finland, 22 November 2019 . EPA/KIMMO BRANDT
Schweizer Aufsteigerin der Saison: Team-Weltmeisterin Danioth.Bild: EPA

Holdener hat noch Luft nach oben, obwohl sie schon zwei Mal aufs Podest fuhr. Und für Suter gilt das gleiche wie für Gut-Behrami: Erst je zwei Abfahrten und Super-G wurden gefahren, zwölf Speed-Bewerbe sind noch ausstehend. In den bisherigen Rennen war Suter nie schlechter als Sechste.

Alles schön und gut, wäre da nicht die Tatsache, dass die Österreicherinnen vor allem im Speed-Bereich mehr Anwärterinnen auf einen Spitzenplatz haben. Im letzten Winter gewann Schmidhofer den Abfahrts-Weltcup vor Stephanie Venier und Ramona Siebenhofer. Und weil im Slalom Mikaela Shiffrin (USA) und Petra Vlhova (Slowakei) die «fetten» Punkte abstauben, entscheidet sich das Duell zwischen den Schweizerinnen und den Österreicherinnen in den schnellen Disziplinen.

Die Besten im Gesamtweltcup:

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Situation bei den Männern

🇨🇭 2068 Punkte : 1634 Punkte 🇦🇹

Bei den Männern ist das «Klumpenrisiko» kleiner, das Team ist breiter abgestützt. Rund die Hälfte der Punkte holte ein Quintett: Beat Feuz (361), Marco Odermatt (222), Mauro Caviezel (217), Daniel Yule (190) und Loic Meillard (188). Nicht weniger als 20 Schweizer haben in diesem Winter bereits gepunktet – gegenüber sogar 21 Österreichern.

So wurden die Punkte geholt:

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Dass die Schweiz viele Athleten hat, die für einen Spitzenplatz gut sind, ist im Moment enorm wichtig. Denn Odermatt (Knie) und Cavieziel (Unterschenkel) fielen zuletzt verletzt aus. Wobei auch die Österreicher nicht von Verletzungen verschont geblieben sind: Für Hannes Reichelt, mit 155 Punkten die Nummer 3 des Teams, ist die Saison nach einem Kreuzbandriss zu Ende.

Austria's Matthias Mayer, center, winner of a men's downhill, poses with second placed Austria's Vincent Kriechmayr, left, and third placed Switzerland's Beat Feuz at the alpine sk ...
Feuz (rechts) soll Mayer (links) und Kriechmayr einheizen.Bild: AP

Dass 155 Punkte intern zu Rang 3 reichen, zeigt: Österreichs Abhängigkeit von seinem Top-Duo ist gross. Die Speed-Asse Matthias Mayer (362) und Vincent Kriechmayr (360) müssen liefern, sonst ist Rot-Weiss-Rot auf verlorenem Posten. In den technischen Bewerben wird der achtfache Gesamtweltcupsieger Hirscher schmerzlich vermisst.

Besonders der Schweizer Aufschwung in der ehemals «ewigen» Sorgendisziplin Slalom ist bemerkenswert. Yule und Ramon Zenhäusern sind Weltklasse, Loic Meillard nicht weit davon entfernt und plötzlich verblüfft auch einer wie Tanguy Nef mit Rang 6. Vielleicht war auch der zweite Platz von Urs Kryenbühl in Bormio kein Exploit, sondern der Startschuss zu einer grossen Karriere.

epa08092574 (L-R) Second placed Urs Kryenbuehl of Switzerland, winner Dominik Paris of Italy and third placed Beat Feuz of Switzerland celebrate on the podium after the Men's Downhill race at the ...
Feuz und Dominik Paris begrüssen Podestneuling Kryenbühl.Bild: EPA

Nicht von dieser Welt ist die Konstanz von Abfahrts-Champ Feuz: In allen vier Abfahrten des Winters fuhr er aufs Podest, in den letzten 21 Abfahrten war er nie schlechter als Achter, fünf davon gewann er und in 17 der 21 Abfahrten stand er auf dem Siegerpodest.

Die Besten im Gesamtweltcup:

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Der Ausblick

Bei den Frauen sind noch insgesamt zwölf Abfahrten und Super-Gs zu absolvieren, gegenüber total zehn Slaloms und Riesenslaloms – das spricht für Österreich. Allerdings sind auch noch drei Kombinationen und zwei Parallelbewerbe angesetzt, wo Holdener und Gisin diejenigen sind, die es zu schlagen gilt. Trotzdem ist es illusorisch, anzunehmen, dass die Schweizer Frauen die Österreicherinnen einholen.

Bei den Männern sieht das Restprogramm in der einzigen Disziplin, in der Österreich besser ist, die wenigsten noch ausstehenden Rennen vor: Fünf Super-Gs. Demgegenüber stehen je sechs Abfahrten und Riesenslaloms sowie acht Slaloms. Und im «Zick-Zack» ist die Schweiz dem Nachbarn in diesem Winter überlegen. Ausserdem gibt es noch zwei Kombinationen und einen Parallel-Event.

Gold medals, Daniel Yule, and Ramon Zenhaeusern of Switzerland, from left to right, poses after the Alpine Team Event at the 2019 FIS Alpine Skiing World Championships in Are, Sweden Tuesday, February ...
Yule (links) und Zenhäusern sind in jedem Slalom für einen Podestplatz gut.Bild: KEYSTONE

Man muss sich nichts vormachen: Der Zweikampf um den Sieg in der Nationenwertung dürfte bis zum Weltcup-Final in Cortina d'Ampezzo Mitte März eine enge Kiste bleiben. Zu einem wesentlichen Teil hängt die Entscheidung davon ab, ob die Athleten, die besonders viele Punkte beisteuern, gesund bleiben. Bei den Verfolgern Norwegen (409 Punkte hinter der Schweiz), Italien (-781) und Frankreich (-915) ist nur je ein Geschlecht top: Bei Norwegen und Frankreich sind es die Männer, bei Italien die Frauen.

Eine Prognose über den Ausgang zu wagen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt der Saison kühn. Aber nur schon die Tatsache, dass sich Swiss-Ski ernsthaft mit dem Gewinn der Nationenwertung auseinandersetzen darf, spricht für sich. Die Hoffnung lebt, dass Österreichs Dominanz nach 30 langen Jahren des Wartens durchbrochen wird.

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Paul Badman
10.01.2020 10:07registriert November 2015
Man darf es nicht verschreien und vor allem hättet ihr das den Oesterreichern nicht mitteilen sollen. Vielleicht hätten sie es gar nicht gemerkt.
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Bratansauce
10.01.2020 10:29registriert Juni 2018
Einfach geniessen!
Es könnte morgen schon wieder anders aussehen!
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Wiesler
10.01.2020 11:09registriert August 2019
Hopp 🇨🇭
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