Die in den Bürgerkrieg in Libyen verwickelten Staaten haben sich auf einen Mechanismus zur Beilegung des Konfliktes geeinigt. Sie verpflichteten sich am Sonntag in Berlin zur Einhaltung eines Uno-Waffenembargos und zu einem Ende der Unterstützung der Konfliktparteien.
Zudem sollen internationale Anstrengungen zur Überwachung des Militär-Embargos verstärkt werden, heisst es in einer Erklärung von 16 Staaten und Organisationen. Gefordert wird eine umfassende Demobilisierung und Entwaffnung der Milizen. Verletzungen eines Waffenstillstandes sollen sanktioniert werden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, sie sei mit den Ergebnissen der Konferenz zufrieden. US-Aussenminister Mike Pompeo, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und dessen russischer Amtskollege Präsident Wladimir Putin verliessen die Berliner Libyen-Konferenz bereits wieder.
Im ersten Teil der Abschlusserklärung heben die Konferenzteilnehmer hervor, dass es «keine militärische» Lösung zur Beilegung des Konflikts in Libyen geben könne und bekräftigen ihre Unterstützung für die Friedensbemühungen des Uno-Sondergesandten Ghassan Salamé. Betont wird zudem das Bekenntnis der Konferenzteilnehmer zur «Souveränität, Unabhängigkeit, territorialen Unversehrtheit und nationalen Einheit Libyens».
Zu den wichtigsten Punkten der Abschlusserklärung gehört die Selbstverpflichtung der Konferenzteilnehmer, sich «nicht in den bewaffneten Konflikt in Libyen und in die inneren Angelegenheiten» des Landes einzumischen sowie die Aufforderung an «alle internationalen Akteure», dies ebenfalls zu unterlassen.
Bei den Beschlüssen zum Waffenstillstand handelt es sich vor allem um Appelle. Die Konferenzteilnehmer fordern die «Einstellung aller militärischen Bewegungen seitens oder in direkter Unterstützung der Konfliktparteien» ab dem Beginn des Waffenstillstandsprozesses. Gefordert wird darüber hinaus die «Demobilisierung und Entwaffnung bewaffneter Gruppierungen und Milizen». Schwere Waffen sollen zurückgezogen werden, Kampfflugzeuge am Boden bleiben, Milizen auf beiden Seiten aufgelöst werden.
Gefordert wird zugleich die Einleitung eines von der Uno unterstützten Prozesses zu dem Waffenstillstand. Dabei soll es nach einer Entwaffnung von Milizen und bewaffneten Gruppen in Libyen um die «Eingliederung geeigneten Personals» in zivile, sicherheitsbezogene und militärische Institutionen des Staates gehen. Alle Konfliktparteien sollen sich von Gruppierungen, die von der Uno als «terroristisch» eingestuft werden - wie dem Islamischen Staat (IS) oder al-Kaida - distanzieren.
Unter Uno-Vermittlung sollen Experten die Einhaltung des Waffenstillstands, die Auflösung bewaffneter Gruppen und den Aufbau vorläufiger Sicherheitsstrukturen überprüfen. Der Uno-Sicherheitsrat wird aufgefordert, «angemessene» Sanktionen gegen jene zu verhängen, die gegen die Waffenstillstandsvereinbarungen verstossen.
Die Konferenzteilnehmer verpflichten sich zur «unzweideutigen» und «vollständigen» Einhaltung des 2011 gegen Libyen verhängten Waffenembargos und fordern alle internationalen Akteure auf, dies ebenfalls zu tun. Die «Finanzierung militärischer Fähigkeiten und die Rekrutierung von Söldnern» wird ausdrücklich als Verstoss gegen das Waffenembargo bezeichnet.
Die Teilnehmerstaaten verpflichten sich, die Uno über alle Verstösse gegen das Waffenembargo zu informieren. «Alle Akteure» werden aufgerufen, ab sofort «die vom Uno-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen gegen diejenigen anzuwenden und durchzusetzen, die nachweislich gegen das Waffenembargo des Uno-Sicherheitsrates oder den Waffenstillstand verstossen».
Die Konferenz fordert die Einrichtung eines funktionsfähigen Präsidentschaftsrates und die Bildung einer «alle Seiten einbeziehenden und handlungsfähigen libyschen Einheitsregierung», die parlamentarisch anerkannt werden soll.
Die libyschen Konfliktparteien werden aufgefordert, den politischen Prozess unter Federführung der Uno wiederaufzunehmen. Damit soll der «Weg zur Beendigung der Übergangsperiode» durch freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen unter Aufsicht der nationalen Wahlkommission geebnet werden. Die Konferenzteilnehmer verpflichten sich, die «Ergebnisse dieses innerlibyschen politischen Prozesses zu akzeptieren».
Die Konferenzteilnehmer fordern die «Wiederherstellung des rechtmässigen Gewaltmonopols des Staates» sowie die Schaffung nationaler Sicherheitsorgane, darunter Polizei und Armee. Alle Seiten in Libyen werden zur Achtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte aufgefordert. Zivilisten, Migranten und Flüchtlinge sollen - auch durch die Zusammenarbeit mit Uno-Stellen - geschützt werden. Auch ein Ende willkürlicher Inhaftierungen in Libyen wird gefordert. Haftlager für Flüchtlinge und Asylbewerber sollen schrittweise geschlossen werden.
Das Berliner Papier formuliert einen neuen politischen Prozess, der eine Stärkung der zentralen Institutionen zum Ziel hat und auf eine Rückkehr zum politischen Prozess unter Führung der Vereinten Nationen abzielt. Eine Reform des Sicherheitssektors müsse das Gewaltmonopol des Staates wieder herstellen, heisst es darin.
Gefordert wird die Respektierung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Wer für Angriffe auf Zivilisten und bewohnte Gebiete, Entführungen, aussergerichtliche Tötungen und sexuelle Gewalt, Folter und Menschenschmuggel verantwortlich sei, müsse zur Verantwortung gezogen werden, heisst es. Die Konferenz fordert auch eine transparente und gerechte Verteilung der Öleinnahmen in dem Land. (jaw/sda/dpa/afp)