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Martin Bäumle im Interview im Polit-Interview

Martin Bäumle, GLP
GLP-Gründer Martin Bäumle.Bild: watson/rafaela roth

GLP-Gründer Martin Bäumle: «Ein spektakulärer Übertritt aus der FDP wäre spannend»

01.09.2019, 07:15
Patrik Müller
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Der Gründer der Grünliberalen, Martin Bäumle, beendet die Träume von einem Öko-Vertreter im Bundesrat. Selbst wenn seine Partei und die Grünen gemeinsam deutlich mehr Wähleranteile holen als die CVP, seien Bundesrats-Ambitionen vermessen, sagt er im Interview mit der «Schweiz am Wochenende».

Er gründete die Grünliberale Partei 2004 und war bis vor zwei Jahren ihr Präsident. Seither ist es still geworden um den einst omnipräsidenten Martin Bäumle, 55. «Ich habe mich bewusst zurückgenommen», sagt er, als wir ihn in einer Bar im Zürcher Hauptbahnhof treffen. Sein Nachfolger Jürg Grossen und Frauen wie Kathrin Bertschy sollten im Vordergrund stehen. Doch nun fühlt sich Bäumle wieder frei, sich zu äussern.

Worin unterscheidet sich die heutige GLP von derjenigen Partei, die Sie vor 15 Jahren gegründet haben?

Es ist das passiert, was wir uns bei der Gründung gewünscht haben: Die Partei ist gewachsen und hat sich auch inhaltlich verbreitert. Dadurch sind auch mehr Meinungen vertreten, was zu mehr Diskussionen über den Kurs führt. Am Anfang, als ich noch fast allein war, war meine Meinung faktisch Parteimeinung. Das ist vorbei. Gut so!

Sie stehen für Umweltschutz gepaart mit wirtschaftlichem Liberalismus – und für eine eher konservative Finanzpolitik. Die GLP von heute aber nimmt man mehr als Frauen- und Europapartei wahr. Ist sie nach links gerückt?

Nicht generell. Der bilaterale Weg war immer in den grünliberalen Genen. Wir sagten folgerichtig als erste klar Ja zum Rahmenabkommen. Dies ist keine linke, sondern eine wirtschaftsfreundliche Positionierung.

Und die Frauenfrage?

Frauenförderung war für mich vom ersten Tag an zentral. Sonst gäbe es kaum so viele Frauen bei uns. Auch hier: Das bedeutet nicht automatisch ein Linksrutsch, denn Anliegen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind liberale Postulate.

Schaut man sich die präsentesten neue Köpfe an, etwa Kathrin Bertschy, hat man den Eindruck: Die GLP wächst vor allem am linken Flügel. Zeigen das nicht auch die prominenten SP-Übertritte wie Chantal Galladé?

Es ist wohl schon so, dass ich früher in der Mitte der Partei stand und heute eher etwas rechts davon. Ob aber die SP-Zugänge die Partei nach links schieben, bezweifle ich. Kommunikativ wäre ein spektakulärer FDP-Übertritt sicher spannend. Denn inhaltlich decken wir dieses Spektrum ebenso gut ab.

SP-Präsident Christian Levrat sieht die GLP als Teil der rechten FDP-SVP-Phalanx im Nationalrat.

Das ist natürlich falsch, aber hilft vielleicht, eine zu linke Wahrnehmung der GLP zu korrigieren.

In der Klimapolitik positioniert sich die FDP neuerdings ähnlich wie Ihre Partei. Schadet das der GLP?

Nein. Der Sache dient es sogar. Aber ich traue diesem neuen freisinnigen Kurs nicht. Wenn aber einige Freisinnige auch nach den Wahlen weiter grünliberal stimmen, dann kommen wir in der Klimapolitik vorwärts.

Die GLP entstand 2004 aus einem Richtungsstreit bei den Grünen im Kanton Zürich. Vor fünf Jahren posierten Sie gemeinsam mit Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli, die «SonntagsZeitung» titelte: «Ende der Eiszeit.» Warum ist daraus nichts geworden?

Eine Fusion Grüne und Grünliberale ist ausgeschlossen. Die Unterschiede sind, abgesehen von der Umweltpolitik, einfach zu gross. Aber eine Versöhnung hat durchaus stattgefunden: Ich erlebe keine Anfeindungen, keine Animositäten mehr und in der Umweltpolitik arbeiten wir gut zusammen.

«Es ist wohl schon so, dass ich früher in der Mitte der Partei stand und heute eher etwas rechts davon.»

Zusammen holen die beiden grünen Parteien im Herbst womöglich um die 15 Prozent – deutlich mehr als die CVP, ähnlich viel wie SP und FDP. Gemeinsam hätten Sie Chancen auf einen Bundesratssitz.

Das ist vor allem ein Medienthema. Inhaltlich haben wir mit den Grünen zu wenig Übereinstimmungen, um gemeinsam einen Bundesrat anzustreben. Zudem sollte man auch im Ständerat verankert sein. Wir wollen in den Wahlen zulegen, doch heute sind grünliberale Bundesrats-Ambitionen vermessen.

Die Farbe Grün ist in vielen Kantons- und Stadtregierungen vertreten. Warum nicht auch im Bund?

Mal realistisch: Welche der Bundesratsparteien hat ein Interesse, uns einen Sitz zu geben? Die SP? CVP? FDP? SVP? Niemand! Es gibt heute keine Mehrheit dafür in der Bundesversammlung.

Die GLP profitierte bei den Wahlen 2011 von Fukushima, 2015 fiel sie zurück, jetzt gibt Ihnen Greta Rückenwind. Die GLP ist eine Modeerscheinung. Wird sie nach dem Klima-Hype wieder verschwinden?

Erstens wird der Klimawandel noch lange ein Topthema bleiben. Jahrzehntelang! Zweitens gibt es einen Markt für eine ökologische und ökonomisch vernünftige Kraft mit Lösungen.

… das behauptete der Landesring der Unabhängigen (LdU) auch.

Der LdU war wohl zu stark von der Migros geprägt und driftete später auseinander. Diese Erfahrung zeigt, worin das Risiko für die GLP langfristig liegt: Dass sie in der Breite wächst und die Uneinigkeit bei strittigen Themen zunimmt. Würden wir plötzlich auf das Thema Migration setzen, könnte es uns zerreissen. Wir müssen Spalt-Themen pragmatisch angehen.

Neugründungen verschwanden mit Ausnahme der Grünen allesamt wieder. Das droht auch der BDP.

Für die BDP wird es nicht einfach, sie ist eine Abspaltung der SVP und hat Mühe, eine eigene Identität zu entwickeln. Wir als Grünliberale hatten schon bei der Gründung eine klare Idee, was unsere Partei ausmachen soll. Bleiben wir bei unseren Kernthemen und deren Weiterentwicklung, wird sich die GLP langfristig etablieren. (aargauerzeitung.ch)

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22 Kommentare
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wilhelmsson
01.09.2019 08:28registriert Dezember 2015
Herr Bäumle ist ein sympathischer Realist, der sich weder nach links noch nach rechts drängen lässt. Genau solche Politiker helfen uns, in wichtigen Themen weiter zu kommen. Ich wünschte mir, andere Politiker hätten ebenfalls etwas mehr davon.
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Stromer5
01.09.2019 08:48registriert Juli 2015
Ich dachte eigentlich immer, die GLP vertrete meine Interessen noch am ehesten. Doch als ich gestern die 75 Fragen auf smartvite ausgefüllt hatte, kam mit grossem Abstand die EVP hervor. Nun stellt sich mir die Frage, ob die GLP wirklich so grün und in der Mitte steht wie sie sich gibt, denn das ist meine grundsätzliche Einstellung. Vermutlich hat sie bei meiner Auswertung im sozialen Boden verloren...
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