Wintersturm «Burglind» fegt mit fast 200 km/h über die Schweiz

Wintersturm «Burglind» fegt mit fast 200 km/h über die Schweiz

03.01.2018, 18:12

Der Sturm «Burglind» ist am Mittwoch mit Böenspitzen von bis zu 200 km/h über die Schweiz gefegt. Mindestens 16 Menschen wurden verletzt, davon acht bei der Entgleisung eines Bahnwaggons im Berner Oberland. Es kam zu zahlreichen Verkehrsproblemen.

An der Lenk im Simmental im Berner Oberland entgleiste ein Waggon eines Zuges der Montreux-Berner Oberland-Bahn (MOB). Acht Menschen wurden verletzt, die meisten von ihnen leicht. Im Zug befanden sich 18 Passagiere.

Der Waggon lag nach dem Unfall umgekippt im Schnee neben dem Bahntrassee, wie auf Pressebildern zu sehen war. Nach Informationen des Lenker Gemeindepräsidenten René Müller hatte eine Windböe einen Bahnwagen aus den Schienen getragen.

Bäume fallen auf Autos

Im Aargau wurde eine Person verletzt, weil ein herabstürzender Baum ein Auto traf. Im Kanton Luzern verletzte sich eine Frau als die Frontscheibe ihres Fahrzeugs zerbarst, und eine Passantin wurde von herumfliegenden Gegenständen getroffen.

In Worb bei Bern wurde ein Auto von einem umstürzenden Baum getroffen. Der Lenker sowie ein mitfahrendes Kind wurden leicht verletzt ins Spital gebracht. In Biberist SO fiel ein Baum auf ein Auto, und der Lenker wurde leicht verletzt. Im Kanton Neuenburg stürzten zwei ältere Menschen, weil der Wind sie umwehte.

Die SBB sprach in ihrer Unwetterbilanz von ausserordentlich vielen und gleichzeitigen Fahrleitungsstörungen. Der starke Wind habe Gegenstände, etwa Blachen oder Baunetze, in die Fahrleitungen geweht. Fahrleitungsequipen und das Personal in den Betriebszentralen der SBB waren pausenlos im Einsatz.

Auch etliche Strassen waren wegen Sturmschäden gesperrt. Die Autobahn A1 im Kanton Solothurn in Richtung Bern ab Oensingen über zwei Stunden nicht passierbar. Wegen des Sturms waren am Mittwoch mehrere Fahrzeuge umgekippt. Die Polizei meldete zudem eine abgerissene Hochspannungsleitung.

Blockiert in Seilbahngondel

Ungemütlich war die Lage von Passagieren einer Gondelbahn im St. Galler Skigebiet Pizol. Die Bahn hätte am Mittag wegen des drohenden Sturms abgestellt werden sollen, als bereits extrem starke Böen auftraten. Bäume stürzten auf die Tragseile der Bahn, wie ein Sprecher der Pizolbahnen sagte. Am Nachmittag wurden die Passagiere evakuiert.

Störungen auch im Flugverkehr: Am Flughafen Zürich mussten rund 40 Flüge annulliert werden. Mindestens sieben wurden umgeleitet, wie eine Sprecherin sagte. Etliche Flugzeuge mussten durchstarten. Basel-Mülhausen verzeichnete bei insgesamt 170 planmässigen Starts und Landungen 15 gestrichene und fünf umgeleitete Flüge.

Baumkrone auf Einkaufsstrasse

Über 2000 Schadenmeldungen gingen bei den Kantonspolizeien ein. An einigen Orten klingelte das Telefon im Minutentakt. Umgestürzte Bäume, weggewehte Tafeln und Bauabschrankungen oder abgedeckte Dächer waren Gründe für Meldungen. Bei Ennetbürgen NW legte der Wind ein abgestelltes Kleinflugzeug auf den Rücken.

In Chur stürzte die Krone eines Mammutbaumes auf ein Marronihäuschen in einer belebten Einkaufsstrasse. Der Verkäufer und die Passanten hatten grosses Glück, verletzt wurde niemand. Im Berner Tierpark Dählhölzli beschädigte der Sturm Gehege, unter anderem von Wölfen, Bären und Wildschweinen. Ob Tiere entweichen konnten, war zunächst nicht bekannt.

Kein Strom im Haus

Stromausfälle wegen des Sturms betrafen mehrere zehntausend Menschen in verschiedenen Landesteilen. Im Gebiet der Centralschweizer Kraftwerke waren rund 6000 Kunden betroffen, im Kanton Bern etwa 14'000 Stromabnehmerinnen und -abnehmer, vor allem im Berner Jura, im Emmental und im Oberland.

Mehrere Tausend Menschen hatten am rechten Zürichseeufer keinen Strom, weil Bäume auf eine Hochspannungsleitung gestürzt waren. Auch im Neuenburger Val-de-Travers traf ein Stromunterbruch ungefähr 10'000 Personen.

«Stark, aber nicht extrem»

Vorboten des Sturms machten sich bereits in der Nacht bemerkbar. Auf dem Säntis wurden gegen 4 Uhr die ersten starken Böen gemessen. Im Laufe des Vormittags wurden die Winde dann stärker. MeteoSchweiz sprach am Nachmittag von einem «starken, aber nicht extremen Sturm».

In den Niederungen der Alpennordseite wurden Böenspitzen von 80 bis 130 km/h gemessen. Die stärkste Böe wurde in Wädenswil ZH mit 150 km/h verzeichnet. In den Bergen wehte der orkanartige Westwind mit Geschwindigkeiten von 130 bis 180 km/h. Am stärksten stürmte es auf dem Gütsch ob Andermatt UR, wo eine Böe von 200 km/h gemessen wurde.

Sehr kritische Lawinensituation

«Burglind» bringt neben stürmischem Wind auch viel Niederschlag. Deshalb sprach das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) am Mittwoch von einer «sehr kritischen» Situation in den Bergen. Am nördlichen Alpenkamm, im Wallis und in Teilen Graubündens herrschte am Abend die vierte von fünf Gefahrenstufen.

In den anderen Gebieten ist die Lawinengefahr verbreitet erheblich - das entspricht der mittleren der fünf Gefahrenstufen. Im Unterwallis wurden einzelne Chalets oberhalb von Conthey VS wegen der hohen Lawinengefahr evakuiert. Zwischen zwanzig und vierzig Personen sind laut dem Gemeindepräsident betroffen. (sda)

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