Tierärzte verabreichen weniger Antibiotika in der Nutztierhaltung

Tierärzte verabreichen weniger Antibiotika in der Nutztierhaltung

27.09.2017, 12:24

Tierhalter und Tierärzte denken beim Antibiotika-Einsatz offenbar um. So werden in der Schweiz immer weniger Antibiotika für Tiere verkauft. Erstmals gingen auch die Verkäufe bei den kritischen Antibiotika deutlich zurück.

Diese kritischen Antibiotikaklassen sind Wirkstoffe, die wegen drohender Resistenzen für die Humanmedizin von höchster Priorität sind. 2016 nahmen die Vertriebsmengen bei diesen Präparaten im Vergleich zum Vorjahr um 23-25 Prozent ab, wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) am Mittwoch mitteilte. Davor hatte die Absatzmenge jahrelang geschwankt.

Insgesamt wurden 2016 38'300 Kilogramm Antibiotika für Tiere verkauft, 9 Prozent weniger als im Vorjahr. Verglichen mit 2008 ergibt sich ein Rückgang um 45 Prozent. Damals wurden noch 72'000 Kilogramm in Verkehr gebracht.

Weniger Antibiotika im Futter

Verantwortlich für den Rückgang ist vor allem die Tatsache, dass in der Nutztierhaltung weniger Antibiotika zur Behandlung von Tiergruppen über das Futter verabreicht werden. Die stete Abnahme der Gesamtverkaufsmenge weise auf eine «Bewusstseinsänderung» bei den Tierärztinnen und Tierärzten sowie bei den Tierhaltern hin, schreibt das BLV. Zudem dürfen Antibiotika nicht mehr vorsorglich eingesetzt werden.

Bei den kritischen Antibiotika ist der starke Rückgang hauptsächlich auf ein Verbot zurückzuführen. So dürfen diese Antibiotikaklassen seit dem 1. April 2016 nicht mehr auf Vorrat abgegeben werden.

Ob die verkauften Antibiotika effektiv eingesetzt wurden, beantwortet die Verkaufsstatistik nicht. Im Zusammenhang mit der Resistenzbildung ist nicht die Abnahme der Gesamtmenge relevant, sondern die Anzahl Behandlungen pro Tier, respektive die Zahl behandelter Tiere pro Zeiteinheit.

Ab 2019 soll eine Datenbank darüber Auskunft geben, wie die Antibiotika im Einzelnen verwendet werden und ob die Behandlungen der Tiere effektiv sind. Die Daten sollen es auch erlauben, spezifische Probleme zu identifizieren und diese mit gezielten Massnahmen anzugehen, wie das BLV weiter schreibt.

Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt

Die Bemühungen sollen gewährleisten, dass Antibiotika langfristig wirksam bleiben - auch für Behandlungen am Menschen. Der übermässige und teilweise unsachgemässe Einsatz von Antibiotika führt dazu, dass immer mehr Bakterien gegen die Wirkstoffe resistent werden und die Arzneimittel nicht mehr wirken.

Weil die Resistenzen für Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt bedrohlich sind, geht der Bundesrat mit der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) das Problem koordiniert an. Die Ergebnisse der Resistenzüberwachung veröffentlicht das BLV zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) alle zwei Jahre.

Der letzte Bericht, der im vergangenen Jahr erschien, zeigte auf, dass in der Schweiz jedes Jahr tausende Menschen sterben, weil wirksame Antibiotika fehlen. In der Humanmedizin nimmt der Antibiotikaverbrauch trotz gegenteiliger Bemühungen weiter zu. (sda)

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