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«Die Fotos von Antoine Geiger sind kulturpessimistische Kackscheisse»

Diese Bilder sollen uns zeigen, wie schlimm Handys sind – das ist nichts anderes als kulturpessimistische Kackscheisse

11.11.2015, 16:2712.11.2015, 21:09
Philipp Meier
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Diese Fotos von Antoine Geiger verbreiten sich gerade rasant in den sozialen Medien:

Fotoprojekt «SUR-FAKE» von Antoine Geiger

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Fotoprojekt "SUR-FAKE" von Antoine Geiger
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Sie sollen zeigen, dass wir uns von unserer realen Umwelt immer mehr entfremden – und passen in eine Reihe von Fotoprojekten und Studien, die dasselbe oder Ähnliches nahelegen.

Vor ziemlich genau einem Jahr gingen beispielsweise die Aufnahmen eines Fotografen im Netz rum, die den Tod der Konversation festhalten sollen:

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Ein Fotograf hält den Tod der Konversation durch Smartphones in Bildern fest
Die Unterhaltung läuft auf dem kleinen Bildschirm.
quelle: babycakesromero
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Und vor kurzem hielt das Jahrbuch Qualität der Medien eines Forschungsinstituts der Universität Zürich fest: «Junge Menschen sind unterinformiert».

Geht es mit der Menschheit bergab?

Nichts gegen die Kritik an Facebook und anderen grossen Web-Plattformen. Nichts gegen das Hinterfragen unseres Medienkonsums. Nichts gegen Hinweise darauf, wie wir mit neuen Gadgets umgehen.

Aber diese überinszenierte, kulturpessimistische Kackscheisse, die mir den Untergang des Mitmenschlichen mitten in die Fresse haut, geht mir total auf den Sack.

Die Bilder von Antoine Geiger können nämlich auch ganz anders interpretiert werden: Die Leute auf den Fotos stehen mit ganz vielen anderen Menschen in Kontakt. Das eben geschossene Selfie wird online geteilt. Dabei macht man sich Komplimente; die gleich aufrichtig oder falsch sind, wie im «realen Leben» (wobei diese Trennung auch nur die Kulturpessimisten machen, denn das virtuelle zählt längst zu unserer Realität). Über diese Geräte findet ebenso ein sozialer Austausch statt. Und vor allem: Es sind Momentaufnahmen. Im nächsten Moment schauen die Menschen wieder auf und achten (auf) einander.

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als die Fernsehgeräte in unseren Wohnzimmern Einzug hielten (ja, so alt bin ich schon;). Auch damals ging ein grosses kulturpessimistisches Raunen und Zetern los. Alle Menschen werden nun verdummen und vor den TV-Geräten total vereinsamen. 

Heute können wir mit den kleinen Bildschirmen raus gehen und uns unter die Menschen mischen – und jetzt ist es auch wieder nicht recht!

Letzthin stolperte ich auf Twitter über einen Comic, der diese wiederkehrenden Diskussionen sehr schön auf den Punkt.

Bild
bild: xkcd

Deshalb meine Bitte an dich: Höre auf, diesen pauschalen Kulturpessimismus-Schrott zu teilen! Lasse uns differenziert und kritisch über die Menschlichkeit im Allgemeinen und die Veränderung durch den technologischen Wandel im Speziellen diskutieren. Zum Beispiel jetzt. In den Kommentaren 👇

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Madison Pierce
11.11.2015 17:21registriert September 2015
Früher war in der Tat nicht alles besser, man hat nicht mit der alten Dame an der Bushaltestelle übers Wetter gesprochen. Man war vertieft in sein Buch, seinen Gameboy oder seinen Walkman.

Aber was früher anders war: das waren alles Dinge, die nicht zeitkritisch waren. Man hat sie auf die Seite gelegt, während dem man mit einem Kollegen gesprochen oder im Restaurant gesessen ist. Niemals hat man während eines Gesprächs mal kurz sein Buch aufgeklappt und eine Zeile gelesen oder ein paar Takte auf dem Walkman gehört. Das ist jetzt mit den Smartphones leider oft anders, Notifications sei Dank..
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Scaros_2
11.11.2015 17:30registriert Juni 2015
Darum immer in Bars gehen die Offline-Glässer anbitten :D
Diese Bilder sollen uns zeigen, wie schlimm Handys sind – das ist nichts anderes als kulturpessimistische Kackscheisse
Darum immer in Bars gehen die Offline-Glässer anbitten :D
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Leowind Pilz
11.11.2015 16:44registriert Oktober 2015
Naja, ein wenig recht hast du schon, aber ich komme mir trotzdem doof vor, wenn ich mit 3 Kumpels im Restaurant am Tisch sitze und die 3 starren alle ununterbrochen aufs Handy. Man sollte öfter das Handy auch mal weglegen können und sich einfach miteinander unterhalten, auch auf die "Gefahr" hin, etwas zu verpassen.
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