Karl Lüönd*, Sie haben Magdalena Martullo-Blocher während drei Jahren begleitet und ein Buch über die Ems-Chemie geschrieben ...
Ja, und ich habe nur gute Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Frau Martullo-Blocher, obwohl wir das Heu politisch ja überhaupt nicht auf der gleichen Bühne haben.
Das müssen Sie jetzt sagen, weil Sie für das Abfassen der Biographie sehr viel Geld erhalten haben.
Na, und? Das hat ja keine Einfluss auf das zwischenmenschliche Verhältnis. Die Arbeit hätte gut bezahlt und das gegenseitige Einvernehmen am Schluss doch getrübt sein können. Dem war aber nicht so. Martullo-Blocher hat mich beeindruckt mit ihren analytischen Fähigkeiten und ihrer geradlinigen Art.
Überrascht Sie die Nationalratskandidatur?
Nein, überhaupt nicht. Es liegt in der Natur einer so zielstrebigen Persönlichkeit wie Martullo-Blocher, dass sie in neue Felder vorstösst, wenn sie in einem Bereich bereits grosse Erfolge verbucht hat. Die Ems unter Martullo ist ja eine Traumgeschichte. Die Dividende für die Aktionäre bewegt sich in dreistelligen Millionenbeträgen, der Kurs steigt. Aber warum sie für Graubünden kandidiert, verstehe ich nicht.
Die SVP versucht in Graubünden neben Heinz Brand einen zweiten Nationalratssitz zu gewinnen.
Gut, das stimmt. Es ist auch vermutlich das einzige Ziel, das sich erreichen lässt mit dieser Kandidatur.
Wie meinen Sie das? Welches Ziel könnte es noch geben?
Viele Unternehmer unterliegen dem Irrtum, sie könnten den Spiess umdrehen und die Politik so beeinflussen, wie sie das Gefühl haben, die von der Politik geschaffenen Rahmenbedingungen beeinflussten ihre Geschäfte. Dem ist aber natürlich nicht so. Schon Unternehmerpersönlichkeit Max Schmidheiny empfand die politische Arbeit im Nationalrat als extrem langweilig. Christoph Blocher sagte ja durch die Blume das Gleiche und auch Peter Spuhler hat sich irgendwann zurückgezogen, nachdem er gemerkt hatte, dass er sowieso die Hälfte der Sitzungen verpasst hatte. Immerhin bedeutet so ein Mandat einen Arbeitsaufwand von 50 bis 80 normalen Stellenprozenten.
Gut, aber Magdalena Martullo-Blocher fühlt sich jetzt trotzdem berufen. Welche Prognose stellen Sie ihr?
Bezüglich der Wahlchancen?
Ja.
Ich glaube, sie hat sehr gute Chancen gewählt zu werden. Wenn Martullo-Blocher etwas will, dann schafft sie das auch. Sie werden jetzt vielleicht sagen, es liege nicht in ihrer Macht, die Wähler dazu zu bringen, sie zu wählen. Aber sie wird alles daran setzen, sich zu empfehlen, und mit dem Namen hat sie schon einen grossen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Zudem ist sie mit der EMS-Chemie einer der grössten Arbeitgeber in der Region. Ich traue ihr das durchaus zu.
Kann ihr Name nicht auch ein Hindernis sein? Nicht alle Wähler werden den politischen Leistungsausweis des Vaters einfach der Tochter anrechnen.
All denen sei gesagt: Das ist auch nicht nötig. Magdalena Martullo-Blocher ist nicht einfach eine Kopie von Christoph Blocher oder ein «Klon», wie sie despektierlich auch schon genannt wurde. Sie hat zwar die gute Intuition und den Riecher für gute Geschäfte von ihrem Vater geerbt. Aber ansonsten würde ich sagen, dass Martullo-Blocher sogar noch erfolgreicher sein kann, als ihr Vater. Sie denkt systematischer als Christoph Blocher und sie ist ausserdem äusserst konsequent.
Und die Neider? Was ist mit denen, die sagen: So eine erfolgsverwöhnte Tochter wähle ich sicher nicht!
Die mag es geben, aber die sollten mein Buch lesen. Christoph Blocher hat seiner Tochter Magdalena nichts geschenkt. Als er Bundesrat wurde, musste alles sehr schnell gehen, er musste die Ems-Chemie quasi über Nacht loswerden. Es ist bekannt, dass Blocher seinen Kindern die Ems-Aktien nicht einfach geschenkt, sondern zum überwiegenden Teil verkauft hat. Auch Magdalena Martullo-Blocher musste sich hoch dafür verschulden, um die Aktienmehrheit an der Ems-Chemie zu erwerben. Sie war hochschwanger und hatte Zweifel, ob sie der Unternehmensführung gewachsen sei. Christoph Blocher sagte nur: «Mach, das schadet dem Kindlein doch nicht, wenn du Chef bist.» Martullo-Blocher stand auch beim Ausbruch der Finanzkrise unter einem enormen Druck und hat diesem standgehalten. Und zwar bravourös.
Trotzdem. Der erste Eindruck ist: Da kommt ein jüngerer, weiblicher Christoph Blocher.
Auch das muss kein Hindernis sein, um politisch erfolgreich zu sein. Christoph Blocher war nicht Everybody's Darling, sie ist es vielleicht auch nicht. Es können nicht alle so sein wie Felix Gutzwiller, der ständig ein 360-Grad-Lachen drauf hat.
Aber ihre Art ist schon sehr forsch, manchmal gar beleidigend.
Das würde ich jetzt so nicht unterschreiben, aber selbst wenn es so wäre, wie Sie sagen: Den meisten Leuten ist wohl bei der Sache. Martullo-Blocher ist eine schneidige Chefin, sie ist geradlinig. Man weiss bei ihr immer, woran man ist.
Kann man denn mit dieser Art auch erfolgreich politisieren, wenn andere mitreden?
Das ist der Punkt. Wenn sie es fertig bringt, ihre Botschaften mit einem Lächeln zu verkaufen, wird sie garantiert Erfolg haben. Sie wird aber auch Lehrgeld zahlen.
Welches?
Dass man mit brutaler Direktheit ein Unternehmen führen, nicht aber Sympathien gewinnen oder im parlamentarischen Betrieb Mehrheiten gewinnen kann. Diese bittere Erfahrung wird sie machen müssen.
Sagt diese Partei und wenn die Partei was sagt ist das ja wohl auch die Meinung dieser Familie, das Frauen sich der Kindererziehung widmen sollen? Es keine weiteren Krippenplätze braucht und so weiter... Nimmt mich wunder wie sie ihre Kinder betreut... Ist das den ok?