Grosser Tag für Guy Parmelin (SVP): Beim Tête-à-Tête mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel muss der Bundespräsident für Klarheit sorgen. Sieht die Schweiz noch Chancen für das institutionelle Rahmenabkommen? Oder bricht man die Übung nach fast sieben Jahren Verhandlungen ab?
Los geht es am Morgen auf dem Flugplatz Bern Belp. Im Bundesratsjet dauert der Flug in die belgische 1.2 Millionen Metropole kaum länger als eine Zugfahrt Zürich-Bern, nämlich rund eine Stunde. Begleitet wird Parmelin von Chef-Unterhändlerin Livia Leu.
Am Flughafen in Brüssel-Zaventem wartet dann der Schweizer EU-Botschafter als Empfangskomitee. Ebenfalls vor Ort dürfte eine belgische Polizeieskorte sein, die den Konvoi mit Blaulicht auf der rund halbstündigen Fahrt in die EU-Hauptzentrale begleitet. Immerhin geniesst Parmelin als Bundespräsident im Ausland den protokollarischen Rang eines Staatschefs. Das ganze EU-Viertel abzusperren, so wie es bei Besuchen von US-Präsidenten passiert, wäre dann aber doch etwas überdimensioniert.
Angekommen in der EU-Hauptzentrale, dem Brüsseler Berlaymont-Gebäude am Round Point Schuman, wird die EU-Kommission zur Begrüssung bereits die Schweizer Flagge gehisst haben.
Um zehn Uhr steht ein gemeinsamer Fototermin auf dem Programm. Küsschen wie bei bei alt-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird es wegen der Coronasituation aber nicht geben. Nicht einmal ein Handshake liegt drin. Schon den britischen Premier Boris Johnson liess von der Leyen bei seinem Besuch im Dezember wissen, dass bei ihr ein strenges Corona-Regime herrscht.
Noch vor dem Gespräch ist sowohl von Parmelin wie auch von von der Leyen ein kurzes Statement geplant. Weil die EU-Institutionen wegen Corona für Auswärtige gesperrt sind, müssen die Journalisten draussen warten. Immerhin: Die Brüsseler Wetterprognose meldet Sonnenschein und angenehme 15 Grad.
Wie lange das Gespräch dauert, ist ungewiss. Dem Vernehmen nach hat die EU-Chefin rund zwei Stunden Zeit reserviert. Je nach dem kann es aber auch schneller gehen oder etwas länger dauern. Klar ist: Von der Leyen hat noch einiges vor. Nach Parmelin fährt sie am Nachmittag in die belgische Kleinstadt Puurs im Landesteil Flandern, um die Pfizer-Impffabrik in Augenschein zu nehmen. Am Abend dann erwartet sie Besuch vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Ob Guy Parmelin nach dem Treffen Klartext reden und sagen wird, wie es mit dem Rahmenabkommen weitergeht (oder eben nicht) hängt vom Ausgang des Gesprächs ab. Parmelin werde sicher «angemessen kommunizieren», heisst es aus seinem Umfeld. Was die Botschaft von von der Leyen sein wird, soll in Grundzügen schon feststehen: Die EU will sich flexibel zeigen und der Schweiz bei der Lösung der offenen Fragen helfen. Um das zu schaffen, brauche man aber einen Partner in Bern, so die Message aus Brüssel.
Wie geht es nun weiter? Die EU ist nun mal unser wichtigster Partner und Nachbar - daraus entstehen Abhängigkeiten und Bedürfnisse. Da wünsche ich mir manchmal etwas mehr Technokratie als Polit-Wählerschaft-Lobbying...